Vom Imbisswagen zum Zuhause
Alleinerziehende Mutter wohnt auf einem Campingplatz im selbstgebauten Tiny House

Die alleinerziehende Mutter Gloria Sandrini (38) hat fast zwei Jahre lang einen alten Imbisswagen zu einem Tiny House für sich und ihre Tochter umgebaut. Lang hat auch die Suche für einen Stellplatz gedauert. Fündig wurde sie im Tösstal.
Publiziert: 23.07.2023 um 10:50 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2023 um 15:21 Uhr
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Dieser ausgediente Imbisswagen, den Gloria für 2000 Franken im Internet kaufen konnte, wurde zu einem gemütlichen Zuhause. Übrig geblieben vom Imbisswagen ist nur noch das Fahrgestell.
Foto: zVg
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Corine Turrini FluryRedaktorin Wohnen

«Ich bin endlich angekommen. Hier kann ich meine Batterien nach der Arbeit aufladen», sagt Gloria Sandrini (38) freudestrahlend zu Blick. Sie wirkt entspannt, wie sie auf ihrem Gasherd Kaffee für die Gäste kocht und im Garten vor dem Mini-Haus auf Rädern von ihrem selbst gebauten Zuhause erzählt.

Rund zwei Jahre hat die Zahnärztin und alleinerziehende Mutter an ihrem freien Tag jeweils an einem ausgedienten Imbisswagen geschraubt, gebohrt und geschliffen und so für sich und ihre Tochter Aliyah (15) ein Tiny House gebaut. Unterstützt wurde sie dabei von einem Holzfachmann, der ihr half, anhand von eigenen Skizzen ihren Jugendtraum zu erfüllen. Aus einem ausgedienten Imbisswagen wurde so ein komfortabler Wohntraum auf Rädern für Mutter und Tochter.

Gloria Sandrini baut Tiny House für sich und Tochter
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Schuldenfrei zum Eigenheim

Während den Umbauarbeiten wohnte die Mutter in einem Zimmer bei ihrem Grosi im Zürcher Oberland und konnte so den reduzierten Lebensstil schon einmal üben und Geld sparen. Etwa 140’000 Franken hat der Ausbau die alleinerziehende Mutter gekostet. «Ich will keine Schulden und habe alles bezahlt ohne Kredit», sagt sie und bereut ihren dafür geleisteten Aufwand nicht im Geringsten.

Fast mühsamer als die Bauarbeiten war es, einen Standplatz zu finden. Im September 2022 war ihr schmuckes Tiny House fertig, allerdings fehlte noch immer ein Ort, wo Sandrini ihr Mini-Häuschen legal aufstellen konnte. Vorübergehend war das Tiny House bei Freunden im Kanton Bern und diente der Mutter und ihrer Tochter über den Winter als Weekendhaus. «Das war gemütlich und schön warm dank des Ofens, auch wenn mit der Bodenheizung nicht alles reibungslos funktionierte.» Langfristig war Bern aber keine Option, weil Sandrini in einer Zahnarztpraxis im Zürcher Oberland angestellt ist und sie sich auch weiterhin regelmässig um ihr Grosi in Wald ZH kümmern möchte.

Lange Wartelisten für legale Standorte

Den entscheidenden Tipp bekam Sandrini Mitte März 2023 von ihrer langjährigen Freundin Melanie Zimmermann (46), die ganzjährig auf einem Campingplatz im Tösstal ebenfalls in einem umgebauten Bauwagen lebt. Unmittelbar neben Zimmermanns Wagen wurde ein Platz frei. «Es sah noch alles ziemlich verschlammt aus, aber ich habe gleich zugesagt. Ich weiss, wie schwer es ist, einen legalen Standort zu finden. Die Warteliste ist lang», sagt Sandrini.

Monatlich kostet sie der idyllische Platz bei der Töss 460 Franken zuzüglich Strom. Die alleinerziehende Mutter macht keinen Hehl daraus, dass die tiefen Wohnkosten ebenfalls eine Rolle gespielt haben beim Entschluss, in ein eigenes Tiny House zu ziehen.

Hausumzug und Einzug an einem Tag

Mit fünf Helfern wurde der Hausumzug von Bern ins Tösstal organisiert. Gleichentags konnte die Zahnärztin in ihr kleines Eigenheim einziehen. Tochter Aliyah ist noch im letzten Schuljahr im Internat und wohnt vorläufig nur an den Wochenenden und in den Ferien bei ihrer Mutter im selbstgebauten Mini-Haus. «Sie findet es aber «mega cool» und es haben auch schon Kollegen von ihr bei uns übernachtet. Wir haben genug Platz», so die Mutter. Nicht ohne Stolz zeigt Gloria Sandrini ihr kleines Reich und erklärt innen und aussen ausführlich die Bauweise und die Technik.

Platz und Ordnung dank optimalen genutztem Stauraum

Tatsächlich wirkt das Zuhause von Mutter und Tochter innen geräumiger, als es von aussen vermuten lässt. Durch die Glastüre gelangt man über die Terrasse, die Gloria Sandrini für rund 3’500 Franken nachträglich anfertigen liess, ins helle Mini-Haus. Ein Blickfang direkt beim Eingang, ist die von Sandrini selber angefertigte Arvenholzküche, die sie keine 1000 Franken gekostet hat. Rechts davon ist der Essplatz mit Stauraum unter den Sitzen, der sich mit wenigen Handgriffen in eine Liegefläche umfunktionieren lässt. Darüber liegt das grosse Bett der Mutter mit Fenster ins Grüne und zur Töss. «Je nach Wasserstand ist ein Plätschern oder lautes Rauschen zu hören», sagt die naturverbundene Sandrini.

Links der Küche ist die abgedeckte Badewanne, die sowohl Abstellfläche als auch Stauraum bietet. «Ich konnte sie bis jetzt nicht benutzen, weil ich den Frischwassertank nicht angeschlossen habe. Das ist überflüssig auf dem Campingplatz. Wir nutzen die Duschen und spülen im Waschraum auch das Geschirr.» Gegenüber der Wanne hat Sandrini in einem separaten Raum eine Bio-Trenntoilette. Abgegrenzt durch eine Schiebetüre ist Aliyahs zweistöckiges Reich. Unten ist für den Teenager Platz zum Chillen, oben über der fix installierten Treppe, mit Stauraum, ist der Schlafbereich. «In diesem Alter ist es schon wichtig, dass sie sich auch zurückziehen kann», weiss die Mutter.

Gemeinschaft mit Privatsphäre

Für Gloria Sandrini hat sich im Tösstal ihr Wohntraum erfüllt. Sie schätzt die unmittelbare Nachbarschaft zu ihrer Freundin und zu anderen Gleichgesinnten, die sich in Tiny Houses oder Jurten, neben den üblichen Freizeitcampern fest auf dem Campingplatz niedergelassen haben. «Hier sind alle sehr hilfsbereit, pflegen die Gemeinschaft und trotzdem haben alle genug Privatsphäre», sagt Sandrini.

Auch wenn in ihrem Zuhause noch einige Details wie der ursprünglich geplante fixe Wasseranschluss nicht in Betrieb ist und sich anderes wie der kleine Kühlschrank in der Praxis als nicht ganz optimal erweisen, sind Mutter und Tochter glücklich in ihrem kleinen Paradies. «Darum kümmere ich mich später. Wir haben alles, was wir für den Alltag brauchen und uns gefällt es. Jetzt geniessen wir erst mal den Sommer.»

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