Es ist ein ruhiger Sommerabend auf dem Meer in einer Bucht im südlichen Teil von Tahiti, wo Blick das Schweizer Ehepaar auf seinem Segelschiff erreicht. «Normalerweise sind wir um diese Zeit schon am Schlafen. Wir werden am Morgen meistens früh von der Sonne geweckt», erzählt der gebürtige Berner Tom Baumann.
Mit dem Seglervirus wurde Tom Bauman nschon in seiner Jugend infiziert und war später schon mal auf einem mehrjährigen Segeltörn. Mit 22 Jahren hat der leidenschaftliche Segler erstmals den Atlantik überquert. Auch die Pflegefachfrau Anisia war oft auf abenteuerlichen Reisen, aber vorwiegend auf dem Landweg, bis die Jurassierin den Berner Tom 2013 kennenlernte und durch ihn zur begeisterten Seglerin wurde. «Wir haben in Murten, also ungefähr in der Mitte, in einem modern umgebauten und komfortablen Bauernhaus eine gemeinsame Wohnung gefunden und lebten gut», so der IT-Fachmann.
Segelschiff zum «Schnäppchenpreis» mit viel Eigenleistung
Was dem Paar fehlte, war vor allem gemeinsame Zeit. Ihr Traum wuchs stetit, den ganzen Komfort hinter sich zu lassen und ein einfaches Leben mit viel gemeinsamer Zeit auf den Weltmeeren zu verbringen. Per Inserat fand das Paar im Winter 2014 ein Segelschiff aus Stahl auf dem Neuenburgersee zum «Schnäppchenpreis» von 20’000 Franken. Etwa gleich viel investierte das Paar um das «Made in Switzerland-Schiff» hochseetauglich zu machen.
Einige Angaben zum Stahl-Schiff: L x B x T: 9.50 m (L. ü. a. 10.50 m) x 3.00 m x 1.70 m Rigg: Mast, Baum und Vorsegel-Baum aus Aluminium / je 4 Ober- und Unterwanten / Doppelvorstag je 6 mm / Achterstag 8 mm. Segel: Segelfläche = 50 m2 / Gross-Segel mit 3 Bindereffs, Genua, 2 Fock, Sturmfock, Gennaker. Motor: Vetus M 3.10 Diesel Innenborder, 22 PS
Für die elektrische Versorgung hat das Segelschiff zwei Batterien 12 V (je 100 Ah), zwei Solarpanels (200 W) und zwei Spannungswandler 12V / 220V.
Einige Angaben zum Stahl-Schiff: L x B x T: 9.50 m (L. ü. a. 10.50 m) x 3.00 m x 1.70 m Rigg: Mast, Baum und Vorsegel-Baum aus Aluminium / je 4 Ober- und Unterwanten / Doppelvorstag je 6 mm / Achterstag 8 mm. Segel: Segelfläche = 50 m2 / Gross-Segel mit 3 Bindereffs, Genua, 2 Fock, Sturmfock, Gennaker. Motor: Vetus M 3.10 Diesel Innenborder, 22 PS
Für die elektrische Versorgung hat das Segelschiff zwei Batterien 12 V (je 100 Ah), zwei Solarpanels (200 W) und zwei Spannungswandler 12V / 220V.
«Die Substanz war gut, und auch strukturell war das Segelschiff in gutem Zustand. Es wurde ursprünglich auch für die Hochsee gebaut, war aber aus persönlichen Gründen dann doch nur immer auf dem Neuenburgersee», so der Berner. Den Hafenplatz der «Vagabond» konnte das Paar gleich übernehmen. Ihr Schiff haben Anisia und Tom Baumann in den Jahren 2015 und 2016 komplett renoviert und für ihre geplante Reise in einer Industriehalle fertig ausgebaut. 2016 heiratete das Paar im kleinen Rahmen.
«Das war nicht nur eine romantische Angelegenheit, sondern wir wollten uns vor unserem neuen Leben auf dem Meer gegenseitig auch absichern. Man weiss nie, was auf einer so abenteuerlichen Reise alles passieren kann», so der Ehemann.
Herausforderungen und Highlights
Jobs und Wohnung haben Anisia und Tom gekündigt und sich im Frühsommer 2017 mit der Vagabond über das Mittelmeer von Südfrankreich an der spanischen Küste entlang nach Gibraltar aufgemacht und weiter von Oktober bis Januar zu den Kanarischen Inseln.
Seither ist ihr Segelschiff mit einer Länge von rund zehn Metern und drei Metern Breite ihr schwimmendes Zuhause. In einem Hafen bei Lanzarote haben Baumanns im Januar 2018 die letzten Vorbereitungen an ihrem Schiff vorgenommen für die geplante Atlantiküberquerung in die Karibik. «Wegen technischer Probleme mussten wir die Fahrt verlangsamen und konnten auch niemanden über unsere Verspätung informieren, so dass wir überall bei der Seepolizei als vermisst gemeldet waren und bei unserer Ankunft in der Karibik im März 2018 schon ungewollt bekannt waren. Das war uns ziemlich unangenehm», gesteht Baumann. Es sollte nicht das einzige Problem des Seglerpaars bleiben.
