Habt ihr schon Pläne für den Galentine’s Day? Richtig: Galentine’s Day. Noch nie gehört? Ich auch nicht, bis ich in einer Google-Suche die Begriffe Valentinstag und anti kombinierte.
Der Treffer, der den Galentine’s Day als Anti-Valentinstag präsentierte, weckte meine Aufmerksamkeit. Der Begriff setzt sich zusammen aus Valentine und dem umgangssprachlichen amerikanischen «gal», also Mädel.
Eine Sitcom als Ursprung
Hintergrund des inoffiziellen Feiertags: In der zweiten Staffel der US-amerikanischen Sitcom «Parks and Recreation» ruft Hauptfigur Leslie Knope (gespielt von Amy Poehler) den 13. Februar zum Galentine’s Day aus. In der gleichnamigen Serienepisode, die 2010 erstmals ausgestrahlt wurde, lädt sie ihre Freundinnen zu einem Brunch mit Waffeln und Cocktails ein und sagt: «Jeden 13. Februar lassen meine Freundinnen und ich unsere Männer zu Hause, wir hängen ab und haben einfach Spass.»
Was Leslie Knope als «besten Tag des Jahres» bezeichnet, ist also kein Anti-Valentinstag. Angesprochen sind nicht in erster Linie Singles, sondern Frauen, die an einem Mädelstag zusammenkommen, um ihre Freundschaft zu zelebrieren. Oder, gekürzt gesagt: Frauen feiern Frauen.
Was im Fernsehen als Jubelfest unter erfundenen Freundinnen begann, hat seit 2010 viele Nachahmerinnen in der realen Welt gefunden. Sie schätzen den Galentine’s Day als Möglichkeit, eine ganz alltägliche und meist wenig beachtete Sache zu feiern: Freundschaft.
Der Mädelstag bedient nicht nur ein Bedürfnis, sondern ist auch kommerziell interessant. Auf sozialen Medien bewerben Unternehmen ihre passenden Angebote: etwa «Happy Galentine’s Day»-Grusskarten mit Botschaften wie «Sisters before misters» oder «Uteruses before duderuses», die die Stärke von Frauenfreundschaften beschwören. Sie präsentieren Geschenkideen für die Freundinnen (Stofftiere, Pralinés, Beauty-Produkte) oder liefern Ideen für gemeinsame Aktivitäten am 13. Februar.
«So ein Tag ist längst fällig»
Auch in deutschsprachigen Medien taucht der Begriff mittlerweile auf, und erste kommerzielle Anbieter testen, was für Geschäfte sich damit machen lassen. So schreibt aktuell ein Reiseanbieter aus Deutschland, man wolle dieses Jahr die Freundschaft zelebrieren – und bewirbt zum Galentine’s Day Freundinnen-Städtetrips.
Aller Kommerzialisierung zum Trotz: Abwegig ist die Idee nicht, der Freundschaftspflege einen eigenen Feiertag zu widmen. «Im Gegenteil», sagt Steve Stiehler (55) am Telefon. Der Sozialpädagoge lehrt an der Ostschweizer Fachhochschule in St. Gallen und forscht zum Thema Freundschaften. «So ein Tag ist längst fällig.»
In Zeiten von Scheidungsfamilien, Singlehaushalten und grosser Mobilität habe die Bedeutung von Freundschaften stark zugenommen, sagt Steve Stiehler. «Freundschaften sind zum Familienersatz geworden.» Obwohl wir nur gefühlsmässig und nicht verwandtschaftlich verbunden sind, nehmen wir Freundinnen und Freunde in die Verantwortung und übertragen ihnen Aufgaben.
Ein Beispiel? Stiehler weist darauf hin, dass die Zahl der Singles zunimmt. «Auch sie werden im Alter Unterstützung brauchen – und dafür unter anderem auf Freundschaften zurückgreifen.» Freundschaften sind also Quelle sozialer Unterstützung.
Freundschaft hat eine besondere Qualität
Die Qualität einer engen Freundschaft liegt für den Freundschaftsforscher unter anderem darin, dass diese die einzige Beziehungsform ist, in der man so sein kann, wie man ist. In der man sich zeigen kann, wie man ist. Dies könne man in Liebesbeziehungen nicht unbedingt.
Während das Leben für jede Person Krisen und Umbrüche bereithält, die es zu bewältigen gilt, bilden Freundschaften solide Pfeiler. «An Freundschaften kann man sich orientieren», sagt Steve Stiehler. «Die Gewissheit ist wertvoll, dass auf eine Freundin oder einen Freund Verlass ist.»
Die Bedeutung von Freundschaften in unserer Gesellschaft ist also gross – und dies darf auch bewusst gewürdigt werden. Stiehler findet die «ritualisierte Gelegenheit» eines Tages wie des Galentine’s Day «sehr wertvoll».
Sich Zeit füreinander nehmen
Dem kommerziellen Aspekt – dem Beschenken der Freundinnen – kann er wenig abgewinnen. «Im heutigen dichten und durchgetakteten Alltag ist es eine besondere Wertschätzung, wenn man sich Zeit füreinander nimmt. Ein solcher Tag kann genau dies erfüllen.» Statt einander Geschenke zu überreichen, also lieber ausgiebig «abhängen» wie Leslie Knope und ihre Freundinnen.
Und die Männer? Sie (und andere Geschlechtsidentitäten) sind nicht ausgeschlossen vom Freundschafts-Zelebriertag: Tauscht man das Wort «gal» mit «pal» (Kumpel) bekommt man: Palentine’s Day. Mit dieser ebenfalls kursierenden Wortschöpfung sind nun wirklich alle angesprochen, die miteinander verkumpelt sein können.
Sozialpädagoge Steve Stiehler hat eine Idee für den Palentine’s Day: Gerade Männer pflegten häufig sehr gute «ruhende Freundschaften», sagt er. Damit gemeint ist eine Freundschaft zu einer Person, die man als Freund (oder Freundin) bezeichnet, obwohl man einander lange – vielleicht seit Jahren – nicht gesehen hat. Stiehler schlägt vor: «Der 13. Februar könnte genutzt werden, um ruhende Freundschaften zu reaktivieren, also gerade mit jenen Freunden Kontakt aufzunehmen, von denen man schon lange nichts mehr gehört hat.»