Plastikverpackungen haben ein schlechtes Image: Sie verbrauchen Rohöl und verursachen Abfallberge. Die Industrie preist dafür immer mehr Lösungen an: Mehrweg-Produkte, rezyklierte PET-Verpackungen und Bio-Plastik. Und stösst damit bei den Konsumenten auf grossen Anklang.
Nur: In den Verpackungen stecken oft zahlreiche bedenkliche Chemikalien. Viele davon stehen im Verdacht, krebserregend oder schädlich für den Hormonhaushalt zu sein. Eine akute Gefahr besteht dadurch zwar nicht, über die Langzeitfolgen wird aber weiterhin debattiert. Umwelttoxikologin Jane Muncke (47), Geschäftsführerin der Schweizer Stiftung Food Packaging Forum (FPF), warnt: «Die vermeintlichen Lösungen verschärfen das Chemikalien-Problem.»
Plastik-Recycling als mögliches Gesundheitsrisiko
In der Fachwelt sind «nachhaltige» Plastik-Produkte daher umstritten. «PET-Flaschen sind eigentlich nicht dauerhaft kreislauffähig. Das Recycling führt dazu, dass gefährliche Stoffe noch stärker an das Lebensmittel abgegeben werden. Schlussendlich ist rezykliertes PET ein Marketing-Instrument. Für unsere Gesundheit ist es besorgniserregend», führt Muncke aus. Auch in Bio-Plastik können gefährliche Chemikalien eingesetzt werden: «Dazu geben kompostierbare Verpackungen diese dann an die Umwelt ab.»
Zudem können Kunststoffe auch während des normalen Gebrauchs neue Stoffe aufnehmen. So etwa Plastikgeschirr oder Take-away-Boxen: «Mehrweg mit Kunststoff ist aus dieser Sicht inakzeptabel. Zum Beispiel können sich Bestandteile aus dem Spülmittel darin absetzen», sagt Muncke. Bei Mehrweg-Schalen, die zwischen Restaurants und Konsumenten zirkulieren, sei es auch nie möglich, nachzuverfolgen, was alles darin gelagert wird. Dazu kommt der Mikroplastik: «Er wird von allen Kunststoffmaterialien abgegeben. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind zu einem grossen Teil noch unbekannt.» Vielen Konsumenten und auch Fachleuten seien die Probleme weiterhin nicht bewusst.
Mehrweg-Produkte aus Edelstahl oder Glas haben eine tiefere Chemikalienbelastung als Kunststoff. Auch beim Kunden haben sie eine grosse Akzeptanz. Weshalb werden sie also nicht öfters verwendet? «Plastik ist für die Hersteller hygienisch, günstig und einfach zu handhaben», erläutert Muncke.
Es braucht also in Zukunft Materialien, die diese Vorteile behalten, aber dabei weniger umwelt- und gesundheitsschädlich sind. Die Forschung will neue Lösungen präsentieren: etwa Verpackungen aus Restabfällen der Lebensmittelverarbeitung oder nichtessbarem Pflanzenmaterial. Idealerweise sind diese wiederverwendbar und ohne Chemikalien hergestellt. Muncke geht sogar noch einen Schritt weiter: «Am besten vermeiden wir Verpackungen ganz.»
Mehrweg-Produkte aus Edelstahl oder Glas haben eine tiefere Chemikalienbelastung als Kunststoff. Auch beim Kunden haben sie eine grosse Akzeptanz. Weshalb werden sie also nicht öfters verwendet? «Plastik ist für die Hersteller hygienisch, günstig und einfach zu handhaben», erläutert Muncke.
Es braucht also in Zukunft Materialien, die diese Vorteile behalten, aber dabei weniger umwelt- und gesundheitsschädlich sind. Die Forschung will neue Lösungen präsentieren: etwa Verpackungen aus Restabfällen der Lebensmittelverarbeitung oder nichtessbarem Pflanzenmaterial. Idealerweise sind diese wiederverwendbar und ohne Chemikalien hergestellt. Muncke geht sogar noch einen Schritt weiter: «Am besten vermeiden wir Verpackungen ganz.»
Tausende Chemikalien, wenig Kontrolle
Das FPF arbeitet als unabhängige Forschungsorganisation mit Wissenschaftlern aus der ganzen Welt zusammen. Es führt eine Liste von Chemikalien, die in Materialien gefunden wurden, welche mit Lebensmitteln in Kontakt treten. Bis jetzt sind über 3000 Stoffe registriert – nur bei einem Drittel war zuvor bereits bekannt, dass sie in der Verpackungsherstellung eingesetzt werden.
Weshalb landen so viele Chemikalien in unserem Essen? Hersteller haben oft selbst nicht den Überblick, ob sie bedenkliche Stoffe einsetzen. Dazu gelangen viele davon unabsichtlich in das Produkt. «Es ist schwierig zu kontrollieren. In der Schweiz gibt es etwa keine direkte Melde- oder Deklarationspflicht», erklärt Muncke.
Recycling-Verband sieht in der Schweiz kein Problem
Gibt es also einen blinden Fleck bei der Chemikalien-Sicherheit? Zumindest in der Schweiz sei das PET-Recycling stark reglementiert und überwacht, teilt der Branchenverein PET-Recycling Schweiz auf Anfrage mit. «Aus diesem Grund sind viele ausländische Studien auch nicht eins zu eins auf die Schweiz anwendbar», schreibt der Verein auf Anfrage von Blick. Für PET-Getränkeflaschen gebe es in der Schweiz zwei Recyclinganlagen, die von internen und externen Laboren auf ihre Qualität geprüft würden.
Dies führt aber auch dazu, dass jährlich mehr als ein Viertel der gesammelten PET-Flaschen aus dem Kreislauf fallen und für lebensmittelfremde Produkte verwendet werden. «Ein komplett geschlossener Kreislauf wird, so sehr wir uns das wünschen, nie möglich sein – auch bei anderen Verpackungen nicht», erklärt PET-Recycling Schweiz.