Von wegen «Zuerst Italien und die Italiener!»
Italo-Labels mögens Englisch

Tod's, Diesel, Amelie oder Mandarina Duck: Das sind alles italienische Modelabels. Warum ihnen sprachlich die Italianità abgeht, erklärt eine Markenexpertin.
Publiziert: 29.09.2022 um 19:27 Uhr
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Sybille Kircher ist Geschäftsführerin der Firma Nomen in Düsseldorf (D), die Markennamen kreiert.
Foto: zVg
Daniel Arnet

Mit dem populistischen Slogan «Zuerst Italien und die Italiener!» ist die Post-Faschistin Giorgia Meloni (45) in den Wahlkampf gezogen. Und nun wird sie vermutlich als erste Ministerpräsidentin ihr Volk anführen.

Doch mit der Italianità ist es im Süden nicht weit her. Dort hält man wenig von einer Nabelschau und blickt stattdessen lieber über die Grenzen, um international zu gefallen. Das zeigt exemplarisch ein Blick auf die Ende September über die Bühne gegangene Mailänder Modewoche.

Mode ist neben Essen und Autos eines der grossen Aushängeschilder Italiens. Doch während andere Nationen in den Firmennamen sprachlich ihre Herkunft zelebrieren, verschleiern sie die Modelabels vom Stiefel auffallend häufig.

Je fremder, umso attraktiver

Klar, mit Armani, Gucci, Prada oder Versace gibt es italienische Designer, die ebenso stolz auf ihre Herkunft deuten wie die französische Modemarken Chanel, Dior, Louis Vuitton oder Yves Saint Laurent.

Aber Amelie ist ein 2015 in Mailand entstandenes Modelabel. Und wer denkt bei der 1920 in Casette d'Ete lancierten Marke Tod's oder der 1985 in Mailand gegründeten Firma Jacob Cohen an unsere südlichen Nachbarn?

Nomen aus Düsseldorf (D) hat sich auf die Findung von Markennamen spezialisiert. Geschäftsführerin Sybille Kircher sagt: «Es ist nicht ungewöhnlich, dass die eigene Sprache bei der Wahl des Markennamens nicht so beliebt ist.»

Die seien für Konsumentinnen und Konsumenten umso attraktiver, je ungewöhnlicher und fremder sie seien. «Ganz pauschal gesagt, wirken italienische Namen auf Italiener zwar vertraut, aber auch bieder, weil sie nichts Besonderes darstellen, sondern den Alltag», sagt Kircher.

Aber wie konnte man 1978 in Molvena auf den Markennamen Diesel kommen? Eine Marke dürfe nicht alles verraten und müsse Raum für unterschiedliche Assoziationen bieten. Kircher: «Bei Diesel war es damals die Idee des Treibstoffs der modernen Welt.»

Unschlagbarer Coolness-Faktor

Das sehe man heute natürlich anders. «Aber mittlerweile hat die Marke ihre eigene Welt geschaffen und steht für Leidenschaft, Individualität und Selbstverwirklichung», sagt Kircher. Und wofür steht das 2018 in Asola gegründete Modelabel UYN?

«Der Name wird es etwas schwerer haben, da man ihn nicht als Namen sprechen kann, sondern immer die einzelnen Buchstaben aufsagen muss», sagt Kircher. Das sei anstrengender für das Gehirn und man neige dazu, diese «Aufzählung» zu vermeiden.

UYN steht für «unleash your nature», was auf Deutsch so viel heisst wie «entfessle deine Natur». UYN zeigt damit eine Vorliebe der Italiener für englische Namen, wie wir es etwa schon vom 1977 in Bologna gegründeten Label Mandarina Duck kennen.

«Das Englische hat nun mal einen unschlagbaren Coolness-Faktor», sagt Kircher dazu. Italiener seien gegenüber der englischen Sprache sehr aufgeschlossen und «schmücken» sich gerne damit.

Auch bei Nomen sind auf Wunsch italienischer Kunden englische Namen für Modelabels entstanden, wie zum Beispiel Handpicked für Luxury Denim Jeans oder Pull Love für eine Pullover-Marke.

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