Seit 62 Jahren lebt der gebürtige Süditaliener Nicola Di Capua (79) in der Schweiz. Für 190'000 Franken hatte er die Gelegenheit, mit seiner ersten Ehefrau ein altes Bauernhaus in Embrach ZH zu ersteigern.
«Ich war von Anfang an begeistert von diesem alten Haus mit Garten und ich liebe es bis heute. Es hat eine bezirzende Stimmung», schwärmt Di Capua im Gespräch mit Blick. Ein befreundeter Bauhistoriker schätzte das Haus damals anhand der Balken auf etwa 500-jährig.
Eigenes Theater im Garten
Renoviert und umgebaut hat Di Capua, der sein Geld in jungen Jahren als Hilfsarbeiter und später dank Fernstudium als selbständiger Elektrotechniker in der Schweiz verdiente, fast alles eigenhändig. Das meiste Handwerkerwissen hat er sich dabei selbst angeeignet.
2003 ersteigerte Di Capua mit dem ehemaligen Embracher Amtshaus eine weitere Liegenschaft mit angrenzendem Grundstück und Ökonomieteil. «Ich hatte Glück. Ich war der einzige Bieter. Niemand hatte Interesse am denkmalgeschützten Gebäude», sagt Di Capua schmunzelnd. Im Haus befinden sich inzwischen vier Wohnungen, die der Italiener ebenfalls selbst umgebaut hat und nun vermietet.
Im ehemaligen Reitstall hat Di Capua sich und seiner zweiten Ehefrau Gabriela Bergallo den Traum vom eigenen kleinen Theater erfüllt, wo Konzerte stattfinden und neuerdings auch Kindertheateraufführungen. «Ich habe immer Kultur konsumiert. Ich liebe Kunst, habe selber immer gern Konzerte und Theateraufführungen besucht und bei einem Konzert auch Gabriela kennengelernt», erzählt der Lebenskünstler Di Capua.
Kinderzimmer sind jetzt Gästezimmer
Herzstück im Wohnhaus des Ehepaars ist das Wohnzimmer mit dem alten Kachelofen und die grosse Wohnküche mit Bar und dem uralten Herd im Erdgeschoss. «Die Küche ist das Königreich von Nicola», so Bergallo. Er beherrscht «die Kunst der einfachen Küche», wie sein gleichnamiges Kochbuch mit regionalen Produkten und einfachen Gerichten verrät. Eine Kostprobe, natürlich mit eigenem italienischen Olivenöl, das der Produzent mit Sohn Thomas vertreibt, gibt es beim Besuch für Blick beim gastfreundlichen und geselligen Ehepaar.
Etwas chaotisch sei es immer bei ihnen, ist sich das Künstlerpaar einig. Die drei Söhne sind längst erwachsen und ausgeflogen. In der mittleren Etage, wo früher die Kinderzimmer waren, sind jetzt Gästezimmer für Künstler aus dem Ausland, wenn sie Auftritte im «Teatro di Capua» in Embrach oder in der Nähe haben. Auch Verwandte aus Gabrielas Bergallos Heimatland Argentinien finden hier Platz oder von Di Capuas italienischer Verwandtschaft und Freunde.
Im Dachgeschoss hat das Ehepaar sein Schlafzimmer mit dem auffälligen hängenden Bett – ein Geschenk der Kinder und Gabriella zu Nicolas 60. Geburtstag, angefertigt von jungen Schreinern. Was Sohn Thomas scherzhaft als «Liebesschaukel» bezeichnet, ist für den 79-Jährigen eine Wiege für ihn und seine Ehefrau. «Das Kind in mir ist immer noch da. Die schaukelnde Wiege ist etwas Ursprüngliches, das die Bewegungen der werdenden Mutter nachempfindet und Neugeborenen Vertrautheit und Geborgenheit gibt», meint Di Capua philosophisch.
Wilde Parkanlage mit lauschigen Plätzchen
Wenn immer möglich, ist das Paar Zeit im lauschigen Garten, wo es gern mit Verwandten, Freunden und Künstlern Zeit verbringt. Über 4000 Quadratmeter umfasst das Grundstück mit den Liegenschaften von Di Capua. Die wilde Parkanlage mit alten Obstbäumen und Blumen ist ein Lieblingsplatz des Ehepaars. Gabriela Bergallo: «Es ist ein unglaubliches Privileg, ein traumhaftes Grundstück mit einem eigenen Theater im Garten zu haben.»
Auch Sohn Lucien, der mit seiner Familie im Ausland lebt und sein Geld als Schauspieler und Regisseur verdient, kommt immer wieder gern in sein Elternhaus. «Erst kürzlich sagte er, als er in den Ferien hier war: Nirgends ist es so schön wie in unserem Haus», erzählt Papa Di Capua nicht ohne Stolz. Verständlich, will er mit seiner Ehefrau noch lang in seinem einfachen Haus mit dem besonderen Charme wohnen und hat keine Zukunftspläne. «Ich denke nicht so weit voraus. Ich begreife mich als unsterblich», sagt der humorvolle Senior mit einem Augenzwinkern abschliessend.