Auslöser war ein Foto von US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden, 77, und seinem Sohn Hunter, 50. Das Schwarz-Weiss-Bild zeigt Vater und Sohn in inniger Umarmung. Biden Junior schaut direkt in die Kamera, während Papa Joe ihm einen dicken Kuss auf die Backe drückt.
Dem konservativen TV-Moderator John Cardillo stiess diese Szene sauer auf. Auf Twitter fragte er seine 278'000 Follower: «Sieht das für euch nach einer angemessenen Vater-Sohn-Interaktion aus?» Zahlreiche User klinkten sich ein und zeigten sich empört über die körperliche Nähe zwischen den Bidens. «Nichts gegen einen zärtlichen Kuss, aber das ist gruselig. Ich frage mich, was in dieser Familie hinter verschlossenen Türen sonst noch passiert ist», ist nur eine der Antworten.
In die Diskussion mischte sich auch Elizabeth Plank, eine kanadische Journalistin und Autorin, die sich in ihrer Arbeit mit der Abkehr von toxischer hin zu achtsamer Männlichkeit beschäftigt. Plank forderte ihrerseits die Männer in ihrer Twitter-Community auf, Bilder von sich mit ihren Vätern in inniger Umarmung zu schicken.
Ein liebevolles Bild
Das Resultat waren Dutzende Retro-Bilder, aktuelle Fotos von jungen Papas mit ihren Söhnen und Schnappschüsse von erwachsenen Männern und ihren Vätern. Oft war zu lesen: «Mein Vater ist gestorben. Ich würde alles dafür geben, ihn nochmals so zu halten!»
Zahlreiche User vermuteten, dass John Cardillo eine gesunde und liebevolle Beziehung zu seinem Vater verwehrt geblieben sein muss. Anders könnten sie sich nicht erklären, weshalb er mit dem Biden-Bild ein derartiges Problem habe. Mehrere Leute rieten ihm zu einer Psychotherapie, um «dieses Trauma aufzuarbeiten».
Zärtlichkeiten zwischen Vätern und Söhnen sind für eine gesunde Entwicklung von grosser Bedeutung. Hier drei Gründe, warum:
1. Körperbewusstsein
Damit Jungs ein gutes Körpergefühl entwickeln können, brauchen sie Umarmungen, Küsse und Kitzelattacken. Durch Berührungen lernen sie nicht nur, was sich gut anfühlt und was nicht, sondern auch, die körperlichen Grenzen ihrer Mitmenschen zu akzeptieren – was für ihr späteres Leben essenziell ist. Wenn ihre Väter in diesem Lernprozess eine starke Rolle einnehmen, hat das auf ihre Buben Signalwirkung.
2. Resilienz
Körperlicher Kontakt ist ein Ausdruck von Vertrautheit und Liebe. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass ein Kind, welches sich akzeptiert und geliebt fühlt, leichter es selbst sein kann. Diese Erfahrung verhilft ihm zu mehr Selbstvertrauen – und letztlich zu mehr Resilienz, also psychischer Widerstandsfähigkeit. «Ein gemeinsamer Nenner von resilienten Menschen sind Bezugs- und Vertrauenspersonen, die sie lieben und die an sie glauben», sagt Resilienz-Coach Antoinette Wenk im Interview mit schweizer-illustrierte.ch.
3. Gesundheit
Körperkontakt ist essenziell für unsere Gesundheit. Es gibt wissenschaftliche Studien dazu, dass Babys, die keine körperliche Zuneigung bekommen, krank werden und sterben können. Und wusstet ihr, dass fiebrige Kinder durch körperliche Nähe genesen können? Lest dazu unseren Artikel aus dem Dossier Erkältungszeit. Was das mit den Vätern zu tun hat? Ganz einfach: Nirgendwo steht geschrieben, dass nur Mütter für Zärtlichkeiten zuständig sind.
Es ist höchste Zeit, alte Rollenbilder aufzuspalten, denn Männlichkeit hat viele Gesichter. Buben wollen, genauso wie Mädchen, geschmust, umarmt und geknuddelt werden. Auch ihnen tut es gut, in einem zärtlichen Umfeld aufwachsen – mit liebevollen Vätern oder männlichen Vorbildern, die sich nicht vor Berührungen, Umarmungen und Küssen scheuen.
Dieser Artikel wurde vom Family-Channel der «Schweizer Illustrierte» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.schweizer-illustrierte.ch/family
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