Seit eineinhalb Jahren sind die Westschweizer Patricia (66) und Ernest Wolf (69) nun schon in Holland. Kalt und feucht sei es, erzählen sie im Gespräch mit Blick. Sie sehnen sich nach südlicher Wärme. «Vorher möchten wir aber noch in die Schweiz und unsere erwachsenen Kinder besuchen. Seit Corona ist Reisen schwieriger geworden, auch mit dem Schiff», erklärt Ernest Wolf (69).
Die Coronapandemie ist einer der Gründe, weshalb das Schweizer Paar schon so lange mit dem Schiff nur auf den niederländischen Gewässern unterwegs ist. Zudem hatte das Boot 2019 vor den Bahamas auf dem offenen Meer einen grösseren Schaden, worauf das Ehepaar beschlossen hat, sein Boot nach Holland zu verfrachten und dort zu reparieren.
Fünf Jahre lang das eigene Boot gebaut
Davor waren die beiden über zehn Jahre sowohl auf dem Mittelmeer und in den karibischen Gewässern mit ihrem selbstgebauten Motorboot unterwegs und haben unter anderem den Atlantik in 17 Tagen von den kapverdischen Inseln bis Trinidad-Tobago überquert.
«Auf dem Atlantik ist es langweilig. Ausser Wasser und vielleicht einmal ein paar Vögel gibt es nichts», sagt Ernest Wolf. Sicherheitshalber hat das Paar für die Route Lebensmittelvorräte für drei Monate mitgenommen. «Man weiss nie, wenn es eine Panne gibt», so der Schweizer.
Das Boot unter Schweizer Flagge ist 12 Meter lang und 3,50 Meter breit und verfügt über eine Entsalzungsanlage und einen Stromgenerator. Während rund fünf Jahren haben Patricia und Ernest Wolf an ihrem Boot in der Schweiz gebaut, bis sie 2009 mit ihrem Motorboot Maranatha ab Basel über Korsika und Sardinien in ihr erstes Abenteuer Richtung Marokko gestartet sind.
Bauernhaus und Firma für den Traum aufgegeben
Schon vorher waren Wolfs begeisterte Böötler und waren immer wieder mit ihrem Schiff für ein paar Tage auf Flüssen und Kanälen unterwegs. Das gläubige Paar hat auf seinem Boot manchmal auch Gottesdienste abgehalten.
«Mehr als fünf Tage am Stück mit dem Boot unterwegs zu sein ging aber mit meinem eigenen Geschäft damals nicht», sagt der Ehemann. Es war vor allem Ehefrau Patricia, die den Wunsch hegte, die Welt auf unbegrenzte Zeit mit ihrem Mann per Boot zu bereisen.
Für ihren Traum vom Leben auf hoher See haben Wolfs ihr Bauernhaus und die Firma in Correvon VD verkauft und die ersten sieben Jahre von den Ersparnissen gelebt. Seither leben sie von der AHV von rund 3000 Franken. «Wir leben sehr bescheiden. Ohne Krankenkasse und Versicherungen. Nur unser Boot ist versichert und wir haben immer Reserven für den Krankheitsfall oder für Reparaturen und Unterhalt des Schiffs auf der Seite», erklärt der Ehemann.
Lebensmittel in der Karibik seien wesentlich teurer als in Frankreich, weiss das Paar. «Die Kosten für das Boot, wie Diesel oder Hafengebühren sind nicht zu unterschätzen. Da geht fast die Hälfte der Rente drauf», so Ernest Wolf.
In den karibischen Gewässern entfallen dafür die Kosten für Anlegeplätze. Es gibt keinen Hafen und es wird in Buchten geankert.
Höhepunkte und Bekanntschaften
Ein Highlight ihrer bisherigen Reisen war «The Great Loop» in den USA. Von Florida nach New York über den Hudson River nach Kanada, weiter über die Kanäle und die grossen Seen nach Chicago über den Mississippi bis zum Golf nach Mexiko.
Auch dass sie überall viele Menschen kennengelernt haben, schätzt das Rentnerpaar sehr. «Wir haben viele auf unser Schiff zum Essen eingeladen und Gottesdienste auf dem Meer gefeiert. Abschied zu nehmen, wenn wir weiterreisen fällt uns immer wieder schwer, aber wir halten die Kontakte auch aus der Ferne aufrecht», so der Schweizer.
Beelendet hat das Schweizer Paar das Leben der Menschen auf Haiti, das zu den ärmsten Ländern der Welt gehört. Dort waren Wolfs mit zwei Guides bei Landausflügen unterwegs, weil die Kriminalität relativ hoch ist.
Pannen und bange Momente
Mulmig war es dem Paar aber auch ein paar Mal, wenn auf hoher See ein Sturm aufzog. «Wenn fünf Meter hohe Wellen zu sehen sind und man in einem kleinen Boot auf dem offenen Meer ist, hat das schon etwas beängstigendes. Da wird das Boot gewaltig durchgeschüttelt», erzählen sie.
Bis auf einen Motorschaden, den Ernest Wolf auf dem offenen Meer beheben musste, blieben die Schweizer aber vor grösserem Unheil verschont. Auch weil sie in den Nächten alle vier Stunden abwechselnd Wache halten, mit Blick auf den Radar und die Instrumente.
Während Ernest Wolf nicht seekrank wird, kämpft Patricia Wolf immer wieder damit. «Erstaunlicherweise plant aber Patricia vor allem unsere Routen und hat noch nicht genug vom Reisen», sagt der Ehemann lachend.
Eigenes Brot aus der Bootsküche
Die Arbeiten und den Alltag auf dem Boot hat das Ehepaar aufgeteilt. Ernest Wolf ist vor allem für die technischen Belange zuständig, Patricia kümmert sich vorwiegend um den Innenbereich und ist eine leidenschaftliche Köchin und Hobbybäckerin.
Sogar das Brot wird von ihr in der kleinen Bootsküche frisch gebacken und sie bewirtet gerne Gäste. Einen Fernseher hat das Ehepaar nicht und auch Telefon haben sie erst seit einem Jahr. Trotz den beengten Wohnverhältnissen ist es dem Paar nicht langweilig und sie sind glücklich. «Wir leben in Frieden und mit Freude ein glückliches Leben.»
Kein Ende in Sicht
An eine Rückkehr in die Schweiz denkt das Ehepaar eher nicht. «Wenn wir nur von der Rente leben müssen, ist die Schweiz teuer. Vielleicht werden wir uns in ein paar Jahren in Frankreich niederlassen.»
Patricia und Ernest Wolf hoffen aber, dass sie die nächsten zehn Jahre noch auf der Maranatha auf dem Meer leben können und schmieden schon neue Reisepläne. Sie planen, dass sie Ende Sommer vielleicht nach Griechenland oder Israel weiterreisen können. «So Gott will möchten wir noch einige Jahre mit dem Boot die Botschaft Gottes in die Welt tragen.»