Sagen aus den Alpen
In der Schweiz leben Teufel und Drachen

Der Schweizer Alpenraum ist reich an Sagen. Besonders im Bündnerland gibt es unzählige mystische Volkserzählungen. Eine Ausstellung im Landesmuseum Zürich widmet sich von Dezember bis April den Geschichten.
Publiziert: 16.12.2022 um 18:08 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2022 um 21:32 Uhr
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Die Ausstellung ist ebenso mystisch wie die Erzählungen, die sie zum Leben erweckt.
Foto: Schweizerisches Nationalmuseum
Jana Giger

Zwischen dunkelgrünen Tannenwäldern, kalten Bergbächen und urchigen Alphütten erzählen sich die Menschen seit Hunderten von Jahren Sagen. Kurze Erzählungen über Geister, Hexen, Drachen oder den Teufel. Düstere Geschichten, bei denen man nie genau weiss, was davon wahr ist. Einigen von ihnen widmet sich die Ausstellung «Sagen aus den Alpen» bis am 23. April im Landesmuseum Zürich.

Im Fokus steht Graubünden. Der Kanton ist wegen seiner Dreisprachigkeit besonders spannend und, was Sagen angeht, relativ gut erforscht. Die Mehrheit der Bündner Sagen handelt von Hexen. Schadenzauber, Tierverwandlung oder Hexensabbat sind darin zentrale Motive.

Der Bär im Val Sumvitg

In dieser Sage erschiesst ein Jäger im Val Sumvitg, einem Tal in Graubünden, einen Bären. Aus dem erlegten Tier fliesst aber nicht Blut, sondern Mehlsuppe mit Kirschen. Kurz darauf läutet die Totenglocke und der Jäger erfährt, dass gerade eine Frau mit schlechtem Ruf gestorben ist. Für ihn ist klar, dass das Tier eine Hexe in Bärengestalt war.

In dieser Sage erschiesst ein Jäger im Val Sumvitg, einem Tal in Graubünden, einen Bären. Aus dem erlegten Tier fliesst aber nicht Blut, sondern Mehlsuppe mit Kirschen. Kurz darauf läutet die Totenglocke und der Jäger erfährt, dass gerade eine Frau mit schlechtem Ruf gestorben ist. Für ihn ist klar, dass das Tier eine Hexe in Bärengestalt war.

Zwischen Fiktion und Realität

Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Räume. Diese sind ebenso mystisch wie die Erzählungen, die sie zum Leben erwecken. In der Mitte wächst ein Baum aus dem Boden, angestrahlt von blauem Licht. In einer Ecke stehen unzählige Kerzen auf dem Boden, deren Flammen sich in einem Spiegel reflektieren. Entlang der Wände befinden sich Objekte aus den Sagen: die vermeintliche Armbrust von Wilhelm Tell oder ein Kreuz mit Nägeln, das in «Abwehr des Toggeli» einen Geist vertreiben soll.

Im Gegensatz zu Märchen sind Sagen mit realen Orten verknüpft. Die Wissenschaft unterscheidet verschiedene Typen. In historischen Sagen wie etwa derjenigen von Wilhelm Tell tauchen reale oder vermeintlich reale Figuren an existierenden Orten auf. Dämonische Sagen hingegen handeln vom Übernatürlichen, Unheimlichen. Drachen, Teufel oder Geister treiben ihr Unwesen, Taten werden bestraft oder Katastrophen drohen. «Die Mischung aus Realität und Fiktion ist genau das, was die Menschen daran fasziniert», sagt Daniela Schwab, Kuratorin der Ausstellung.

Von Mund zu Mund

Sagen sind eine Kombination aus Mündlichem und Schriftlichem. Sie entstehen, indem Menschen sich Gelesenes weitererzählen. Dadurch verbreiten sie sich, wandeln sich dabei aber auch ab. Vom «Sennentuntschi» gibt es, in der Alpenregion verstreut, verschiedene Versionen. Im Januar kommt die Puppe aus dieser Sage ins Landesmuseum. Weil es Verzögerungen gab, ist sie zurzeit nur als Foto präsent.

Das Sennentuntschi

In der Sage vom Sennentuntschi geht es um die Sehnsüchte und Wünsche der Sennen. Diese basteln eine Puppe, geben ihr Essen, spielen und sprechen mit ihr. Nachdem sie die Puppe getauft haben, wird sie plötzlich lebendig. Sie rächt sich an einem der Sennen, indem sie ihn tötet und seine Haut auf das Dach spannt.

In der Sage vom Sennentuntschi geht es um die Sehnsüchte und Wünsche der Sennen. Diese basteln eine Puppe, geben ihr Essen, spielen und sprechen mit ihr. Nachdem sie die Puppe getauft haben, wird sie plötzlich lebendig. Sie rächt sich an einem der Sennen, indem sie ihn tötet und seine Haut auf das Dach spannt.

Die ersten Vermittler von Sagen gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Jemand, der sich in der Schweiz Sagen erzählen liess und sie aufgeschrieben hat, war der Aargauer Lehrer Arnold Büchli (1885–1970). Mit der «Mythologischen Landeskunde von Graubünden» schuf er die umfassendste Sagensammlung der Schweiz.

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