Mit dem Song «Scatman» im Ohr hat der äthiopische Langstreckenläufer Haile Gebrselassie (50) einige seiner 27 Weltrekorde auf der Mittel- und Langstrecke aufgestellt. Der schnelle Takt des Liedes habe perfekt zu seinem optimalen Laufrhythmus gepasst und ihn entscheidend angespornt, sagte er 2013 in einem Interview mit der britischen Tageszeitung «Guardian».
Dass Musik einen positiven Effekt auf unsere sportliche Leistungsfähigkeit haben kann, steht laut Jan Rauch (48) ausser Frage. Der Sportpsychologe an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften sagt: «Die richtige Musik motiviert uns. Und der richtige Takt kann uns schneller rennen lassen.» Die zentrale Frage sei jedoch stets, wie Breitensportler die für sie richtige Musik finden.
Es sei wichtig, beim Joggen Musik zu hören, die man bewusst ausgesucht habe, sagt Rauch. Denn: «Die Musik soll eine aufbauende Wirkung haben und positive Gefühle auslösen. Je nach Vorliebe ist von Beethoven bis Beatles alles möglich.»
Musik als Taktgeber und Strukturhilfe
Neben der Motivation hat Musik während des Trainings einen weiteren zentralen Effekt: «Musik kann ein wichtiger Taktgeber sein, der uns mit gleichmässigen Beats zu Höchstleistungen bringt.» Ideal seien Lieder mit eindeutigem Takt. So fällt es uns laut Rauch einfacher, im vorgegebenen Rhythmus zu bleiben, ohne dabei zu viel nachzudenken. Rauch bezeichnet Musik in diesen Fällen als Strukturhilfe im Training.
Jan Rauch (48) studierte in Zürich Psychologie, Soziologie und Kriminologie und absolvierte anschliessend ein Nachdiplomstudium in Sportpsychologie. Heute bietet er am Institut für angewandte Psychologie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften sportpsychologische Beratungen für Einzelsportler und Teams an. Daneben lehrt und forscht er in den Bereichen Sport- und Teampsychologie, Mental Coaching und Positive Psychologie.
Jan Rauch (48) studierte in Zürich Psychologie, Soziologie und Kriminologie und absolvierte anschliessend ein Nachdiplomstudium in Sportpsychologie. Heute bietet er am Institut für angewandte Psychologie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften sportpsychologische Beratungen für Einzelsportler und Teams an. Daneben lehrt und forscht er in den Bereichen Sport- und Teampsychologie, Mental Coaching und Positive Psychologie.
Auch das Tempo eines Liedes spiele eine Rolle, sagt Rauch. Die Faustregel, dass ein Lied mit 120 bis 160 bpm («beats per minute», Schlägen pro Minute) ideal sei, sei wissenschaftlich belegt. Um das passende Lied oder die passende Playlist zu finden, sei allerdings Geduld gefragt, sagt Rauch. Die genaue Schrittfrequenz und die Bewegungsabläufe würden sich zwischen Menschen unterscheiden, auch wenn diese genau gleich schnell rennen. Gegebenenfalls müssen Jogger daher eine Weile nach dem geeigneten Sound suchen und verschiedene Lieder ausprobieren, bis sie den für sie passenden Sound finden.
Achtung vor falsch ausgewählter Musik
Insgesamt habe gut ausgewählte Musik einen positiven Effekt auf die Leistung beim Training, sagt Rauch. Aber: «Ein falsch ausgesuchtes Lied kann im Extremfall die Leistung verschlechtern.» Man jogge dann im falschen Takt und riskiere, den eigenen Laufrhythmus zu missachten. Das führe dazu, dass die Muskeln schnell übersäuern. «Eine Übersäuerung äussert sich durch schwere Beine und ein starkes Brennen der Muskeln. Das ist weder motivierend noch leistungsfördernd.»
Kontraproduktiv kann Musik gemäss Rauch sein, wenn es im Training darum geht, gezielte Bewegungsabläufe einzuüben – zum Beispiel bei einem Training im Rahmen einer Reha oder für die Stärkung spezifischer Muskeln. «In diesen Fällen ist es wichtig, sich voll und ganz auf die Bewegungen zu konzentrieren und sich nicht von der Musik ablenken zu lassen.»