Kein Gehetze, kein Gedränge, keine Geldverschwendung: Es wäre so viel einfacher, wir würden uns das Schenken zu Weihnachten sparen. Trotzdem klappern wir auf der Suche nach dem passenden Geschenk für unsere Liebsten Jahr für Jahr Geschäfte ab, surfen im Internet und blättern durch Weihnachtsprospekte.
Warum machen wir zu Weihnachten Geschenke?
Wir tun dies aus gutem Grund: Ohne Geschenke würde unsere Gesellschaft zerbrechen. «Schenken ist sozusagen der soziale Kitt», sagt der Kulturwissenschaftler Mischa Gallati von der Universität Zürich. Denn ein Geschenk erfordert immer ein Gegengeschenk. Durch diesen symbolischen Tausch entsteht eine Verbundenheit. Gallati sieht darin auch den Grund, warum die meisten lieber schenken, als dass sie beschenkt werden. «So kann man selber entscheiden, mit wem man eine Verbindung eingehen will.»
Während man heute die Geschenke direkt austauscht, liess man sich früher mehr Zeit dafür. «Da konnte man Geschenke auch noch Monate später erwidern», sagt der Soziologe Samuel Strehle von der Universität Basel. Man war also nicht direkt quitt und baute so eine Beziehung auf. Denn auch Schuld bindet aneinander.
Schenken ist eine grosse Sache
Sich etwas zu schenken, hat verschiedene Aspekte. Neben Freude, Zuneigung, Liebe und Verbundenheit kann man so auch seine Macht ausdrücken. Strehle: «Wenn die Gabe nicht erwidert werden kann, bringt man den anderen in Verlegenheit.» Der Soziologe warnt: «Wenn man versucht, sich bei den Geschenken zu überbieten, kann man die soziale Beziehung belasten, um die es beim Schenken eigentlich geht.»
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Auch wenn die Geschenke im Laufe der Jahre immer grösser und teurer wurden, ist der materielle Wert letztlich nicht entscheidend. Die Grösse eines Geschenks hängt vielmehr mit der Bedeutung für die jeweilige Person zusammen. Gallati: «Für das Kind ist das grosse Lego-Ritterschloss mehr wert als der kleine Diamantring. Bei der Ehefrau sieht es vermutlich anders aus.» Geschenke können ganz unterschiedlich interpretiert werden. Dabei kann es leicht zu Missverständnissen kommen. Umso wichtiger ist die sprachliche Begleitung beim Schenken. Gallati: «Schenkt man schweigend, gibt es bestimmt im Nachhinein Redebedarf.»
Christkind, Nikolaus oder die Eltern?
Der Brauch, sich zu Weihnachten etwas zu schenken, hat eine wandlungsreiche Geschichte hinter sich. Das Schenken ist eng mit dem heiligen Nikolaus verbunden, der seit dem Mittelalter verehrt wurde. Dieser legte den Kindern am 6. Dezember Geschenke in die Schuhe oder unters Bett. Erst durch Martin Luther wurde der Geschenktermin auf Weihnachten verschoben, da der Kult um einen Heiligen mit der Reformation nicht vereinbar war. «Darum ist bis heute nicht ganz klar, wer die Geschenke bringt», so Gallati. «Wunschlisten gehen an Eltern, den Nikolaus oder das Christkind.»
Zwischen Tradition und Mode
Auch sonst hat sich Weihnachten über die Jahre stark gewandelt. Der Christbaum wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts eingeführt. Das typische Fondue Chinoise wurde erst in den 1970ern populär. Die Religion spielt heute eine sehr viel geringere Rolle als noch vor 50 Jahren. Vielmehr ist Weihnachten mittlerweile ein nahezu vollkommen weltliches Fest, an dem die Familie zusammenkommt. Strehle: «Das Fest passt als Ausgleich sehr gut in unsere schnelllebige Zeit.» Es hält uns an, einen Gang herunterzuschalten, zu pausieren und zu regenerieren. Denn über die Festtage haben die meisten Geschäfte zu. Dann heisst es: kein Gehetze, kein Gedränge, keine Geldverschwendung.
Jedes Jahr wird der Weihnachtsbaum geschmückt – eine Tradition in der Weihnachtszeit. Doch woher kommt der Baum und warum schmücken wir ihn eigentlich?
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Darum feiern auch Atheisten
Warum wir schenken, ist die eine Frage – warum wir überhaupt Weihnachten feiern, eine zweite. Besonders in einer Zeit, in der immer weniger Menschen an Gott glauben. Atheisten-Websites im deutschsprachigen Raum erläutern, warum es auch für Ungläubige absolut okay ist, mitzufeiern: Sie argumentieren, dass Weihnachten nicht eigentlich ein Fest der Christen sei, sondern eines der Heiden, die im Dezember die Wintersonnenwende feierten. Deshalb dürfe man bei den Festlichkeiten getrost mitmachen.