Wer Verletzungen an den Muskeln und Bändern unterschätze, riskiere einen schweren Wiederholungsunfall mit längeren Ausfallzeiten, sagt Andreas Krüger (51). Er ist Facharzt für orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates an den Hirslanden Kliniken in Zürich. Hier erfährst du, wie du richtig reagierst, damit sich der Heilungsprozess nicht hinzieht.
Prellung
Bei einer Prellung wird der Muskel gegen den Knochen gedrückt, wobei die Lymph- und Blutgefässe beschädigt werden. Die geprellte Stelle schwillt an und ein Bluterguss entsteht. Der Experte sagt: «Das Schienbein ist besonders empfindlich, weil es schlecht gepolstert ist und die Knochenhaut sensibel ist.»
Behandlung: Eine Eigenbehandlung sei meist ausreichend, sagt Krüger. «Das Kühlen und Entlasten der geprellten Stelle fördert die Heilung.» Manchmal kommt es nach einer Prellung zu einer Verhärtung, die sich wie ein Knubbel unter der Haut anfühlt. Es handelt sich dabei in der Regel um einen abgekapselten Bluterguss, der gemäss Experte nicht schlimm ist, aber längerfristig bestehen kann. Bei grossen und störenden Verhärtungen sei eine ärztliche Kontrolle sinnvoll.
Heilungsdauer: Eine Prellung ist nach rund 1 bis 2 Wochen geheilt. Prellungen des Weichteilgewebes heilen schneller als Knochenprellungen wie beispielsweise am Schienbein. Grundsätzlich rät Krüger, erst wieder zu trainieren, wenn die Prellung nicht mehr schmerzt.
Verstauchung
Bei einer Verstauchung wird ein Gelenk über den normalen Bewegungsumfang hinaus bewegt. Das kann zum Beispiel passieren, wenn man sich bei einem Sturz mit den Händen aufstützt. Der Experte sagt: «Durch diese Überbewegung entstehen an den Bändern und der Gelenkkapsel Zerrungen und kleine Risse.» Das Handgelenk schwelle an und schmerze.
Behandlung: Ob es sich um eine leichte oder behandlungspflichtige Verstauchung handle, sei für Laien schwierig zu erkennen, sagt Krüger. «Lässt die Schwellung und der Schmerz nach einigen Tagen nach, kann man eine Verstauchung selbst behandeln.» Doch im Zweifelsfall empfiehlt er bei Sportverletzungen immer, sie frühzeitig von einem Spezialisten (Sportarzt oder Orthopäde) kontrollieren zu lassen. Es sei hilfreich, das verstauchte Gelenk zu schonen, mit Bandagen zu stützen und mit kühlenden und schmerzlindernden Sportsalben einzucremen. Auch Natursalben wie Wallwurz- oder Murmeli-Salben würden helfen.
Heilungsdauer: Eine Verstauchung heilt spätestens nach etwa 2 bis maximal 6 Wochen ab. Das Training kann man gemäss Experte stufenweise wieder aufnehmen, wenn man den verletzten Körperteil schmerzfrei bewegen kann.
Muskelzerrung
«Eine Muskelzerrung erkennt man an einem plötzlichen und scharfen Schmerz in der Muskulatur», sagt Krüger. Häufig seien überdehnte oder zu schnell belastete Muskeln, wie etwa explosive Bewegungen, der mögliche Grund für Muskelzerrungen. Auch das Auslassen eines Warm-ups oder Überanstrengung könnten zu einer Zerrung führen.
Behandlung: Gemäss Experte lässt sich der Heilungsprozess fördern, indem man den gezerrten Muskel entlastet. Das Kühlen der Muskulatur und Tragen von speziellen Kompression-Sleeves wirke unterstützend. Auch Sportsalben mit entzündungshemmender und schmerzlindernder Wirkung seien hilfreich.
Heilungsdauer: Bei einer Muskelzerrung dauert es etwa 4 bis 6 Wochen, bis sie verheilt ist. Je nach Schweregrad der Zerrung kann man gemäss Experte nach 2 bis 6 Wochen wieder Sport machen.
Muskelfaserriss
Wenn Muskelbündeleinheiten noch weiter belastet werden, kann es zu einem Riss der Muskelfasern kommen, zum Beispiel in der Wade. Ursachen seien häufig plötzliches Beschleunigen oder Abbremsen, sagt Krüger. Einen Muskelfaserriss erkenne man an einem plötzlichen Schmerz, lokalen Verhärtungen und Blutergüssen. Wenn eine tastbare Delle spürbar ist am verletzten Muskel, muss man gemäss Experte zum Arzt.
Behandlung: Grundsätzlich seien Druckverbände und das Kühlen des verletzten Muskels förderlich, sagt der Experte. «Salben sind immer gut in Kombination mit einer Massage, weil sie die Zirkulation anregen.» Manchmal könne auch eine Physiotherapie helfen. Bei einem schweren Muskelfaserriss am Bein seien möglicherweise Bandagen in Verbindung mit Krücken zur Entlastung notwendig. Je nachdem wie intensiv oder professionell man trainiert, kann der Sportarzt den Muskelfaserriss mit speziellen Therapien behandeln, wie etwa mit einer Elektrotherapie – das ist eine Stromtherapie, die mithilfe von Hautpatches den Reiz überträgt.
Heilungsdauer: Es dauert etwa 4 bis 6 Wochen, bis ein Muskelfaserriss heilt. Gemäss Experte erfolgt der Return-to-Sport schrittweise und unter der Anleitung von einem Sportphysiotherapeuten und einem Reha-Trainer.
Bänderriss
Ein Bänderriss entsteht meist beim Umknicken des Fusses oder beim Verdrehen des Kniegelenks. «Viele Patienten hören ein Zerreissen, Knallen oder Knacken», sagt Krüger. Der Riss sei sehr schmerzhaft, das instabile Gelenk schwelle schnell und stark an und auftreten sei oft schmerzhaft oder sogar unmöglich. Ein grosser Bluterguss sei ein frühes, sichtbares Zeichen für einen Bänderriss und bedeute, dass man die Verletzung ärztlich untersuchen lassen sollte.
Behandlung: Als Erste-Hilfe-Massnahme empfiehlt Krüger, das verletzte Gelenk zu kühlen, hochzulagern und danach mit abschwellenden Salben einzucremen. Folgende Inhaltsstoffe wirken abschwellend: Diclofenac, Hydroxyethylsalicylat, Dimethylsulfoxid, Kampfer, Arnika und Wallwurz. Gemäss Experte wird das Gelenk beim Arzt anschliessend geschient, getapt oder in schwereren Fällen operiert.
Heilungsdauer: Je nach Komplexität dauert es 6 Wochen bis mehrere Monate, bis ein Bänderriss geheilt ist. Ein Ready-to-sport-Test könne hilfreich sein, sagt Krüger, um den richtigen Zeitpunkt zum Wiedereinstieg zu bestimmen und die Chance auf eine erneute Verletzung zu minimieren.