Sie denken immer zuerst an die anderen, würden nie etwas tun, was ihre Mitmenschen enttäuscht oder irritiert und vernachlässigen ihre eigenen Wünsche. «People Pleaser folgen einem Denk- und Entscheidungsmuster, um es ihrem Gegenüber ständig recht zu machen», sagt die deutsche Psychologin Ulrike Bossmann (42). Sie hat ein Buch über People Pleasing geschrieben und erklärt im Gespräch mit Blick die negativen Folgen dieses Phänomens.
Dauerstress
«People Pleaser neigen dazu, sich zu verausgaben», sagt Bossmann. Sie arbeiten beispielsweise länger, übernehmen Aufgaben für andere, sagen zu allem Ja und helfen, auch wenn sie bereits erschöpft sind. Um das alles zu schaffen, vernachlässige ein People Pleaser selbstfürsorgliche Dinge, wie eine Mittagspause oder eine Kaffeepause mit der Kollegin. Es gebe nichts mehr, das den Energietank wieder auffülle. «People Pleaser geraten deshalb häufig in eine Abwärtsspirale», sagt die Expertin. Heisst: Sie sind dauernd gestresst, weil sie mit ihrer begrenzten Zeit und Energie den Aufgaben, denen sie sich annehmen wollen und von denen ständig neue hinzukommen, gar nicht mehr nachkommen.
Niedriges Selbstwertgefühl
Gemäss Bossmann machen People Pleaser ihren Selbstwert von anderen Menschen abhängig. Sie fühlen sich gut und selbstsicher, wenn sie von ihren Mitmenschen Anerkennung und Wertschätzung erhalten. Fällt diese Bestätigung weg, kritisieren sie sich womöglich selbst oder haben das Gefühl, jemand könnte etwas, das sie tun, nicht gutheissen. Die Expertin sagt: «Das Selbstwertgefühl fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen». People Pleaser seien nicht nur sensibel gegenüber positiven Verhaltensweisen ihrer Mitmenschen, sondern auch gegenüber negativen. «Sobald jemand im Gespräch einen komischen Gesichtsausdruck macht, haben sie das Gefühl, die Person irritiert oder enttäuscht zu haben.» Das Selbstwertgefühl von People Pleasern sei also sehr schwankend und insgesamt betrachtet eher niedrig.
Frust statt Respekt
Bossman sagt: «People Pleaser weichen Konflikten aus und nehmen in Diskussionen keine klare Position ein.» Indem sie allem und jedem zustimmen, schimmert ihre richtige Meinung gar nicht nach aussen durch. Anstatt Respekt zu erhalten von den Mitmenschen, bleiben People Pleaser gemäss Expertin konturlos. «Gefälligkeit führt dazu, dass man weniger ernst genommen wird.» Meistens seien People Pleaser sehr lange nachsichtig, bevor ihre Stimmung kippe. «Wenn sie plötzlich selbst auf Hilfe angewiesen sind, aber diese nicht kriegen, sind sie frustriert.»
Unerfüllte Bedürfnisse
«Wer permanent die Bedürfnisse und Interessen von anderen Menschen priorisiert, lebt an sich vorbei und verliert sich», sagt Bossmann. Als Beispiel nennt sie das Thema Ferien: People Pleaser stecken ihren Wunsch nach Ferien am Meer zurück, um es der Partnerin recht zu machen, die nicht weit reisen möchte. Ein People Pleaser äussere das eigene Bedürfnis nicht, weil er befürchte, dass die andere Person es doof finden könnte. Das kann gemäss Expertin dazu führen, dass irgendwann Sinnfragen auftauchen wie: Habe ich all die Jahre immer nur für andere gelebt? Wo sind eigentlich meine Wünsche geblieben? «Dann wird People Pleasern schmerzlich bewusst, dass sie sich selbst vernachlässigt haben.»
Ulrike Bossmann (42) ist promovierte Psychologin, systemische Therapeutin und Coach für Positive Psychologie mit eigener Praxis in Karlsruhe (D). In ihrem Buch «People Pleasing – Raus aus der Harmoniefalle und weg mit dem schlechten Gewissen» beschreibt die Autorin mithilfe von neusten Forschungserkenntnissen und Fallbeispielen die Auslöser und Auswirkungen von People Pleasing. Seit 15 Jahren berät Bossmann Privatpersonen und Organisationen zu Resilienz im Berufsalltag. Ausserdem hilft sie Menschen auf ihrer Online-Plattform soulsweet bei Fragen rund um die psychische Gesundheit.
Ulrike Bossmann (42) ist promovierte Psychologin, systemische Therapeutin und Coach für Positive Psychologie mit eigener Praxis in Karlsruhe (D). In ihrem Buch «People Pleasing – Raus aus der Harmoniefalle und weg mit dem schlechten Gewissen» beschreibt die Autorin mithilfe von neusten Forschungserkenntnissen und Fallbeispielen die Auslöser und Auswirkungen von People Pleasing. Seit 15 Jahren berät Bossmann Privatpersonen und Organisationen zu Resilienz im Berufsalltag. Ausserdem hilft sie Menschen auf ihrer Online-Plattform soulsweet bei Fragen rund um die psychische Gesundheit.
Langfristige Folgen: Die vier genannten Nachteile von People Pleasing würden auf lange Sicht der körperlichen und mentalen Gesundheit schaden, sagt die Expertin. «Sie erhöhen das Risiko für stressbedingte Krankheiten, Angstzustände und Depressionen.» Deshalb sei es wichtig, zu lernen, auch mit sich selbst fürsorglich umzugehen.