Darum gehts
- Lauren Wildbolz lanciert vegane Smoothies als Mahlzeitersatz für den urbanen Alltag
- Trinknahrung als Ergänzung, nicht als dauerhafter Ersatz für Mahlzeiten empfohlen
- Preis pro Smoothie beträgt rund 21 Franken, mehr als viele für eine Mahlzeit zahlen
Pastellfarben, cremige Konsistenz, Farbverläufe – die Smoothies von «Miss Liquid» tragen Namen wie «Strawberry Galaxy» oder «Alien Princess». Jeder Becher wirkt wie ein stylisches Accessoire. Angeboten werden sie derzeit in einem kleinen, eher unscheinbaren Stand in einer Papeterie in Zürich-Enge.
Zur Mittagszeit bleibt der Andrang aus. Manche Kundinnen kommen neugierig, studieren den Aufsteller– und gehen wieder. Andere greifen zu. Eine Frau, die mit einem leuchtend blauen Smoothie aus dem Laden tritt, macht ein Foto. Etwa 15 Minuten später kommt sie mit ihrem Partner zurück, um auch für ihn einen Smoothie zu holen.
Lauren Wildbolz (44) ist Kochbuchautorin, Künstlerin – und eine der bekanntesten veganen Köchinnen der Schweiz. Mit ihrem neuen Start-up Miss Liquid lanciert sie ein Ernährungskonzept für den urbanen Alltag: vegane Smoothies, die eine vollwertige Mahlzeit ersetzen sollen – und das für 21 Franken pro Becher.
Smartphone in der einen, Smoothie in der anderen Hand
Die Zielgruppe sind Menschen mit vollem Terminkalender, die nicht auf gesunde Ernährung verzichten wollen. Statt kochen und kauen: trinken und weitergehen. In einem Instagram Reel des Unternehmers Alan Frei (43), der Start-up-Gründerinnen und -Gründer porträtiert, beschreibt Wildbolz ihr Konzept so: ein Smoothie in der einen Hand, das Smartphone in der anderen.
Alle Produkte von Miss Liquid sind pflanzlich und basieren auf fermentierter Hafermilch. Ergänzt werden sie durch Zutaten wie Früchte, pflanzliche Proteine, Nussmus, Matcha oder Kollagen.
Für Ernährungswissenschaftlerin Christine Brombach (62) ist Trinknahrung eine Ergänzung – kein Ersatz: «Ich sehe sie eher als kleinere Mahlzeit oder als Zwischenmahlzeit.» Wenn ein Smoothie ausreichend Eiweiss, gesunde Fette und Ballaststoffe enthält, könne er kurzfristig eine Mahlzeit ersetzen. Doch als langfristiger Ersatz sei er kritisch zu betrachten.
Essen wird Nebensache – und hat seinen Preis
Denn: Essen ist mehr als Nährstoffaufnahme. Flüssignahrung verlangt kaum Kauen – das kann das natürliche Sättigungsgefühl mindern. «Wenn es wirklich mal schnell gehen muss, ist das okay», so Brombach. Aber man könne sich in solchen Momenten auch etwas Ausgewogenes in der Bäckerei oder im Supermarkt holen. Der Trend zu flüssigem Essen entferne uns ein Stück weit vom ursprünglichen Lebensmittel – und könne auf Dauer die Wertschätzung für Vielfalt und Zubereitung mindern. Wer ständig nebenbei isst oder trinkt, nimmt sich kaum noch bewusst Zeit fürs Essen.
Auch in den Kühlregalen von Coop oder Migros begegnet man inzwischen immer öfter Trinkmahlzeiten – etwa von Yfood oder Emmi. Sie versprechen ebenfalls schnelle Sättigung, allerdings zu deutlich niedrigeren Preisen.
Auffällig ist der Preis: 21 Franken pro Smoothie – mehr, als viele für eine Mahlzeit zahlen würden. Wildbolz verweist auf die hochwertigen Zutaten, doch bleibt die Frage, wie zugänglich solches Convenience-Essen ist. Gesunde Ernährung wird zum Lifestyle-Statement – ein Angebot, das wohl vor allem eine urbane Nische anspricht.