Ho, ho, ho!
Der Samichlaus lässt selbst coole Poser verstummen

Seine Autorität ist ungebrochen: Der Samichlaus im Interview über Familienrituale, witzige Versli und wo er sich entspannt.
Publiziert: 03.12.2017 um 15:41 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:19 Uhr
Flavian Cajacob
Der Samichlaus stand Blick Rede und Antwort.
Foto: Stefan Bohrer

Blick: In einer Zeit, in der Kundendienste und Serviceleistungen zunehmend an gesichtslose Hotlines delegiert werden, machst du noch Hausbesuche. Samichlaus, du bist so was von gestern!
Samichlaus: Genauer gesagt: von vorgestern. Schliesslich gibt es mich schon seit bald 2000 Jahren. Und wie damals besuche ich die Kinder auch heuer in der Stube und nicht auf dem Display. Das hat sich millionenfach bewährt.

Du bist also nach wie vor gefragt?
Natürlich. Ich erhalte immer mehr Briefe, in denen ich um einen Besuch gebeten werde. Vielleicht deswegen, weil auf dieser Welt alles immer schneller geht, vernetzt ist, digitalisiert, duplizier- und austauschbar. Der Samichlaus aber ist einmalig. Er ist Mythos und doch real.

Wirklich?
Na klar! Selbst vorlaute Teenies, die sich in der Schulpause lautstark über den Samichlaus lustig machen, werden still, wenn er am Abend tatsächlich vor ihnen steht. Vielleicht nicht unbedingt aus Angst vor seiner Gestalt, aber ganz bestimmt aus Ehrfurcht, dass da einer ist, der sehr viel weiss über sie. Auch Sachen, die peinlich sein könnten, sollten sie ans Tageslicht kommen. Also hütet auch der coolste Poser lieber sein Mundwerk.

Man spricht gerne von der Verrohung der Sitten unter Jugendlichen. Wie erlebt der Samichlaus dies?
Das kann ich so nicht unterschreiben. Vorlaute, freche Kinder hat es schon immer ­gegeben. Aber sie sind in der Minderzahl. Was mir auffällt, ist, wie vif die Kinder von heute sind. Als Samichlaus muss ich laufend damit rechnen, dass mir ein Mädchen oder Junge eine komplizierte Frage stellt. Da muss man sehr spontan sein.

Und die Sprüchlein?
Absolut top! Das monotone «Saminigginäggi …» war gestern, heute wird das Herzli vom Samichlaus mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Versen erfreut, die alle witzig sind, geistreich und gescheit.

Und derbe?
Von Kindern weniger. Das passiert eher, wenn ich zur vorgerückten Stunde einen Verein besuche. In solchen Fällen muss dann der Schmutzli halt mal mit der Rute den Tarif durchgeben.

Der Samichlaus straft, der Samichlaus lobt!
Heute sieht  sich der Samichlaus in erster Linie als freundlichen Ermahner.

Was kann man als Samichlaus erleben, wenn die Stubentüre aufgeht?
Glänzende Kinderaugen und Familien, die den Samichlausbesuch als ein alljährliches Ritual sehen. Nicht selten besuche ich Familien, deren Kinder längst aus dem Alter sind, in dem man an den Samichlaus glaubt. Da geht es dann darum, Themen anzuschneiden, die keiner in der Familie ansprechen will.

Zum Beispiel?
«Mach den WC-Deckel runter», ist so ein Klassiker. Häufig natürlich auch persönlichere Dinge. Es kann schon sehr emotional werden.

Der Samichlaus, ein Familientherapeut?
So komme ich mir manchmal vor ...

Und wie erholst du dich vom Stress der Hausbesuche?
Der Samichlaus ist unter dem Jahr Bauunternehmer und Gemeinderat. In seiner Freizeit widmet er sich der Pflege seiner Website. Unter www.chlaus.ch finden sich rund 760 Adressen von Samichläusen. Und kürzlich war er zwei Wochen in Marokko zum Gleitschirmfliegen. Das gibt ihm Schwung und Überblick.

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