Schlemmen in der «La maison de la Polenta»
Der einfachste Weg hinüber ins Aostatal führt durch das Wallis, von wo es ab Martigny entweder durch den Grosse-St.-Bernhard-Tunnel oder im Sommer über den Grosse-St.-Bernhard-Pass geht. Egal, wie man es auf die italienische Seite schafft, der erste Stopp sollte das Restaurant «La maison de la Polenta» im Ort Saint-Oyen sein, wo Hausherr Felice lokale Spezialitäten auf den Tisch zaubert. Als Vorspeise gibt es Schinken, Salami und Käse aus dem Tal und danach die Spezialität des Hauses, Polenta mit drei verschiedenen Fleischsorten: herzhafte Würste, Rind und Kaninchen.
Mein Tipp: Dazu passt ein Rotwein aus der lokalen Fumin-Traube.
Megalithstätte von Aosta: 6000 Jahre in die Vergangenheit reisen
Wie so oft in der Archäologie, war es auch im Stadtrand von Aosta der Zufall, der eines der wichtigsten steinzeitlichen Ausgrabungsfelder Europas sicherte. Bei dem Bau eines Wohnhauses wurden Steinstelen entdeckt, die an menschliche Formen erinnerten. Die ältesten Spuren der sogenannten Megalithstätte von Aosta gehen auf das 5. Jahrtausend vor Christus zurück. Von dieser Zeit stammen auch Rillen von Pflügen, die zu den ältesten der Welt gehören. Eindrucksvoll: Zwischen den Pflugspuren sind auch Fussabdrücke unserer Vor-Vorfahren zu sehen. In einem ausführlichen Museum werden die anthropomorphen (menschenähnlichen) Menhire ausgestellt und die Besiedlungsgeschichte der Region erzählt.
Sich in der Burg Fénis wie ein Ritter fühlen
Das Aostatal war seit römischer Zeit wichtige Durchgangsstation Richtung Norden und Westen. Und wie in allen Transitregionen wurden auch hier die Strassen und Grenzen mit Burgen und Wehrtürmen gesichert. Von den mehreren Dutzenden Anlagen sind viele für die Öffentlichkeit zugänglich. Die vielleicht eindrücklichste ist die Burg Fénis im gleichnamigen Dorf, die mit ihrer trutzigen Mauer und den mehreren Türmen wie eine Kulisse aus einem Mittelalterfilm wirkt. Die Burg Fénis zählt zu den besterhaltenen und wichtigsten Burganlagen aus dem Mittelalter in Italien. Interessant sind der doppelte Mauerring, der einen verschachtelten Umgang bildet, und der Innenhof mit Freitreppe und Fresken aus dem 14. Jahrhundert. Highlight ist der Rittersaal, der auch eine Kapelle mit Malereien aus dem 13. Jahrhundert beinhaltet.
Mein Tipp: In der Burg von Saint-Pierre befindet sich das naturwissenschaftliche Museum des Aostatals, in dem man viel Wissenswertes zur Flora, Fauna und Geografie des Tals erfährt.
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Aosta – auf römischen Spuren wandeln
Die Stadt Aosta wurde im Jahr 25 vor Christus als Militärbasis am Fusse des wichtigen Grossen-St.-Bernhard-Passes gegründet. Etwas später wurde das Kastell von Kaiser Augustus (davon leitet sich der Name ab) zum Altersruhesitz für 3000 Veteranen seiner Leibwache erweitert. Das Faszinierende: Die römische Stadtmauer, vier Stadttore und ein Triumphbogen sind komplett erhalten (und noch viele weitere Überreste in der Stadt und Umgebung). Daher schmückt sich Aosta auch mit dem Übernamen «Rom des Nordens». Zudem ist die quadratische Grundstruktur der ehemaligen Römerstadt noch in der Strassenführung der Altstadt zu erkennen. Ansonsten kann man nach dem Sightseeing der römischen Überbleibsel schön durch die kleine Altstadt bummeln und lokale Produkte shoppen.
Mein Tipp: Zum Übernachten empfiehlt sich das gemütliche Hotel Milleluci, von dem aus man zu Fuss in die Altstadt schlendern kann.
