Die schönsten Eindrücke des fünfjährigen Abenteuers
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Auf drei Rädern durch Afrika:Die schönsten Eindrücke des fünfjährigen Abenteuers

Fünf wilde Jahre
Schweizer Paar auf Abenteuerreise durch Afrika

Corinne Anliker (51) und Oliver Beccarelli (46) aus Hermiswil BE waren fünf Jahre lang mit ihrem alten Seitenwagenmotorrad in Afrika unterwegs. Das aussergewöhnliche Abenteuer des Ehepaars bietet Stoff für ein Abendprogramm.
Publiziert: 03.12.2023 um 13:49 Uhr
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Die letzten Vorbereitungen in der Schweiz im Mai 2017, neben Zelt, Schlafmatten, Ersatzteile und vieles mehr.
Foto: Zvg
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Corine Turrini FluryRedaktorin Wohnen

Wenn Corinne Anliker und Oliver Beccarelli von ihrer abenteuerlichen Reise durch Afrika erzählen, sind sie kaum zu bremsen. Das Ehepaar schwärmt von mehrwöchigen Flussfahrten auf einem Floss auf dem Fluss Kongo, ihrer einjährigen Zeit als Wildhüter in Namibia, von Begegnungen mit den letzten Buschmännern in Tansania, Trips durch den Dschungel oder Fahrten durch die Wüste und spektakulären Bergbesteigungen.

«Wir haben so viele Videos und Bilder mit Begegnungen und Erlebnissen. Vielleicht erscheint irgendwann ein Buch», sagt Beccarelli im Gespräch mit Blick. Vorläufig teilen sie ihre Erlebnisse von fünf verrückten Jahren als «Slowriders» auf einer Tournee mit Liveshow. 

Ein lang ersehnter Wunsch erfüllt

Verkürzt lässt sich ihr Abenteuer etwa so zusammenfassen: 2016 kaufte das Paar ein Ural-Motorrad mit Seitenwagen, um damit durch Afrika zu reisen. «Es war ein typisch schweizerischer Kompromiss. Ich wollte mit dem Motorrad auf zwei Rädern reisen, Corinne lieber mit dem Landcruiser mit vier Rädern. So haben wir uns auf einen Töff mit Seitenwagen auf drei Rädern geeinigt», erklärt Beccarelli lachend den Entscheid für das aussergewöhnliche Reisefahrzeug. 

Afrika war ein Wunschziel, weil Beccarellis Grossvater einige Jahre dort gelebt hat und zurück in der Schweiz seinen Enkel als Kind neugierig machte. Nach einer Doku über den Mount Kenia war für Beccarelli klar: Er möchte einmal im Leben das mit über 5200 Metern zweithöchste Bergmassiv Afrikas sehen.

Beccarelli hat über 40 Länder in Afrika bereist und auch Touren und Camps angeboten. «Die Landschaften, die Natur und die offenen und freundlichen Menschen sind unglaublich. Das muss man erlebt haben», schwärmt er. Gemeinsam plante das kinderlose Ehepaar darum 2010, mit einem Landcruiser rund um den Kontinent zu fahren. Aus privaten Gründen mussten sie ihre Reise aber bereits nach eineinhalb Jahren abbrechen und in die Schweiz zurückkehren. «Der Traum liess uns aber nie mehr los und das wollten wir nachholen», erzählt Corinne Anliker. 

Tücken des Fahrzeugs und Startschwierigkeiten

Der selbständige Berater für Leadership und Teamentwicklung und die Marketingleiterin sparten für ihren langersehnten Traum und suchten lange im Internet nach dem passenden Gefährt. Für 6000 Franken wurden sie in Deutschland bei einem Sammler fündig. Eine erste turbulente Probereise nach Italien endete frühzeitig mit Kupplungsschaden.

Beccarelli sah ein, dass einige Kurse rund um die Mechanik und Eigenheiten des alten Motorrads im Vorfeld der geplanten Afrikareise sinnvoll sind. «Für mich war es ohne Erfahrung nicht einfach, ein vollgepacktes Seitenwagenmotorrad auf Strassen und über Bergpässe zu fahren, die Mechanik zu verstehen und selber Reparaturen ausführen zu können», sagt er.

Nachdem sie Untermieter für ihre Wohnung gefunden hatten, verabschiedeten sich die beiden im Juni 2017 von Verwandten und Freunden und starteten ihr Abenteuer.

