Boom-Sport im Corona-Winter
Lang lebe Langlauf

Früher galt der Sport als langweilig und altmodisch. Heute tummeln sich immer mehr Menschen auf den Loipen. Langlauf hat eine lange Geschichte und boomt im Corona-Winter. Auch im Gantrischgebiet zwischen Bern und Freiburg.
Publiziert: 07.02.2021 um 18:31 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2022 um 23:41 Uhr
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Auf dem Übungsgelände am Gantrisch BE: Rita Wyder (73) unterrichtet Sarah Rüegger (35) (r.), die vor zwei Wochen zum ersten Mal auf den schmalen Skiern stand. Viele in ihrem Bekanntenkreis haben diese Saison mit Langlaufen angefangen.
Foto: Blick / Daniel Kellenberger
Eliane Eisenring

«Sie müssen bei der Wahl der Skier auf die Gewichtsangabe achten», sagt der Langlauflehrer Gregor Wyder (73) und zeigt auf die an der Wand lehnenden Bretter. Da ist von Hand mit Filzstift auf jedem Paar eine Gewichtsangabe vermerkt. 50–60 kg. 70–80 kg. «Das ist wichtiger als die Länge, die stimmt dann von selbst.»

Wyder steht im Vermietungsraum des Langlaufzentrums Gantrisch, das sich im Gurnigel-Berghaus im Kanton Bern befindet. Der Andrang an diesem Sonntagmorgen Ende Januar ist gross. Und das trotz des tristen Wetters: Das ehemalige Militärgebäude unterhalb des Gurnigelpasses ist in dicken Nebel gehüllt. Ein feiner Sprühregen benetzt die zahlreichen Autos, die vor dem Zentrum parkiert sind. Der Schnee aber hat gehalten. Und im betonierten Luftschutzkeller, in dem die Vermietung beherbergt ist, hat es fast keine Skier mehr, weil fast alle vermietet sind.

Gregor Wyder und seine Frau Rita (69) machen sich bereit für die Loipen. Beide betreiben schon seit ihrer Jugend Langlauf. Als sie 1978 nach Bern kamen, liessen sie sich zu Langlauflehrern ausbilden. So viel wie dieses Jahr hatten sie in ihrer 42-jährigen Karriere selten zu tun. Gregor Wyder sagt: «2020/21 hatten wir bisher schätzungsweise ein Drittel mehr Kursanmeldungen.»

Loipen statt Pisten

Langlaufen ist der Trendsport des Corona-Winters. Luzia Wanner von der Dachorganisation der Schweizer Langlaufgebiete Loipen Schweiz erwartet für die Saison 2020/21 einen Verkaufsrekord bei den Langlaufpässen. Schon im Winter 2019/20 wurden schweizweit 32'844 Pässe verkauft, dieses Jahr werden es noch mehr sein.

Langlauf passt perfekt in diese Zeit. Abstandhalten ist kein Problem. Auch die Corona-Falle Skilift fällt weg. Kommt hinzu, dass im Dezember auch in tiefen Lagen aussergewöhnlich viel Schnee lag. Sogar in Winterthur ZH gab es Loipen. Aus diesen Gründen und als weniger gefährliche Alternative zum Skifahren haben viele Schweizer diesen Sport nun für sich entdeckt.

So auch Sarah Rüegger (35) aus Liebefeld BE. Sie wagt im Gantrischgebiet gerade ihre ersten Langlaufversuche. Die Sonne versucht, sich durch den Nebel zu drücken, der Schnee wirft die gleissende Helligkeit zurück. Rüegger setzt sich die Sonnenbrille auf, schlüpft mit den Händen in die Schlaufen ihrer Skistöcke. Vor zwei Wochen stand sie zum ersten Mal auf den Skiern. Eine Freundin hatte sie dazu überredet. Überhaupt hätten viele aus ihrem Bekanntenkreis gerade mit Langlaufen angefangen. «Ich habe aber gemerkt: Es ist schwieriger, als es aussieht», erklärt Rüegger. «Vor allem, wenn man gar keine Erfahrung hat. Ich fahre nicht einmal Ski, ich bin Snowboarderin.» Deshalb hat sie eine Stunde beim Langlaufverein Gantrisch gebucht. Auf der Panzerplatte, einem ehemaligen militärischen Schiessgelände ein Stück oberhalb des Langlaufzentrums, probiert sie unter Rita Wyders Anleitung die Skatingtechnik aus. «Eigentlich fährt man immer nur auf einem Ski», erklärt die Langlauflehrerin ihrer Schülerin und gleitet über den Schnee davon.

«Langläufer leben länger»

Der Weg zum Massensport war in der Schweiz lang. Menschen nutzen Skier schon seit Jahrtausenden, allerdings nicht zum Freizeitvergnügen. Felszeichnungen in China zeigen, dass sich Jäger schon vor 10'000 Jahren auf Brettern durch den Schnee bewegten. So kamen sie ihrer Beute schneller hinterher. Ähnliche Zeichnungen, etwa 4500 Jahre alt, gibt es in Norwegen. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts verrichteten Boten der schwedischen und finnischen Post ihren Dienst auf Skiern.

