Du liest E-Mails mehrere Male durch, bevor du sie abschickst, oder machst vor der Haustür kehrt, um zu kontrollieren, ob du wirklich kein Licht in der Wohnung hast brennen lassen. Danach gehst du nochmals zurück, weil du dir sicher sein willst, die Tür abgeschlossen zu haben.
Wie ausgeprägt diese Art von zwanghaftem Verhalten auch sein mag – man rechtfertigt es schnell einmal mit etwas im Stil von «Mir ist halt wohler so». Redewendungen wie «Doppelt gemoppelt hält besser» oder «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser» suggerieren, dass man damit auf dem richtigen Weg ist. Ein Trugschluss!
Die Vorstellung, dass unser eigenes Handeln schwerwiegende Folgen haben könnte, kann uns ängstlich und unsicher machen, schreibt der Luxemburger Psychologe Sacha Bachim in seinem Sachbuch «Faktencheck Psyche». Es sei also nachzuvollziehen, wieso viele Menschen am liebsten alles, was sie tun, doppelt und dreifach absichern lassen würden.
Wenn du dir wirklich nicht sicher bist, ob du das Bügeleisen glutheiss auf dem Brett hast stehenlassen, weil du unverhofft dein krankes Kind aus der Kita abholen musstest, vergewisserst du dich besser, bevor dein Zuhause in Flammen aufgeht.
Lass dein Umfeld aus dem Spiel!
Doch wenn du täglich dieselben Dinge nachkontrollierst, verlierst du im Alltag nicht nur unnötig Zeit, sondern signalisierst dir selbst, dass du auf deine Fähigkeiten nicht vertrauen kannst. Dazu gehört auch, die Verantwortung auf jemand anderen abzuschieben. Ein Beispiel: «Kannst du bitte nochmals überprüfen, ob ich alles eingekauft habe, was auf dem Zettel stand?»
Als Folge wirst du nicht nur immer unsicherer, sondern verlierst jegliches Gefühl dafür, wie viel Kontrollverhalten überhaupt angebracht ist.
Bachim erklärt das am Beispiel von exzessivem Händewaschen – covidbedingt ein weit verbreitetes, zwanghaftes Verhalten. Bachim rät, sich bewusst zu fragen, wann, wie oft und in welchen Situationen diese Hygienemassnahme sinnvoll ist. Naheliegend wäre nach dem Kontakt mit Schmutz, nach dem Nachhausekommen, nach dem Gang aufs WC und vor dem Essen.
Reicht ein jährlicher Check-up?
Oder für jemanden mit hypochondrischen Zügen, der wegen jedem Bobo zu einem Spezialisten rennt: Vielleicht reichte es, einmal jährlich einen Check-up zur Vorsorge zu machen und sonst nur zum Arzt zu gehen bei Symptomen, die stark belasten.
Sacha Bachim (41) ist Psychologe und Psychotherapeut mit eigener Praxis in Luxemburg. Als Ratgeber-Autor möchte er ein breites Publikum für Erkenntnisse der angewandten Psychologie und Psychotherapie sensibilisieren. Der Vorgänger von «Faktencheck Psyche» heisst «Therapie to go». Beide Ratgeber sind Spiegel-Bestseller.
Sacha Bachim (41) ist Psychologe und Psychotherapeut mit eigener Praxis in Luxemburg. Als Ratgeber-Autor möchte er ein breites Publikum für Erkenntnisse der angewandten Psychologie und Psychotherapie sensibilisieren. Der Vorgänger von «Faktencheck Psyche» heisst «Therapie to go». Beide Ratgeber sind Spiegel-Bestseller.
Bachim empfiehlt, sich in einem ruhigen Moment Situationen zu notieren, in denen man etwas kontrolliert hat, das man nachträglich für gerechtfertigt hält, und das man auch in Zukunft kontrollieren will. Das Bügeleisen auf dem Brett, zum Beispiel.
Wenn man dann in eine Situation kommt, in der sich wieder ein zwanghaftes Kontrollieren einzuschleichen droht, kann man auf der Liste nachsehen, ob dort ähnliche Situationen aufgeführt sind.
Falls nicht, soll man gemäss Bachim so gut wie möglich versuchen, dem Impuls nicht gleich nachzugeben, sondern abzuwarten, bis der Druck womöglich langsam abnimmt.
Wenn nichts hilft...
Bei wem sich aus eigenem Antrieb keine Beruhigung einstellt, kann sich an objektive Empfehlungen halten. Frage zum Beispiel deinen Arzt, wie oft du die Hände waschen, oder in welchen Fällen und wie oft du ihn konsultieren sollst.
Tipp und Ratschläge aus psychologischen Ratgebern sind hilfreich, ersetzten in Notsituationen aber keine psychologische Betreuung. Wenn es dir seelisch nicht gut geht, dann wende dich an einen Therapeuten respektive eine therapeutische Einrichtung.
Oder an die Anlaufstelle Die Dargebotene Hand. (Anonyme Beratung unter Einhaltung der Schweigepflicht. Telefon 143 und online www.143.ch.)
Tipp und Ratschläge aus psychologischen Ratgebern sind hilfreich, ersetzten in Notsituationen aber keine psychologische Betreuung. Wenn es dir seelisch nicht gut geht, dann wende dich an einen Therapeuten respektive eine therapeutische Einrichtung.
Oder an die Anlaufstelle Die Dargebotene Hand. (Anonyme Beratung unter Einhaltung der Schweigepflicht. Telefon 143 und online www.143.ch.)