Fabienne Hadorn (48) ist Teil der neuen SRF-Comedy Show «Die Sendung des Monats», aber eine Newcomerin ist sie nicht. Seit über zwei Jahrzehnten arbeitet sie als Schauspielerin, Regisseurin und Kabarettistin. Im Luzerner Tatort spielte sie eine nerdige Spezialistin für Spurensicherung.
Frau Hadorn, sind Sie erleichtert nach der ersten «Die Sendung des Monats»?
Hadorn: Erleichtert ist das falsche Wort, aber ich bin froh, habe ich jetzt den Kopf frei, um an meiner Solo-Show-Serie «Kaboom Room», die im Herbst auf die Bühnen kommt, zu arbeiten. Vorher ging das nicht, wir haben bis zur letzten Sekunde vor der Sendung noch Ideen ausgetauscht und an den Inhalten gefeilt.
Wie läuft so eine Zusammenarbeit ab?
Es ist Teamarbeit. Renato Kaiser und Gabriel Vetter sind die Hauptautoren. Wir Moderatoren können aber auch noch ausprobieren, was wie funktioniert und Vorschläge machen.
Und? Zufrieden mit der ersten Show?
Grundsätzlich schon. Ich glaube aber, wir dürfen noch sehr viel frecher, unerwarteter und spontaner werden. Aber das Team muss Zeit haben, zusammenzuwachsen. Es sind alles sehr kreative Leute. Was ich auch super finde: Wir sind alle ursprünglich Landeier, die später in die Stadt gezogen sind.
Warum finden Sie das wichtig?
Weil so nicht so ein Stadt-Land-Graben entsteht. Und weil aus solchen Gegensätzen natürlich auch Spannung und Komik entsteht.
Wie kam es zur Zusammensetzung des Teams?
Ich kann nur von mir berichten. Ich wurde für ein Casting angefragt. Renato Kaiser kannte mich als Regisseurin der Satireshows «Bundesordner» und «Kaiserschmarren» vom Casinotheater Winterthur.
Im Frühling haben Frauen gestreikt, weil das SRF nur Comedy-Shows von Männern plante. Fühlen Sie sich jetzt als Quotenfrau?
Ich habe mir das schon sehr gut überlegt. Aber dann dachte ich: Jemand muss. Unbedingt. Und ich bin ja nicht mehr jung, sondern etabliert. Es gibt, dachte ich, deshalb zwei mögliche Resultate: Entweder ich sinke. Dann mache ich aber immerhin den Winkelried und bereite die Bresche, damit andere, jüngere Frauen nachrücken können, weil Comedy-Frauen am Bildschirm danach ein Stück normaler sind.
Oder?
Oder ich schwimme. Und dann bin ich in einer Position, in der ich anderen Frauen eine Plattform geben kann. Beides ist gut. Win-win.
Weshalb sind denn Frauen in der Schweizer Comedy-Szene weniger sichtbar?
Wegen der Sehgewohnheiten und weil sie zu wenige Plattformen kriegen. Ich will das übrigens gar nicht nur dem SRF anlasten, es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Nur schon, wie Frauen immer auf ihr Äusseres reduziert werden, auch in Online-Kommentaren… brrr. Das passiert einem Mann einfach nicht.
Wie gehen Sie damit um?
Pragmatisch. Wenn ich aus Versehen einen dieser Kommentare lese, höre ich sofort wieder damit auf.
Es gibt aber schon Schweizer Frauen, die Erfolg haben. Hazel Brugger zum Beispiel.
Ja, natürlich. Und auch sehr verdient. Wenn man mit Hazel spricht, ist es, als ob man ihren Synapsen im Hirn zusehen könnte, wie die rasend schnell in alle Richtungen gleichzeitig feuern. Sie ist aber meiner Meinung nach eine absolute Ausnahmeerscheinung. Ich denke, dass weibliche Komik oft etwas anders funktioniert, verspielter ist, etwas mehr Raum zur Entfaltung braucht, weil es nicht nur unbedingt um eine Punchline nach der anderen geht. Ich arbeite zum Beispiel grad mit Martina Hügi an ihrem Solo «Octopussy». Eine grossartige Wortakrobatin und Beobachterin gesellschaftlicher Brennpunkte. Fakt ist: Frauen in der Comedy-Szene sind vielfältig da und vorhanden. Aber sie schaffen oft den Sprung auf die Leinwand oder ins Fernsehen nicht. Oder können Sie mir aus dem Stegreif fünf berühmte Komödiantinnen aufzählen?
Ehrlich gesagt: Keine einzige.
Eben. Wer sich etwas auskennt, dem kommen vielleicht die Amerikanerinnen Chelsea Handler , Amy Schumer oder Melissa McCarthy in den Sinn, dann wirds schon sehr rar. Aber an renommierten Comedy-Festivals wie dem schottischen Edinburgh Fringe sind die Bühnen voll von lustigen Frauen. In der Schweiz gibt es geniale Comediennes in den Formaten «Female Trouble» oder «Fintatainment» zu sehen. Dass sie es nicht auf die grossen Leinwände schaffen, hat finanzielle Auswirkungen. Viele Comedy-Frauen, ob in der Schweiz oder im Ausland, leben an oder unter der Armutsgrenze.
Und sie?
Ich kann meine Miete bezahlen. Aber Sicherheit gibt es in diesem Beruf auch für etablierte Künstler kaum.
Letzte Frage: Worum geht es in Ihrem Solo-Programm?
Um all die 1000 Ideen, die ich nach 25 Jahren Bühnentätigkeit angesammelt habe. Es wird an jedem Abend eine andere wilde Show mit Gästen, weil ein Abend für all das Material, das ich habe, nicht reicht.
Fabienne Hadorn ist monatlich in der Satireshow «Die Sendung des Monats» auf SRF zu sehen. Nächste Ausstrahlung: 29. Oktober, 21.40 auf SRF
Hadorns neunteilige Solo-Show «Kaboom Room» beginnt am 10. November um 20 Uhr im Millers in Zürich. Weitere Informationen: fabiennehadorn.ch