In der Schweiz wurden 1863 erstmals Gleithölzer aus Tannenholzbrettern gebaut, und zwar von einem Schreiner in Sils GR. Zu der Zeit wurde aus dem reinen Fortbewegungsmittel ein Sportgerät: In Norwegen fanden schon 1843 Rennen mit Zeitmessung statt, 1924 war Langlauf eine Disziplin bei den ersten Olympischen Winterspielen.

Doch erst in den 1960er-Jahren entbrannte in der Schweiz das Langlauffieber. «Die Erfolge der Schweizer Langläufer an den Olympischen Winterspielen in Grenoble (F) haben mit dazu beigetragen, diese wertvolle Sportart in der Schweiz zu propagieren und ihr zur Volkstümlichkeit zu verhelfen», schrieb der Schweizer Sportjournalist Karl Erb in einer Ausgabe der offiziellen Reisezeitschrift der Schweiz im November 1969. Einer der grössten Förderer des Sports war der Verein «Langläufer leben länger» (LLL) aus Luzern. Mittlerweile nehmen am Engadiner Skimarathon jährlich rund 14'000 Wintersportbegeisterte teil.

In der Schweiz gibt es aktuell ein Loipennetz von rund 5500 Kilometern, und zum Verband Schweizer Langlaufschulen gehören 59 Ausbildungsstätten. Unter ihnen die Swiss Nordic School Gantrisch, die 2018 ihr fünfzigjähriges Bestehen feierte und einer der ältesten Langlaufvereine der Schweiz ist.

Körperlich aktiv, im Kopf ruhig

Corona ist ein guter, aber nicht der einzige Grund, weswegen es sich lohnt, Langlauf auszuprobieren. Als eine der wenigen Sportarten trainiert Langlauf den ganzen Körper: Beine, Arme und Rumpf sind aktiv. Ausserdem ist die Bewegung eine Mischung aus Ausdauer und Kraft. Gregor Wyder schreibt seine mit 73 Jahren immer noch anhaltende Fitness mehrheitlich dem Langlauf zu: «Die Bewegung draussen bei jedem Wetter tut gut.»

Und auch mental sorgt der Sport für Wohlbefinden. «Das Dahingleiten durch schöne Landschaften und der Kontakt mit anderen Langlaufbegeisterten sind für mich eine grosse Befriedigung», so Wyder. Viele betreiben Langlauf, um zu entspannen und die winterliche Natur zu geniessen.

Kommt hinzu, dass Langlaufen im Vergleich zu anderen Sportarten sehr kostengünstig ist. Den Schweizer Langlaufpass gibt es für 140 Franken pro Saison. Viele Wintersportgebiete stellen ihre Loipen sogar gratis zur Verfügung. Und auch die Ausrüstung ist schnell beisammen: Schuhe gibt es ab 75 und Skier ab 130 Franken; Stöcke aus Aluminium für 16, solche aus Carbon ab 76 Franken. Alternativ kann das Equipment für 10 bis 20 Franken gemietet werden.

Rita Wyder ist davon überzeugt, dass Langlauf auch in Zukunft beliebt sein wird. Interessierten rät sie, «die ersten Schritte auf den Langlaufskiern unter fachkundiger Begleitung und Anleitung zu machen». Viele Menschen unterschätzten nämlich, «dass es einiges braucht, bis man gut langlaufen kann, und dass es körperlich anstrengender ist, als es im Fernsehen aussieht».

So scheint es auf jeden Fall auf der Panzerplatte im Gantrischgebiet: Langläufer streichen sich die verschwitzten Haare aus dem Gesicht und stützen sich auf ihren Stöcken ab. Sarah Rüegger ist mittlerweile fertig mit ihrer Stunde. Sie trinkt einen Schluck von ihrem mitgebrachten Apfelsaft. Ein bisschen übt sie noch, bevor das Postauto sie vom verschneiten Berg zurück ins verregnete Tal bringt.

Tipps fürs Langlaufen

Sechs Tipps für Langlauf-Anfänger:

  1. Achten Sie darauf, dass die Schlaufen an den Stöcken passend eingestellt sind – eng, aber angenehm.
  2. Kleiden Sie sich so, dass Ihnen beim Start leicht kühl ist. Am besten mehrere Schichten übereinander.
  3. Stellen Sie sicher, dass die Stocklänge stimmt: Beim Skating bis zum Kinn, klassisch bis zur Schulter.
  4. Lassen Sie in Abfahrten den Ski so lange gleiten wie möglich.
  5. Sie lkönnen eichter die Balance halten, wenn Sie die Zehen leicht strecken und spreizen.
  6. Beugen Sie bei jedem Schritt aktiv das Sprunggelenk, um Tempo zu erzeugen.

Sechs Tipps für Langlauf-Anfänger:

  1. Achten Sie darauf, dass die Schlaufen an den Stöcken passend eingestellt sind – eng, aber angenehm.
  2. Kleiden Sie sich so, dass Ihnen beim Start leicht kühl ist. Am besten mehrere Schichten übereinander.
  3. Stellen Sie sicher, dass die Stocklänge stimmt: Beim Skating bis zum Kinn, klassisch bis zur Schulter.
  4. Lassen Sie in Abfahrten den Ski so lange gleiten wie möglich.
  5. Sie lkönnen eichter die Balance halten, wenn Sie die Zehen leicht strecken und spreizen.
  6. Beugen Sie bei jedem Schritt aktiv das Sprunggelenk, um Tempo zu erzeugen.
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