Auf dem Landweg ging es Richtung Dubai, wo die Überfahrt per Holzboot vom Oman nach Somaliland geplant war. «Wir sassen aber wegen Visaproblemen länger fest als vorgesehen und trotz allen Versuchen wollte uns wegen Piraten und Unruhen kein Boot mitnehmen. So blieb uns nach Wochen dort nichts anderes übrig, als eine Kiste für das Motorrad zu bauen und für viel Geld mit dem Motorrad nach Äthiopien zu fliegen.» 

Kompromisse unterwegs

Diese ungeplante erste Phase erleichterte es den Abenteurern aber, dass sie sich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen liessen, wenn etwas nicht auf Anhieb klappte. Das kam immer wieder vor. «Wir hatten aber Zeit und liessen uns einfach ohne Plan treiben», sagt Corinne Anliker.

Während sie jeweils relativ schnell wieder in Aufbruchstimmung war, wollte er oftmals lieber länger an einem Ort bei den Einheimischen verweilen. «Auch da mussten wir beide Kompromisse eingehen», sagt Beccarelli. 

20 Liter Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen

Meist übernachteten sie in ihrem Zelt. «Es gibt günstige Unterkünfte, aber die sind doch sehr basic und haben häufig kein fliessendes Wasser. Da war uns wohler in unserem Zelt. Das war unser Zuhause», sagt Anliker.

Welch kostbares Gut Wasser ist, wurde den Schweizern in Afrika immer wieder bewusst. Einen Kanister mit zehn Litern Wasser und etwa die gleiche Menge in Trinkflaschen hatte das Paar als Wasservorrat immer dabei. Das musste zum Kochen und für die Körperpflege reichen. «Wir haben uns angewöhnt, uns abends zu waschen. Es macht mehr Sinn, wenn Staub und Sand von den Fahrten abgewaschen werden, bevor man sich im Zelt schlafen legt», sagt Beccarelli.

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In der Regenzeit haben die Abenteurer Regenwasser gesammelt und wenn es nicht anders ging und Wasser knapp war, wurde auch Wasser aus Flüssen zum Geschirr Waschen verwendet – notfalls auch zum Kochen und Trinken. «Das geht schon. Ich hatte nie gesundheitliche Beschwerden», sagt die Ehefrau lachend. Manchmal wurde auf dem Feuer vor dem Zelt gekocht oder Essen bei Einheimischen an einem Stand gekauft. Oliver Beccarelli: «Was das genau war, wollten wir gar nicht immer so genau wissen. Buschmänner nahmen uns auf die Affenjagd mit und was erlegt wurde, gab es dann zu essen.» 

Wochenlange Reise auf dem Floss

Auf dem Floss mit ihrem Motorrad haben sich die Schweizer mit Tipps des Hafenmeisters und Unterstützung eine einfache Behausung gebaut und auf selbsterstellten Pritschen mit ihren Campingmatten übernachtet. «Auf einem Metallfloss kann man kein Zelt befestigen. Besser sind da spezielle Planen, die Wind und heftigem Regen standhalten», so Beccarelli.

Der ganze Handel von Lebensmitteln und Kleidern spielt sich da auf dem Wasser ab und mit Booten bieten die Einheimischen ihre Waren zum Kauf an. Ziel der 850 Kilometer langen Flussfahrt mit Start im Kongo war, dass die Schweizer am Ende den letzten lebenden Dinosaurier im kaum erforschten Herzen des Kongos finden. Ob sie im Dschungel fündig wurden, wollen die beiden nicht verraten und verweisen augenzwinkernd auf ihren Vortrag. 

Neue Pläne in Afrika

Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz im Sommer 2022 haben sich die beiden gut wieder zurechtgefunden. Insbesondere während und nach Corona wurde das Reisen teurer und mühsamer. «Irgendwas ist dann auch mal gut und so zu reisen ist anspruchsvoll. Die Rückreise mit über 56 Grad und Sandstürmen in Marokko hat uns auch noch einiges abverlangt und ich habe mich nach der Schweiz und meiner Familie gesehnt», sagt Corinne Anliker.

Wenn sie heute am Fenster steht und es draussen regnet, ist sie jedes Mal froh, dass sie wieder ein Dach über dem Kopf hat, einfach den Wasserhahn aufdrehen kann und auch rasch wieder eine Anstellung fand. Vorerst heisst es für das Ehepaar Geld verdienen – dann werden sie wieder nach Afrika reisen. Oliver Beccarelli: «Wir haben über Jahre viele Kontakte geknüpft und haben ein neues Projekt in Simbabwe. In Afrika gibt es noch viel zu entdecken.»

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