Auf einen Blick
- Pfeilschwanzkrebse haben wertvolles blaues Blut für medizinische Tests
- Lebende Fossilien existieren seit 445 Millionen Jahren mit besonderer Blutfärbung
- Jährlich spenden 550'000 Krebse Blut, 10-30% überleben Prozedur nicht
Der Pfeilschwanzkrebs existiert seit über 445 Millionen Jahren – ist somit älter als die Dinosaurier – und hat eine ganz besondere Eigenschaft: Sein Blut ist blau.
Der Stoff Hämocyanin, der im Blut der Wassertiere den Sauerstoff transportiert, verleiht ihnen ihre besondere Färbung. Ausserdem ist ihr Blut reich an Kupfer. Der Preis für einen Liter dieses blauen Goldes liegt laut der Organisation Ärzte gegen Tierversuche bei etwa 15'000 Euro (gut 14'100 Franken). Doch was macht dieses Blut so wertvoll? Die Antwort liegt in seiner medizinischen Verwendung, wie die «Welt» berichtet.
Ein Drittel ihres Blutes wird abgepumpt
Das Blut der Pfeilschwanzkrebse enthält spezielle Zellen, die sogenannte Amöbozyten, die bakterielle Endotoxine – potenziell tödliche Giftstoffe, die von bestimmten Bakterien produziert werden – effizient erkennen können. Diese Fähigkeit macht sich der Limulus-Amöbozyten-Lysat-Test (LAL) zunutze, um die Reinheit von Impfstoffen zu überprüfen. Der Test gilt als sehr zuverlässig und hat nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den letzten 50 Jahren rund 154 Millionen Menschenleben gerettet.
Jedes Jahr müssen etwa 550'000 dieser Wunderkrebse ihr Blut spenden. Sind die Tiere eingesammelt, werden sie in Labore gebracht, wo ihnen mit einer Nadel ins Herz gestochen und bis zu 30 Prozent ihres hellblauen Blutes entnommen wird. Obwohl sie nachher wieder ins Meer zurückgesetzt werden, überleben etwa zehn bis 30 Prozent der Krebse die Prozedur nicht. Dazu stellte eine Studie aus dem Jahr 2013 fest, dass weibliche Tiere weniger Nachwuchs bekommen. In Nordamerika ist es bereits zu einem Populationsrückgang gekommen.
Auch bei der Entwicklung des Covid-19-Impfstoffs wurde der LAL-Test und damit das Blut der Tiere verwendet, wie die «New York Times» berichtet. Das Brisante daran: Nötig wäre dies nicht gewesen.
«Bedauerlich, dass Forschung Wildtiere gefährdet»
Denn seit Jahren gibt es eine künstliche Alternative. Die synthetisch hergestellte Variante, der sogenannte rekombinante Faktor C-Test, könnte den LAL-Test ablösen. Doch die Pharmaindustrie setzt weiterhin auf das Blut der Pfeilschwanzkrebse.
So schreibt Pyan Phelan, Geschäftsführer der Tierschutzorganisation Revive & Restore in einer Pressemitteilung: «Es ist bedauerlich, dass die biomedizinische Forschung immer noch auf die Ausrottung gefährdeter Wildtierpopulationen angewiesen ist, obwohl es einen einfachen, effektiven und nachhaltigen Ersatz in grossen Mengen geben könnte.»