Die Neuenburger Weinszene hat junges Blut, das die lokalen Spezialitäten hochhält und neuen Ideen vorantreibt, wie Charlotte Burgat (27) unter Beweis stellt.
Blick-Weinredaktorin Isabelle Thürlemann-Brigger hat die Önologin auf dem Familienweingut Domaine de Chambleau in Colombier NE getroffen.
Natur pur
Der Weg zu Domaine de Chambleau führt durch eine lauschige Gegend, Blumenwiesen säumen den Weg links wie rechts. Zur Bilderbuchlandschaft gehören die Alpen und der Neuenburgersee, der für ein mildes Mikroklima sorgt. Auf dem Weingut angekommen, setzt sich die heile Welt fort. Es spriesst und blüht, wohin das Auge reicht.
Das hat seinen Grund: «Wir haben uns ganz der biologischen Bewirtschaftung verschrieben und streben zurzeit die Umstellung auf Biodynamie nach Demeter an». Das sieht und hört man: Chinakohl dient als Gründünger und blüht im Frühling strahlend gelb, Schmetterlinge flattern und Insekten schwirren durch die Luft. Konsequenterweise ernten die Burgats und ihr Team so schonend wie möglich, das heisst von Hand. Diese Sorgfalt und Detailliebe sind im Weinberg, aber auch in den liebevoll eingerichteten Räumen spürbar.
100 % Neuenburg
Es ist das erste Jahr, seit Charlotte in den Betrieb ihrer Eltern, Vater Louis-Philippe (57) und Mutter Valérie (56), zurückgekehrt ist. Vorher hat sie sich ihre Sporen im nationalen Zentrum für Weinbau und Önologie in Changins abverdient und Praxiserfahrung auf Weingütern in der Schweiz, in Meursault (Burgund) und in Neuseeland (Waipara) gesammelt. «Die Wahl fiel nicht per Zufall auf diese Weinregionen, es sind Pinot-noir-Hochburgen. Diese Rebsorte ist das Aushängeschild unseres Weinguts und wir bauen sie in allen Spielarten aus», erzählt die Neuenburgerin.
Obwohl sie im Ausland Weinluft geschnuppert hat, bleibt sie der lokalen Weinkultur verpflichtet. Chasselas Non Filtré, der Rosé Oeil de Perdrix und der Blanc de Noir davon, Oeil de Perdrix blanche, haben im Kanton eine lange Geschichte und liegen ihr besonders am Herzen. Zurecht, der Oeil de Perdrix 2022 hat es kürzlich als bester Schweizer Rosé auf das Siegerpodest des Schweizer Wettbewerbs BioVino 2023 geschafft. Ein kupferroter Sommerwein par excellence: Aromen von Walderdbeeren, Melone und Pfirsichen werden von einer eleganten Säure und geschmeidiger Textur getragen.
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Die Lage macht’s
Nach burgundischem Vorbild werden in Colombier charakterstarke Lagenweine aus Pinot noir und Chardonnay gekeltert. Der Spagat, die bereichernden Holzakzente vom Ausbau im Eichenfass und den subtilen Nuancen des Terroirs harmonisch zu vereinigen, gelingt den Burgats wunderbar. Beispiele dafür aus der Pinot noir-Reihe sind der charmante Les Bovardes 2019 oder der frische La Gavotte 2022. Es sind intensive und präzise Weine, die Lagerpotenzial zeigen und auch in ein paar Jahren noch Freude machen.
«Wir verzichten beim Pinot noir auf die Filtration, aus der Überzeugung heraus, dass er dadurch authentischer, geschmackvoller und langlebiger bleibt», erklärt die Winzerin in dritter Generation. Sehr zugänglich präsentiert sich ihr «Baby», der Pinot noir nature 2022. Vollkommen naturbelassen, mit nur ganz wenigen Eingriffen im Keller vinifiziert, macht er Lust auf ein Picknick mit einheimischen Käse am nahe gelegenen See.