Darum gehts
Wie wachsen Kinder zu glücklichen Erwachsenen heran? Darüber herrscht unter Eltern kein Konsens. Das Interview, in dem Nadja Schnetzler (53), die Mutter von ESC-Star Nemo (25), ihre Erziehungsmethode «Hands-off Parenting» erklärt, wird kontrovers diskutiert.
Viele finden Schnetzlers Ansatz interessant und überzeugend. Die Kritiker greifen nicht selten auf respektlose Bemerkungen zurück und monieren im Grundtenor: «Kinder brauchen Grenzen!» Stimmt das? Wir haben bei Erziehungsexpertin Caroline Märki (54) vom Ausbildungszentrum familylab nachgefragt.
Caroline Märki, brauchen Kinder Grenzen?
Kinder brauchen keine starren Grenzen, sondern Führung. Von Regeln oder gesellschaftlichen Erwartungen profitieren Kinder nicht. Wichtiger ist es, ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen und sie bei eigenen Entscheidungen zu begleiten. Ich als Elternteil übernehme die Verantwortung für meinen Entscheid, dem Kind zu vertrauen und für mein Feedback an das Kind.
Was halten Sie von der «Hands-off»-Erziehung?
Obwohl ich diesen Begriff vorher nicht kannte, wirkt es auf mich, als überschneide sich die Methode mit der beziehungsorientierten Haltung, die ich vertrete: Es geht nicht darum, Kinder sich selbst zu überlassen, sondern darum, ihnen zuzutrauen, dass sie selbst spüren, was sie möchten und brauchen. Die Eltern bleiben verfügbar und verantwortlich für die Qualität der Beziehung zum Kind.
Nadja Schnetzler (53) hat zwei international erfolgreiche Kreativköpfe grossgezogen. Ihre Methode, «Hands-off Parenting», stellte sie, als die Kinder, Nemo und Ella, klein waren, in einem Blog vor. Nun sind die Texte als Manifest auf mal-ehrlich.ch erschienen.
Es gehe darum, Kinder in einer Haltung des Vertrauens und der Begleitung grosszuziehen, ohne ihnen ständig vorzugeben, was sie tun oder lassen sollen, erklärt die Bielerin im Interview. «Ich sehe Kinder als eigenständige Menschen mit einer tiefen inneren Weisheit. Sie wissen oft intuitiv, was ihnen guttut, was sie interessiert und wo sie sich entfalten wollen. Dieses Vertrauen habe ich mir bewusst erhalten – auch wenn es Momente gab, in denen ich zweifelte.»
Nadja Schnetzler ist überzeugt, dass Kinder durch diese Erziehungsmethode lernen, selbständig Entscheidungen zu treffen und für sich selbst einzustehen. «Sie entwickeln Selbstvertrauen und eine starke innere Stimme, weil sie nicht daran gewöhnt sind, dass jemand anders alles für sie regelt. Es macht sie resilienter, kreativer und mutiger. Und es schafft eine echte, tiefe Beziehung auf Augenhöhe zwischen Eltern und Kindern – nicht eine Beziehung, die auf Kontrolle basiert.»
Das ganze Interview gibts hier: «Ich lege wenig Wert auf gesellschaftliche Erwartungen»
Nadja Schnetzler (53) hat zwei international erfolgreiche Kreativköpfe grossgezogen. Ihre Methode, «Hands-off Parenting», stellte sie, als die Kinder, Nemo und Ella, klein waren, in einem Blog vor. Nun sind die Texte als Manifest auf mal-ehrlich.ch erschienen.
Es gehe darum, Kinder in einer Haltung des Vertrauens und der Begleitung grosszuziehen, ohne ihnen ständig vorzugeben, was sie tun oder lassen sollen, erklärt die Bielerin im Interview. «Ich sehe Kinder als eigenständige Menschen mit einer tiefen inneren Weisheit. Sie wissen oft intuitiv, was ihnen guttut, was sie interessiert und wo sie sich entfalten wollen. Dieses Vertrauen habe ich mir bewusst erhalten – auch wenn es Momente gab, in denen ich zweifelte.»
