Drei auf drei Meter gross ist er: der Exercube. Die Konstruktion besteht aus drei Wänden, auf die ein im Cube installierter Beamer farbige Grafiken projiziert. Bevor gespielt wird, schnallt sich der Spieler Sensoren an Hände und Fussknöchel. Dann taucht der Spieler in ein Szenario ein, zum Beispiel eine Fantasywelt. Verschiedene Bewegungen müssen nach Vorgabe nachgemacht werden. Anfangs sind es einfache Kombinationen aus Schritten, mit der Zeit kommen Sprünge dazu. Eine Lektion dauert zwischen drei und 30 Minuten, die Intensität kann HIIT-Level erreichen. HIIT steht für Hoch-Intensität Intervall Training, dabei wird in kurzen Phasen intensiv trainiert, anschliessend folgt eine Pause.
Der Exercube ist eine Erfindung des Zürcher Start-ups Sphery, ein Spin-off der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Die Erfinderin und Gründerin Anna Martin-Niedecken (38) will Sport mit Game Design kombinieren, sie hat beides studiert.
Anpassungsfähiges Spiel
Das Gründerteam rund um Anna Martin-Niedecken besteht aus Stephan Niedecken (41) und Dave Baucamp (48). Sie möchten möglichst allen Menschen einen einfachen und spassigen Zugang zu körperlicher Aktivität bieten, wie sie betonen. Denn das Game passt sich den Fähigkeiten der Person an. «Der Exercube fordert einen heraus, aber nur so weit, dass man immer in seinem optimalen Trainingsflow zwischen Über- und Unterforderung bleibt», sagt Anna Martin-Niedecken.
Die Games wie auch die Grafiken designt ein Grafiker von Sphery. Gemäss Stephan Niedecken setzt sich das Investorenteam hinter dem Start-up aus Unternehmern, Gesundheitsexperten und Profisportlern zusammen. Seit diesem Jahr ist die Sphery AG gemäss eigenen Angaben gewinnbringend. Immer mal wieder würden auch Kaufinteressenten anfragen, sagt Stephan Niedecken.
Langfristige Bindung gemäss Experte wichtig
Doch hält der Würfel, was er verspricht? Der Sportwissenschaftler Sascha Ketelhut (34) von der Uni Bern forscht am Exercube. Er hat unter anderem untersucht, wie es sich mit der Motivation von Testpersonen verhält. Kurz- bis mittelfristig erziele der Exercube gute Werte, sagt Ketelhut. «Aber wir wissen noch nicht, ob die Leute bereit sind, ein Jahr zu spielen.»
Die Entwickler wollen mit dem Exercube in ganz unterschiedliche Märkte vorstossen: Neben Sportlern sollen künftig auch Schulkinder das Produkt nutzen. Erste Studien hätten nachgewiesen, dass Kinder, die regelmässig mit dem Exercube trainiert haben, eine bessere Konzentration aufweisen, so die Firma. Ein Pilotprojekt mit zwei Schulen aus dem Kanton Zürich starte in naher Zukunft. Neben den Intervalltrainings gebe es auch Programme, bei denen die Merkfähigkeit trainiert werde. Das sei für Reha-Zentren oder Altersheime interessant.
Deshalb sieht Sportwissenschaftler Sascha Ketelhut Potenzial in der Zürcher Erfindung: «Ich erhoffe mir vom Cube, dass er Leuten den Zugang zum Sport erleichtert.» Dennoch bleibe er ein Verfechter des traditionellen Sports.
Doch der Exercube hat auch Nachteile: Der 3x3-Meter-Cube braucht ordentlich Platz und kostet rund 30’000 Franken. Das Start-up entwickelt derzeit eine handliche At-Home-Variante. Dort sollen ein Computer und eine Webcam ausreichen, um zu spielen.
Keine neue Erfindung
Exergames sind grundsätzlich keine neue Erfindung. So ist von Nintendo Wii seit einiger Zeit auf dem Markt. Stephan Niedecken betont: «Unsere Games sollen neben dem Spass auch einen Effekt haben.»
Der Sportwissenschaftler Sascha Ketelhut schätzt die Wii etwas positiver ein. Dass die Wii nicht so effektiv sei, stimme, aber sie habe relativ hohe Verkaufszahlen. «Wenn wir bei vielen Menschen wenig erreichen, ist das besser, als wenn wir bei wenig Leuten viel erreichen.»
Und das wiederum deckt sich mit den nicht gerade bescheidenen Ambitionen von Sphery-Mitgründer Niedecken: «Wir möchten eine gesündere Gesellschaft.»