Verhalten interpretieren
Können auch Haustiere schlechte Laune haben?

Vielen Tierhaltern scheint es so, als könnten auch ihre Vierbeiner mal einen schlechten Tag haben. Eine Tierpsychologin klärt auf, ob Haustiere wirklich verstimmt sein oder Depressionen haben können.
Publiziert: 25.04.2022 um 07:30 Uhr
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Aktualisiert: 25.04.2022 um 08:18 Uhr
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Rebecca Bühlmann (64) ist Tierpsychologin in Meiringen BE und bietet Tier-Verhaltenstherapien für Katzen, Hunde und Pferde an.
Foto: zVg
Sonja Zaleski-Körner

Es gibt Tage, an denen man ohne Grund leichter reizbar als sonst ist. Die eigene Stimmung ist getrübt, nichts will gelingen. Doch gibt es das auch bei Tieren? Viele Haustierhalter sind davon überzeugt, dass auch ihre Vierbeiner zwischendurch mal schlecht gelaunt sind. Die Tierpsychologin Rebecca Bühlmann (64) stellt im Gespräch mit Blick klar: «Oftmals spiegeln die Tiere uns Menschen. Sie reagieren auf unsere Befindlichkeit.»

Tieren schlechte Laune zuzusprechen, sei «zu vermenschlicht», wie die Expertin zu bedenken gibt, da dies wissenschaftlich nicht als erwiesen gilt. «Unpässlichkeit» sei in diesem Zusammenhang ein passenderer Begriff und zeige sich bei verschiedenen Tierarten auf unterschiedliche Weise.

Verhalten richtig deuten

Wenn ein Hund, der sonst gerne spazieren geht, nicht raus möchte, könne dies laut Bühlmann ein Zeichen für seine Unpässlichkeit sein. «Katzen hingegen ‹pöbeln› Artgenossen und Menschen dann eher an. Ihre Lautäusserungen sind deutlich anders als sonst und sie wirken unwirsch», erzählt die Tierpsychologin.

Die Gründe für das sonst eher untypische Verhalten sind vielfältig. «Meistens handelt es sich um eine momentane Reaktion auf unsere Befindlichkeit. Sind wir nervös oder gestresst, überträgt sich das auf das Tier», betont die Expertin. Eine genaue Beobachtung sei wichtig, denn es könne sich auch um ein Anzeichen für Leiden handeln, wie Bühlmann erklärt: «Hat ein Tier beispielsweise Zahnschmerzen, reagiert es oftmals hässig oder aggressiv. Geht dieser Zustand nicht innerhalb eines Tages vorbei, muss das Tier beobachtet werden, und ein Gang zum Tierarzt ist unerlässlich.»

Depressionen bei Haustieren

Depression ist eine psychische Erkrankung, die auch Tiere treffen kann, wie Bühlmann klarstellt. Sie äussere sich durch dauerhaft gedrückte Stimmung, Lust- und Interesselosigkeit, Antriebs-, sowie Appetitlosigkeit.

Bühlmann wird in solchen Fällen oft zurate gezogen. «Die Tiere werden ruhiger, wollen nicht mehr spielen oder spazieren gehen, ziehen sich zurück und lassen sich nicht aufmuntern», so beschreibt die Expertin die typischen Symptome. Dauere dieser Zustand an, sei auf jeden Fall ein Gang zum Tierarzt notwendig, um körperliche Erkrankungen als Ursache der Depression auszuschliessen.

Die Auslöser für diese psychische Erkrankung bei Haustieren können sehr vielfältig sein, wie die Tierpsychologin berichtet: «Dazu zählen zum einen Veränderung der Lebensumstände, wie neue Umgebung durch einen Umzug, wenn ein weiterer Artgenosse einzieht oder wenn ein vertrautes Familienmitglied auf einmal nicht mehr da ist – durch Tod, Trennung oder Auszug. Ebenso kann fehlende artgerechte Haltung, zu viel oder zu wenig Beschäftigung, Krankheit oder Schmerz der Grund für eine Depression sein.» Bisweilen lassen sich in manchen Fällen auch gar keine Auslöser erkennen, räumt Bühlmann ein.

Was Tiere brauchen, um glücklich zu sein

Die Tierpsychologin weiss, worauf es ankommt, damit Haustiere ein glückliches Leben führen können: «Es braucht vor allem eine artgerechte Haltung, bei der die arteigenen Bedürfnisse der Tiere vollumfänglich erfüllt werden können, und die liebe- und respektvolle Zuwendung der Halter.» Je besser man die Tiere kennt, desto schneller bemerkt man Veränderungen an ihrem Verhalten und kann ihnen bei körperlichem oder psychischem Unwohlsein umgehend helfen.

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