Vom Christentum bis Hinduismus
Mit diesen Ritualen wird getrauert

Die Bilder des Papstes im offenen Sarg sorgen in den sozialen Medien für Unbehagen: «Muss man den so sehen?» Jein. Die offene Aufbahrung ist ein alter christlicher Brauch, aber keine Pflicht. Der Tod geht in allen Religionen mit Traditionen einher. Ein Überblick.
Publiziert: 23.04.2025 um 10:47 Uhr
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Aktualisiert: 11:13 Uhr
Viele Menschen können sich mit dem Anblick des toten Papstes nicht anfreunden, und tun dies in den sozialen Medien kund. Die offene Aufbahrung gehört aber zu den Ritualen des christlichen Glaubens.
Foto: IMAGO/ABACAPRESS

Darum gehts

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Sandra CasaliniTeamlead Service

«Mit Würde, wie jeder Christ, aber nicht auf Kissen», so möchte er bestattet werden, erklärte Franziskus im 2024 erschienenen Interviewbuch «El sucesor» («Der Nachfolger») des spanischen Journalisten Javier Martínez-Brocal. Sein Leichnam solle nicht, wie die seiner Vorgänger, ausserhalb des Sarges auf einem Katafalk (einer erhöhten Plattform) aufgebahrt werden. So nehmen Gläubige an einem einfachen Holzsarg Abschied vom verstorbenen Papst. Die Möglichkeit besteht bis am Freitag, dann wird der Sarg geschlossen.

Der Verzicht auf einen Katafalk wird in katholischen Kreisen kritisiert. Auch wenn die öffentliche Aufbahrung heute generell nicht mehr üblich ist, hält sie der Vatikan-Experte Ulrich Nersinger für den Pontifex nach wie vor für angebracht: «Der Papst ist eben nicht wie jeder andere Gläubige», sagt der Theologe zu katholisch.de. Die Gläubigen hätten das Bedürfnis, den verstorbenen Papst anzusehen und sich von ihm zu verabschieden. Dem Bedürfnis nach Abschied wird in den Religionen mit unterschiedlichen Ritualen begegnet: 

Christentum: Heilige Dreifaltigkeit

Nach römisch-katholischen Vorgaben sollen die Begräbnisfeierlichkeiten an drei Stationen stattfinden: im Haus des Verstorbenen oder in der Friedhofshalle, in der Kirche und am Grab. Dies drückt aus, dass Leben, Glauben und Sterben miteinander in einer engen Beziehung stehen. Heute wird dies oft nicht mehr strikt eingehalten. So wie die Aufbahrung, die im Katholizismus zwar vielerorts noch üblich, aber nicht obligatorisch ist. Meist werden Tote in Aufbahrungskapellen oder Bestattungsinstituten aufgebahrt. Eine Aufbahrung zu Hause ist möglich, unterliegt aber einigen Vorschriften – zum Beispiel muss ein geeigneter Raum vorhanden sein.

Auch die Evangelische Kirche richtet sich nach den drei Orten Sterbeort, Kirche und Grab. Die Aussegnung – die möglichst noch im Sterbebett vorgenommen werden soll – und die Abholung gelten als sogenannte liturgische Handlungen vor dem Gottesdienst. Als christliche Tradition ist die Aufbahrung auch in der Evangelischen Kirche möglich, jedoch eher selten (insbesondere im offenen Sarg).

Judentum: Verhängte Spiegel und schnelle Bestattung

Das Judentum kennt keine Aufbahrung. Fester Bestandteil des Rituals nach dem Ableben ist die Totenwache. Bis zur Beerdigung wacht immer jemand bei der verstorbenen Person. Alle Spiegel werden verhängt, um nicht zwei Tote zu sehen. Bei der Reinigung, der Tahara, wird nach festgelegten Bestimmungen gewaschen, und dabei werden Worte aus der Thora, der hebräischen Bibel, gesprochen. Im Judentum sind nur Erdbestattungen erlaubt. Eine Verbrennung wird als schnelles, unnatürliches Entledigen eines geliebten Menschen gesehen. Verstorbene sollten möglichst innerhalb von 24 Stunden beerdigt werden, spätestens drei Tage später. Friedhöfe werden im Judentum als Ort der Ewigkeit gesehen. Jüdische Gräber dürfen daher nicht eingeebnet werden.

Buddhismus: Fröhliche Gedanken mitgeben

Für Buddhistinnen und Buddhisten ist der Stillstand des Atems nicht der Tod. Der Geist muss noch vier Phasen bis zur Auflösung durchlaufen, deshalb soll der Leichnam noch einige Zeit völlig in Ruhe gelassen werden. Die Feierlichkeiten nach dem Tod können mehrere Tage dauern. Dabei soll man sich an positive, gute Erlebnisse erinnern, um dem oder der Verstorbenen fröhliche, wertvolle Gedanken mitzugeben. Oft werden die Toten verbrannt und in einem Familiengrab beerdigt.

In der Schweiz gibt es auf dem Berner Bremgartenfriedhof ein Grabfeld für Buddhistinnen und Buddhisten. Seit vergangenem Herbst gibt es auf dem Friedhof Nordheim in Zürich einen buddhistischen Beerdigungsort, der allen, die sich Buddha verbunden fühlen, offensteht.

Islam: Erfüllung der Sunna-Bestimmung

Im Islam wird der oder die Tote möglichst schnell rituell gewaschen, wodurch die Sunna-Bestimmung erfüllt wird. Unter Sunna versteht man das Vorbild des Propheten Mohammed durch seine Worte und Handlungen. Der Sarg wird mit der Fussseite zuerst ins Grab gesenkt, danach werden durch die nächsten Hinterbliebenen Koransuren verlesen. Kremation ist im Islam nicht erlaubt. Die Feuerbestattung gilt als «haram», also unrein. In der Schweiz gibt es diverse Friedhöfe mit muslimischen Grabfeldern.

Buddhistische Begräbnis-Feierlichkeiten – hier diejenigen eines ranghohen Mönches in Sri Lanka – können mehrere Tage dauern.
Foto: AFP

Hinduismus: Wasser ist wichtig

Im Hinduismus unterscheiden sich die Rituale bei der Bestattung je nach Kaste, Region und Status. Wichtig ist die Reinigung des Körpers unter fliessendem Wasser, mit der die Reinigung der Seele einhergeht. Hindus verbrennen ihre Toten und streuen die Asche ins Wasser, vorzugsweise in den heiligen Fluss Ganges. So soll die Seele aus dem toten Körper befreit werden. Einige Hindus zerschlagen zu diesem Zweck vor der Verbrennung den Kopf des oder der Toten. Hierzulande ist dieses Ritual verboten. Ansonsten können Hindus in der Schweiz ihre Verstorbenen nach hinduistischen Brauch kremieren – zum Beispiel gibt es auf dem Bremgartenfriedhof Bern einen Hindu-Abdankungstempel. In Zürich bietet das Bestattungs- und Friedhofamt rituelle hinduistische Abschiedsfeiern an. Asche in Seen oder Flüsse zu streuen, ist grundsätzlich erlaubt, allerdings gilt es, Einschränkungen und Vorschriften zu beachten.

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