Das unbekannte Matterhorn bewundern
Im Sommer 2023 war es endlich so weit: Das Prestigeprojekt Matterhorn alpine Crossing wurde eröffnet. Mit dem letzten Stück der Seilbahn von Klein Matterhorn ins italienische Testa Grigia können Gäste nun von Breuil-Cervinia im Aostatal per Seilbahn nach Zermatt reisen (und natürlich auch umgekehrt). Ob die gesamte Reise sich lohnt, ist in Anbetracht von Preisen für eine Retourfahrt um die 200 Franken allerdings fraglich (Preise sind abhängig von der Saison, mit Halbtax und GA gibt es 50 Prozent).
Mein Tipp: von Breuil-Cervinia mit der neuen Bahn bis auf Klein Matterhorn (Retour 95 Euro). Dann sieht man «die Hore» sowohl von der bekannteren Schweizer Seite als auch die unbekannte italienische Ansicht. Auf italienischer Seite kann man im Sommer wunderbar wandern und biken, im Winter befindet sich hier ein gutes Skigebiet, dass leicht mit dem Zermatter Skigebiet verbunden werden kann.
Steinböcke zählen im Gran Paradiso Nationalpark
Der Nationalpark Gran Paradiso trägt die Schönheit schon im Namen: das grosse Paradies. Das alpine und hochalpine Gelände (800 bis 4000 Meter) diente dem italienischen König Viktor Emanuel II im 19. Jahrhundert als Jagdgebiet für Steinböcke, die nur noch hier in den Alpen lebten. Die Schweiz wollte um das Jahr 1900 wieder Steinböcke ansiedeln und fragte in Italien um ein paar Jungtiere an. Der König verneinte und so wurden die Eidgenossen im staatlichen Auftrag zu Dieben: Man beauftrage im Jahr 1905 Schmuggler, Steinbockkitze zu klauen. Alle Schweizer Steinböcke gehen schlussendlich auf die gestohlenen Tiere aus dem Gran Paradiso Nationalpark zurück.
Der Park ist ein wundervolles Wandergebiet, das weit weniger überlaufen ist, als andere Regionen in den Alpen. Heute leben dort etwa 3000 Steinböcke, Wölfe. Bartgeier und Steinadler: Tierbeobachtungen sind hier sehr wahrscheinlich.
Mal kurz auf den Mont Blanc
Im Aostatal kommt man gleich zwei legendären Bergen ganz nah: dem Matterhorn (siehe oben) und dem Mont Blanc, dem mit 4805 Metern höchsten Gipfel der Alpen. Hoch geht es mit der Seilbahn bis zum Gipfel Punta Helbronner auf 3462 Metern, der Teil der Mont-Blanc-Gruppe ist. Von dort bietet sich ein 360-Grad-Blick auf die 4000er der Westalpen, darunter Mont Blanc, Matterhorn und Monte-Rosa-Gruppe.
Mein Tipp: Im Sommer führt von dem Heilbronner Gipfel eine Seilbahn hinüber zur französischen Aiguille-du-Midi-Spitze (3777 m) mit wunderbarem Blick auf Gletscher und Mont Blanc.
Via Francigena – auf dem alten Pilgerweg
Das Aostatal trumpft mit etwa 5000 Kilometer markierten Wanderwegen auf, von gemütlichen Spaziergängen im Tal bis zu hochalpinen Hüttentouren. Ein Weg mit historischen Wurzeln ist der Pilgerweg Via Francigena, der von England bis zum Vatikan in Rom führt und schon seit dem Mittelalter begangen wird. Durch die Schweiz kommend führt der Wanderweg über den Grossen St. Bernhard, dessen Hospiz schon vor Hunderten Jahren den Pilgern Schutz bot. Weiter schlängelt sich der Pilgerweg durch den Hauptort Aosta und durchs Tal hinüber ins Piemont. In den fünf Etappen geht es durch süsse Dörfchen und vorbei an den Burgen des Aostatals – eine gute Gelegenheit, die Kultur der Region zu Fuss zu erleben.