Sich während Schwangerschaft und Stillzeit ausgewogen und zuckerarm ernähren
Das Kind nehme schon im Mutterleib Geschmäcker über das Fruchtwasser wahr, sagt die Kinderärztin und Expertin für Kinderernährung Beatrice Müller. «Was die Mutter während der Schwangerschaft konsumiert, hat einen Einfluss auf die Gesundheit des Kindes.» Dabei gehe es auch um Geschmacksvorlieben: Was das Kind aus dem Mutterleib kenne, werde es später im Leben bevorzugen. «Nimmt die Mutter viel Zucker zu sich, kann es schwierig sein, dem Kind später Zucker abzugewöhnen.» Ausserdem bedeute viel Zucker ein Risiko für Übergewicht und einen erhöhten Insulinbedarf.
Kein freier Zucker in den ersten zwei Lebensjahren
Die Essgewohnheiten des Menschen werden in den frühen Lebensjahren geprägt. Wer seine Kinder zuckerarm ernähre, trage zu einem langfristig gesunden Essverhalten bei, sagt Müller. «Wegen schlechter Deklaration ist es für Eltern aber teils schwierig, natürlichem von raffiniertem Zucker in Lebensmitteln zu unterscheiden.» Auf vielen Produkten stehe oft einfach ‹Zucker›. Diese Unsicherheit lasse sich umgehen, indem Eltern auf Fertigprodukte verzichten. Anstatt ein zuckerhaltiges Fruchtjoghurt zu kaufen, empfiehlt Müller, Naturjoghurt mit frisch pürierten Früchten zu vermischen. Immerhin: Bei Babynahrung seien die Hersteller meist bedacht, auf freien Zucker zu verzichten. Problematisch werde es bei Lebensmitteln wie Säften, Joghurts, Riegeln und Quetschies.
Nur fünf Prozent des Energiebedarfs in Form von freiem Zucker essen
Auch über das zweite Lebensjahr hinaus sollte der Zuckerkonsum gering sein, sagt Müller. Die Empfehlung, man solle nicht mehr als fünf Prozent des Energiebedarfs in Form von freiem Zucker zu sich zu nehmen, stamme von der WHO. Für zwei- bis vierjährige Kinder wären das höchstens vier Teelöffel Zucker pro Tag (15 Gramm), für zehn- bis zwölfjährige sechs Teelöffel (22 Gramm). «Natürlich kann man auch mal Ausnahmen machen», sagt Müller. Zum Beispiel an einem Fest oder Kindergeburtstag. «Wichtig ist, dass man sich über lange Dauer in diesem Schnitt bewegt.»
Eine Portion Süsses pro Tag, am besten direkt nach einer Mahlzeit
Konsumiert man Süssspeisen, steigt der Blutzucker schnell an. Müller: «Der Körper schüttet viel Insulin aus, so dass der Blutzuckerspiegel schnell wieder sinkt.» Solche Schwankungen führen zu Heisshungerattacken und belasten den Stoffwechsel. Wer hingegen direkt nach den Hauptmahlzeiten etwas Süsses zu sich nimmt, belastet den Stoffwechsel weniger. «Man nimmt damit noch Brot, Ballaststoffe oder Gemüse zu sich. Der Blutzuckerspiegel steigt so weniger schnell an, und man ist länger satt.»
Wasser und ungesüssten Tee trinken
Bereits 200 Milliliter Orangensaft decken den Zuckerbedarf von Kindern vollständig ab», sagt Müller. Bei Süssgetränken reiche oft sogar noch weniger. Deswegen rät die Kinderärztin, den Kleinen nach Möglichkeit Wasser und ungesüssten Tee anzugewöhnen. «Wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, behält man die Vorliebe meist bei.» Für Eltern sei das zudem ein einfach durchsetzbares Mittel, um den Zuckerkonsum ihrer Kinder zu regulieren. «In der Schule und im Pubertätsalter kann es zwar schwierig sein, das zu kontrollieren. Da müssen Eltern mit ihren Kindern im Gespräch bleiben.»
Kindern geschnittene Früchte anbieten
Als Snack zwischendurch eignen sich laut Beatrice Müller geschnittene Früchte viel besser als Schoggi-Riegel oder Süssigkeiten. «Früchte sind süss, aber gesund. Kinder nehmen durch sie natürlich vorkommenden Zucker zu sich.» Eine Banane oder weichgekochte Apfel-Stückchen könne man schon Kindern unter zwei Jahren geben. «Zu gross oder zu hart dürfen die Stücke nicht sein, da sich die Kinder sonst verschlucken könnten.»
Süsses nicht als Belohnung geben
«Den Kindern dann Süsses zu geben, wenn sie etwas gut gemacht haben, setzt falsche Signale», sagt Müller. «Ausserdem soll eine Belohnung ja etwas Gutes sein. Süssigkeiten tun dem Kind aber nicht gut.» Besser sei es, andere Formen der Belohnung – Erlebnisse, Ausflüge, oder kleine Geschenke – zu wählen. Kinder würden sonst die Grenzen ausloten und sich so verhalten wollen, dass sie mehr Süssigkeiten erhalten.
Sich mit dem Umfeld absprechen
Alle oben beschriebenen Tipps würden wenig bringen, wenn die Kinder, sobald sie bei Freunden, bei der Gotte, oder bei den Grosseltern seien, viel Süssigkeiten kriegen, sagt Müller. «Es ist wichtig, dass das gesamte Umfeld mitmacht und am selben Strick zieht.» Gerade weil das Angebot an zuckerhaltigen Nahrungsmitteln in unserer Gesellschaft heute derart gross sei.
Mehr zum Thema Zucker gibt es auch im Wissenschaftspodcast «Durchblick»: als Video hier bei Blick, auf allen gängigen Audio-Streaming-Plattformen (Spotify, Apple Podcasts) sowie auf YouTube.