Nadja Schnetzler ist überzeugt, dass Kinder durch diese Erziehungsmethode lernen, selbständig Entscheidungen zu treffen und für sich selbst einzustehen. «Sie entwickeln Selbstvertrauen und eine starke innere Stimme, weil sie nicht daran gewöhnt sind, dass jemand anders alles für sie regelt. Es macht sie resilienter, kreativer und mutiger. Und es schafft eine echte, tiefe Beziehung auf Augenhöhe zwischen Eltern und Kindern – nicht eine Beziehung, die auf Kontrolle basiert.»
Das ganze Interview gibts hier: «Ich lege wenig Wert auf gesellschaftliche Erwartungen»
Wenn Kinder selbst entscheiden, machen die Eltern es sich leicht?
Im Gegenteil. Starre Regeln sind oft einfacher. Doch Konventionen können einschränken und sogar krank machen. Sich mit den Bedürfnissen aller Beteiligten laufend auseinanderzusetzen, erfordert Mut, Geduld und Vertrauen. Eltern, die diese Verantwortung übernehmen, schaffen einen sicheren und stabilen Raum für die Entwicklung ihrer Kinder. Wenn man Nemos Geschichte hört, ist es beeindruckend zu sehen, wie gesund dieser Prozess ablaufen konnte.
Auffallend viele Männer fordern Regeln. Haben Väter generell einen stärkeren Wunsch nach Disziplin?
Wer sich mit einem Kind auf Beziehungsebene auseinandersetzt, muss die eigenen Bedürfnisse und Gefühle kennen. Vielleicht ist es im traditionellen Rollenbild der Männer stärker verankert, wenig über sich preiszugeben. Autorität ist der einfachere Weg. Und aktuell kehren autoritäre Erziehungstendenzen zurück – nur versteckter als früher.
Wo verstecken sie sich?
Hinter Kleberli zum Beispiel. Wenn man gewünschtes Verhalten belohnt, ist das autoritäre Erziehung im Schafspelz. Kinder, die kein Kleberli bekommen, spüren intuitiv: «Ich bin nicht gut genug.» Und jene, die eines erhalten, lernen nicht, dass sie auch ohne Leistung wertvoll sind. Die Grundlage für ein gutes Selbstwertgefühl ist, sich in seinem Sein gesehen zu fühlen. Wenn man ständig hört, wie man sein muss, wird es untergraben.
Eltern tun dies in der Absicht, ein Kind vor negativen Erfahrungen zu schützen.
Sogar Fachpersonen tun das. Ein schüchternes Kind wird im Kindergarten durch gut gemeinte Massnahmen ermutigt, sich zu öffnen. Das signalisiert: «Weniger schüchtern zu sein, wäre normal, du bist nicht normal». Dasselbe geschieht mit lauten, wilden oder langsamen Kindern – überall wird bewertet.
«Es braucht in jeder Familie gewisse Abmachungen für das Miteinander, die dem Wohlbefinden aller dienen.»
Sollte ein Kind auch selbst entscheiden, ob es am Esstisch auf dem Handy scrollt?
Es braucht in jeder Familie gewisse Abmachungen für das Miteinander, die dem Wohlbefinden aller dienen. Eltern dürfen ihre persönlichen Grenzen authentisch vertreten. Dabei geht es jedoch um Führung, nicht um Gehorsam. Sobald man aufhört, Gehorsam in den Mittelpunkt zu stellen, rückt die Beziehung zwischen Eltern und Kind ins Zentrum.
Innere Haltung statt äusserer Vorgaben?
Genau. Es ist eine sehr natürliche Sache. Anstatt sich in starren Methoden zu verlieren und das Kind damit zwangsläufig zu manipulieren, begegnet man ihm mit einer Haltung des Vertrauens und beobachtet und begleitet, was passiert – beim Kind und bei sich selbst.
Haben Sie Ihre Kinder so erzogen?
Meine Haltung war ähnlich: weg vom Gehorsam, hin zu mehr Verantwortung. Scheitern habe ich nie als Verlust empfunden. Unsere drei Kinder wollten beispielsweise alle ein Instrument lernen, aber nur eines blieb dabei. Die anderen hörten auf, auch das war eine wertvolle Erfahrung für sie.
Ihre Kinder sind erwachsen. War Ihre Erziehung erfolgreich?
Der Weg war nicht immer einfach. Aber ich blieb mit unseren Kindern immer im Austausch und wusste, dass es ihnen gut geht. So konnte ich Zweifel überstehen. Heute haben alle ein gesundes Selbstwertgefühl und stehen für sich ein. Das ist für mich der grösste Erfolg.