Auf einen Blick
HPV steht für «humane Papillomaviren». Diese Virusart wurde bereits beim Neandertaler nachgewiesen. Heute sind über 200 verschiedene HPV-Typen bekannt. Eingeteilt werden sie in Niedrigrisiko- und Hochrisiko-Gruppen. Die Übertragung der Viren erfolgt beim Geschlechtsverkehr – sowohl beim vaginalen als auch beim oralen oder analen. Dies erklärt, warum es gerade im Genital-, Mund- und Rachenbereich zu Veränderungen durch eine HPV-Infektion kommen kann. Marc Körnig, Oberarzt der Frauen-Permanence in Zürich, sagt, ob das Virus tatsächlich Krebs auslösen kann und wie man sich schützt.
Blick: Welche Symptome erzeugt eine HPV-Ansteckung?
Marc Körnig: Die Viren aus der Niedrigrisiko-Gruppe sorgen oft für Warzen im Intimbereich oder im Mund-/Rachenraum, bei Männern und Frauen. Diese sind nicht gefährlich, können jedoch ein ästhetisches Problem darstellen oder Symptome wie Juckreiz verursachen.
Viren aus der Hochrisiko-Gruppe können Veränderungen in den infizierten Zellen verursachen, sogenannte «Dysplasie». Sofern keine Kontrolluntersuchungen erfolgen, können diese Zellveränderungen zu einem Krebs fortschreiten. Bei beiden Geschlechtern können der Genitalbereich inklusive Anus und der Mund-/Rachenbereich betroffen sein. Mit Abstand am häufigsten ist jedoch der Gebärmutterhals bei Frauen betroffen. Daher spielen die HP-Viren in der Gynäkologie eine grosse Rolle. Symptome beim Gebärmutterhalskrebs können unregelmässige Blutungen nach dem Geschlechtsverkehr sein. Bei HPV-bedingten Krebserkrankungen treten Symptome oft erst spät auf – umso wichtiger ist die Vorsorge.
Schützen Kondome vor HPV?
Die Verwendung von Kondomen kann die Wahrscheinlichkeit der Übertragung zwar reduzieren, stellt jedoch im Vergleich zur Übertragung von anderen Geschlechtskrankheiten wie Chlamydien keinen effektiven Schutz dar. Menschen, die sexuell aktiv sind, müssen damit leben, dass sie mit HPV in Kontakt kommen. Eine Infektion mit HPV kann aber nicht mit anderen Geschlechtskrankheiten gleichgestellt werden, man kann im Normalfall auch weiterhin Sex haben.
Muss ich als Frau besorgt sein, wenn der Krebsabstrich Auffälligkeiten zeigt?
Nein. Zwischen einem unauffälligen Abstrich und dem Nachweis von Krebszellen gibt es viele Zwischenstufen. Sofern sich die gynäkologische Praxis mit dem Hinweis meldet, dass der Abstrich Auffälligkeiten zeigte, handelt es sich in den allermeisten Fällen um eine solche Zwischenstufe. Meist wird empfohlen, dass der Gebärmutterhals genauer mit einer Lupe angeschaut wird, eine sogenannte Kolposkopie. Zudem sind engmaschigere Kontrollen von Vorteil.
Wann und wie soll man testen?
Ein Screening für von HPV verursachten Veränderungen existiert nur für den Gebärmutterhals bei Frauen. In der Schweiz gilt die Empfehlung, dass ein Gebärmutterhalsabstrich ab dem 21. Lebensjahr abgenommen wird und, sofern er sich unauffällig zeigt, alle drei Jahre wiederholt wird.
Wem empfehlen Sie, sich gegen die Ansteckung mit HPV impfen zu lassen?
Erst einmal handelt es sich bei dieser um eine gut untersuchte, sehr nebenwirkungsarme Impfung, die vor einer potenziellen Krebserkrankung schützt. Gründe, die gegen eine Impfung sprechen, betreffen sehr wenige Menschen, zum Beispiel schwere Reaktionen auf vorherige Impfungen oder ein deutlich eingeschränktes Immunsystem. Empfohlen wird sie vor dem ersten Geschlechtsverkehr – für junge Frauen und seit Januar 2024 offiziell auch für Buben und junge Männer. Ab dem 27. Lebensjahr muss die Impfung selbst bezahlt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass man dann bereits einmal mit HPV infiziert wurde, ist hoch.
Ist eine HP-Infektion eine Vorstufe von Krebs? Oder kann sie zu Krebs führen?
Letzteres ist der Fall, ja. Eine Infektion mit HPV hat primär erst mal keinen Krankheitswert. Sollte der Infekt jedoch über einen längeren Zeitraum bestehen, kann dies zunächst zu Krebsvorstufen und im Verlauf zu einer Krebserkrankung führen.
Wie lässt sich HPV behandeln?
In vielen Fällen wird HPV durch das eigene Immunsystem eliminiert. Sollte dies nicht der Fall sein und HPV zu höhergradigen Zellveränderungen führen, kann zum Beispiel mit einer kleinen Operation der oberflächliche Teil vom Gebärmutterhals entfernt werden. Man nennt diese Operation Konisation. In Ländern mit gut ausgebautem Gesundheitssystem ist Gebärmutterhalskrebs schon heute durch die HPV-Impfung und die Vorsorgeuntersuchungen vermeidbar. Ich plädiere daher eindringlich dafür, sich aktiv für eine Vorsorgeuntersuchung anzumelden.