Das erwarten Mediziner von der mRNA-Technologie
Wir leben nicht länger, aber besser

Der Moderna-CEO Stéphane Bancel verspricht eine höhere Lebenserwartung dank mRNA-Verfahren bei der Krebsbehandlung. Kann das sein? Wir haben mit einem Experten gesprochen.
Publiziert: 24.09.2021 um 08:34 Uhr
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Aktualisiert: 25.09.2021 um 10:10 Uhr
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Das Potenzial von mRNA ist noch längst nicht ausgeschöpft.
Foto: Keystone
Silvia Tschui

Gestern sagte Moderna-Gründer und CEO Stéphane Bancel (49) im Blick, die mRNA-Covid-Impfung sei nur der Anfang einer grossen Medikamenten-Revolution. Denn Moderna stünde bei mRNA-Behandlungen von Krebs und diversen anderen Erkrankungen kurz vor entscheidenden Durchbrüchen. Bancel sagt sogar, unsere bereits hohe Lebenserwartung könnte dank mRNA-Technologien noch einmal signifikant steigen.

Experten sehen keine grosse Lebenszeitverlängerung

Stimmt das? Frank Rühli (49), Professor für Evolutionsmedizin und Leiter des Instituts für Evolutionsmedizin an der Universität Zürich, glaubt nicht an eine signifikante Verlängerung der Lebensjahre durch mRNA-Technologien: «Die globale Lebenserwartung ist seit Beginn des letzten Jahrhunderts kontinuierlich gestiegen – in technologisierten Gesellschaften insbesondere. Doch bei diesen in den letzten Jahren nicht mehr signifikant.»

Tatsächlich lag die Lebenserwartung bis Mitte des 19. Jahrhunderts bei der Geburt bei 30 Jahren. Heute liegt sie weltweit bei 72,4 Jahren. In der Schweiz ist sie noch viel höher: Im Jahr 2019 in der Schweiz geborene Männer haben eine Lebenserwartung von 81,9, Frauen eine von 85,6 Jahren. Dies liege insbesondere am Rückgang der Kindersterblichkeit im letzten Jahrhundert. Heutzutage ist in westlichen Gesellschaften dank guter Hygiene, Impfungen, einer hervorragenden medizinischen Grundversorgung und aussergewöhnlichem Nahrungsangebot die Kindersterblichkeit seit Jahrzehnten sehr tief.

«Sehr viel gibt es bei der Lebenserwartung meiner Meinung nach nicht mehr herauszuholen», sagt Rühli, «auch mit mRNA-Behandlungen nicht.» Er gehe davon aus, dass wir uns langsam einer natürlichen maximalen menschlichen Lebensspanne von neunzig bis hundert Jahren annähern. Heutzutage sei es ja zudem eher so, dass Menschen vermehrt über ihr eigenes Ableben bestimmen wollen – etwa mit Sterbebegleitung.

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Deutliche Verbesserung der Lebensqualität

Wo Rühli aber grosses Potenzial sieht, ist in der Lebensqualität: «Wir stehen hier meiner Meinung nach tatsächlich vor einem Durchbruch», sagt der Medizinhistoriker. «mRNA-Behandlungen könnten die Gesamtgesundheit der Bevölkerung sehr stark verbessern.»

So funktioniert mRNA

Die Abkürzung mRNA bedeutet auf Deutsch Boten-Ribonukleinsäure. Sie trägt die Bauanleitung zur Herstellung von Proteinen mit sich und übermittelt den Körperzellen die Information, wie sie ein Virus-Protein herstellen sollen. Sobald dieses im Körper produziert wird, erkennt es das Immunsystem als körperfremd und produziert so Antikörper gegen das Virus. Die Immunantwort bereitet den Körper auf die Bekämpfung des Virus vor.

Nach einer Infektion oder Impfung bildet sich in den Lymphknoten eine spezialisierte Struktur, das Keimzentrum. Hier wird zum Angriff auf die Krankheitserreger geblasen. Keimzentren, die mit mRNA-Impfstoffen stimuliert werden, gingen auch Monate nach der Impfung kaum zurück.

Angst vor Erbgutveränderungen ist unbegründet. Der Zellkern, wo sich das Erbgut befindet, kommt mit dem Wirkstoff nicht in Kontakt. Und: Unser Erbgut besteht aus DNA. Ein Enzym, das RNA (ein Strang) in DNA (zwei Stränge von Erbinformation) umbauen könnte, gibt es in menschlichen Zellen nicht. Die DNA bleibt also unangetastet.

Die Abkürzung mRNA bedeutet auf Deutsch Boten-Ribonukleinsäure. Sie trägt die Bauanleitung zur Herstellung von Proteinen mit sich und übermittelt den Körperzellen die Information, wie sie ein Virus-Protein herstellen sollen. Sobald dieses im Körper produziert wird, erkennt es das Immunsystem als körperfremd und produziert so Antikörper gegen das Virus. Die Immunantwort bereitet den Körper auf die Bekämpfung des Virus vor.

Nach einer Infektion oder Impfung bildet sich in den Lymphknoten eine spezialisierte Struktur, das Keimzentrum. Hier wird zum Angriff auf die Krankheitserreger geblasen. Keimzentren, die mit mRNA-Impfstoffen stimuliert werden, gingen auch Monate nach der Impfung kaum zurück.

Angst vor Erbgutveränderungen ist unbegründet. Der Zellkern, wo sich das Erbgut befindet, kommt mit dem Wirkstoff nicht in Kontakt. Und: Unser Erbgut besteht aus DNA. Ein Enzym, das RNA (ein Strang) in DNA (zwei Stränge von Erbinformation) umbauen könnte, gibt es in menschlichen Zellen nicht. Die DNA bleibt also unangetastet.


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