In einer idealen Schule stehen nicht die Grundfertigkeiten Lesen, Rechnen und Schreiben im Zentrum – und auch nicht Disziplin und Leistung. Nein, in erster Linie sollen Kinder in der Schule Toleranz und Respekt lernen. Das Forschungsinstitut Sotomo hat im Auftrag der Stiftung Mercator Schweiz gut 7700 Personen ab 16 Jahren in allen Landesteilen befragt. Ausgewählte Forschungsergebnisse der repräsentativen Studie im Überblick:
Was und wie lernen?
Was sollen die Kinder aus der Schule fürs Leben mitnehmen? Mehrere Antworten durften angeklickt werden. Am meisten Zustimmung bekommen mit 78 Prozent Toleranz und Respekt. Lesen, schreiben und rechnen lernen erhalten 76 Prozent. Hingegen finden weniger Befragte Disziplin und Leistungsbereitschaft wichtig (43 Prozent) oder die Fähigkeit, sich unterordnen zu können (16 Prozent).
Jeweils drei Viertel stimmen der Aussage zu, dass Kinder ohne Druck durch die Schulzeit gehen sollen. Und dass die Lehrpersonen Wissen vermitteln sollen, das Kinder auf die Welt der Erwachsenen vorbereitet.
Im eigenen Tempo
Alle lernen in einer Klasse gleichzeitig dasselbe? Das muss nicht sein: Vier von fünf Befragten finden, dass jedes Schulkind gemäss eigenem Tempo und Fähigkeiten lernen können sollte.
Das sagt die erfahrenste Lehrerin über die Volksschule
Dies gelingt heute noch nicht gut, wie eine vertiefte Befragung der Eltern zeigt: 13 Prozent gaben an, ihr Kind sei unterfordert. Überfordert sind hingegen 8 Prozent der Kinder an der Primarschule und 9 Prozent der Kinder an der Oberstufe. Jedes fünfte Kind wird also nicht seinem Niveau entsprechend gefördert. «Die Schule wird ganz vom Gleichschritt wegkommen müssen», sagt dazu Daniel Auf der Maur (50) von der Stiftung Mercator Schweiz.
Psychische Gesundheit
Besonders wichtig ist es Eltern, dass es ihrem Kind in der Schule wohl ist – dies liegt 84 Prozent der Befragten am Herzen. Heute steht es damit offenbar noch nicht so gut. Denn nur die Hälfte der Eltern gibt an, ihr Kind besuche die Schule gerne. Ein Drittel der Eltern findet, ihr Kind sei wegen der Schule häufig gestresst.
Mehr zum Thema Lernen
Jedes zehnte Kind fürchtet sich vor dem Schulbesuch, wird gemobbt oder gerät regelmässig in Konflikte mit anderen Kindern. «Diese hohen Zahlen geben mir Gänsehaut», sagt Bildungsexpertin Rahel Tschopp (52). Sie sieht darum dringenden Handlungsbedarf.
Schulen sollten mehr tun bei Mobbing oder psychischen Problemen von Schulkindern: Neun von zehn Eltern von betroffenen Kindern fühlten sich nicht genügend unterstützt.
Noten und Selektion sollen bleiben
Keine Mehrheit findet die Idee, Noten oder Hausaufgaben abzuschaffen. Allerdings zeigen sich Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen von Befragten: Mehr als die Hälfte der Eltern von Kindergarten- und Primarschulkindern sind dafür, Noten abzuschaffen. «Die Diskussion um die Abschaffung der Noten wird von den Betroffenen getragen», sagt Viviane Leupin (38) von der Stiftung Mercator Schweiz.
Zwei Drittel aller Befragten wollen an der Selektion festhalten: Kinder sollen weiterhin aufgrund ihrer Leistungen auf verschiedene Oberstufentypen aufgeteilt werden.
Neue Lerninhalte
Digitalisierung soll verstärkt zum Schulthema werden und Schulen sollten häufiger spezielle Projekte durchführen. Den Befragten ist indes bewusst, dass sich in diesem Bereich viel getan hat: Die heutigen Lernformen und Unterrichtsthemen sehen sie als Fortschritt im Vergleich zu ihrer eigenen Schulzeit.
Teilhabe der Eltern
Die Mehrheit der Eltern wünscht sich mehr Transparenz und Informationen von den Schulen, auch mehr Möglichkeit zur Mitsprache. «Bei der Elternmitwirkung gibt es noch viel Luft nach oben. Die Eltern stark einzubeziehen, ist für die Lehrpersonen anstrengend, aber enorm wichtig», sagt Pädagogin Rahel Tschopp. «Ich bin überzeugt, das müssen wir viel stärker machen.»
Image der Lehrpersonen
Mit dem Ruf von Lehrerinnen und Lehrern stand es nicht immer zum Besten. Hier hat sich aber viel getan: Die Befragung zeigt eine grosse Wertschätzung gegenüber der Arbeit von Lehrpersonen. Vier von fünf Personen anerkennen den Job als anspruchsvoll. Die Aussagen, Lehrpersonen hätten zu viel Ferien oder verdienten zu viel, bekamen geringe Zustimmungswerte (24, respektive 18 Prozent). Drei von fünf Personen finden zudem, dass quer- und neueinsteigende Lehrpersonen eine Chance für die Schule sind.