Bei der 47-tägigen Pazifiküberquerung im Frühling 2019 konnte die Vagabond nach einer Walberührung nur noch von Hand gesteuert werden und brachte das Ehepaar ziemlich an den Anschlag. Grosses Glück hatten Baumanns auch, als sie nördlich von Kolumbien einen Baumstamm rammten. Tom Baumann: «Zum Glück ist unser Segelschiff aus Stahl und nicht aus Kunststoff, sonst wären wir wohl nicht mehr da.»
Zu den Highlights zählen für Baumanns trotzdem die Pazifiküberquerung 2019 und Französisch Polynesien. Nach der Pazifiküberquerung führte ihre Reise zu den Marquesas-Inseln Hiva Oa, Nuku Hiva und Ua Pou, weiter zum Atoll Fakarava in den Tuamouts und schliesslich zu den Gesellschaftsinseln Moorea und Huhahine bis nach Tahiti, wo die Schweizer auch aktuell wieder sind.
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Reisegeld durch temporäre Jobs in der Schweiz
Insgesamt haben die Schweizer seit ihrem Start 2017 in Südfrankreich rund 22’000 Kilometer mit ihrem Segelschiff zurückgelegt. Jedes Jahr ist das Paar für etwa drei Monate in die Schweiz zurückgekehrt. Tom Baumann hat in der Schweiz noch seine Eigentumswohnung, die von seiner Mutter bewohnt wird und wo er in dieser Zeit kostenlos wohnt.
Anisia wohnt währenddessen in günstigen Personalzimmern der Klinken an ihrem jeweiligen Arbeitsort. «Einerseits besuchen wir Verwandte und Freunde in der Schweiz. Andererseits sind wir keine Lottomillionäre und arbeiten jeweils temporär einige Monate in der Schweiz, um Geld zu verdienen für unsere Reisen und bezahlen immer noch AHV und Steuern in der Schweiz», sagt die Ehefrau.
Corona-Massnahmen in Tahiti
Zuletzt waren Baumanns an Weihnachten 2020 bis im Frühling 2021 in der Schweiz, bevor sie wieder zurück zu ihrem Boot nach Tahiti reisen konnten. In der Schweiz konnte sich das Paar auch impfen lassen.
«Vor der Pandemie war selbst mit einem Segelschiff das Reisen einfacher. In Tahiti ist ein strenger Lockdown und nur mit Zertifikat, ähnlich wie in Frankreich, kann man sich etwa einen Kilometer bewegen. Zum Einkaufen an Land oder zum Arbeiten darf man auch weitere Distanzen machen», erklärt Tom Baumann.
Schiffsalltag und Leben in der Südsee
Etwa zweimal pro Woche setzen sich Baumanns in ihr kleines Beiboot und machen Einkäufe an Land. Fast zwei Kilometer laufen sie mit ihren Rucksäcken zu einem grösseren Laden. «Das ist gut, damit wir auch mal die Beine vertreten können, denn auf dem Schiff haben wir wenig Platz und beim Segeln wird vor allem der Oberkörper beansprucht», so Tom Baumann.
Manchmal machen sie auf dem Rückweg auch Autostopp und werden von Einheimischen mitgenommen. «Die Menschen hier sind sehr freundlich und offen.»
Das Essen der Schweizer, das sie auf ihrem 2-Platten-Herd in der Miniküche zubereiten, ist einfach. Häufig gibt es Meerestiere frisch von Anisia gefangen und zubereitet. Einen Kühlschrank gibt es nicht an Bord. «Vor kurzem haben wir uns aber den Luxus einer kleinen elektrischen Kühlbox geleistet.»
Geduscht wird mit Salzwasser unter freiem Himmel und nur zum Haare spülen, wird Süsswasser benutzt. Neben einem Wassertank sammelt das Paar mit einem Segel Regenwasser und nutzt es. Sparsam mit vorhandenen Ressourcen umzugehen, Back to the Roots, ist ganz im Sinne der Baumannns, die das einfache Leben gesucht und dafür auf den Weltmeeren mehr Lebensqualität und gemeinsame Zeit gefunden haben.
Keine konkreten Zukunftspläne
Wann ihr Traum vom Leben auf dem eigenen Segelschiff endet, ist offen und auch wohin die nächste Reise führt. Das hängt auch mit der Entwicklung der Pandemie zusammen. Der indische Ozean wäre beispielsweise ein nächstes Ziel.
«Solange wir Freude haben und es uns gesundheitlich möglich ist, leben wir unseren Traum auf der Vagabond. Vielleicht umsegeln wir tatsächlich noch die ganze Welt.» Bis auf Weiteres spielt sich das Leben der Schweizer aber in Tahiti ab und das geniesst das Paar sichtlich.