Ein Glas im Flugzeug
Darum schmeckt Wein über den Wolken anders

Im Flugzeug schmeckt Wein anders als am Boden. Darum eignen sich nicht alle Tropfen gleich gut dafür, in luftiger Höhe serviert zu werden.
Publiziert: 16.11.2021 um 14:10 Uhr
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Im Flugzeug ist nicht nur unsere Beinfreiheit eingeschränkt: Auch unser Geschmacksempfinden leidet.
Foto: Getty Images/Cavan Images RF
Shirley Amberg

Es ist Ihnen vielleicht auch schon aufgefallen: Wein schmeckt in einem Flugzeug in einer Höhe von 10'000 Meter anders. Das liegt daran, dass die Luft recycelt wird. Die trocknet Ihren Gaumen aus und verändert den Weingeschmack, respektive Ihr Geschmacksempfinden.

Die trockene Flugzeugluft führt zu einer Dehydrierung: Was einen grossen Einfluss auf unseren Körper hat. Menschen nehmen Aromen einerseits durch die Geschmacksknospen im Mund auf, aber auch durch die Nasennebenhöhlen und das sich dort befindende «olfaktorische Epithel».

Nase ist schuld

Vieles, was wir im Mund zu schmecken glauben, geschieht eigentlich aber hauptsächlich durch das Riech-Epithel. Und durch die trockene Kabinenluft und die Dehydrierung wird die Fähigkeit, Geruch, Aromen und Geschmack zu erkennen, deutlich vermindert.

Auf Langstreckenflügen reduziert sich die Funktionsfähigkeit dieses Organs sogar um etwa 30 Prozent – Wein schmeckt dann in etwa so, wie wenn man ihn mit einer starken Erkältung trinken würde.

Auch Salz wird um 20 bis 30 Prozent weniger wahrgenommen und auch die Aromen von Kräutern und Gewürzen oder die Süsse von Zucker flachen hoch über den Wolken ab.

Unser Körper weiss, was er will

Beim Start und bei der Landung spüren wir ganz deutlich die Kräfte der Beschleunigung. Aber auch während des Flugs bleibt unser Körper wegen der Vibrationen ständig in Bewegung und «arbeitet», auch wenn wir das nicht merken.

Unser Körper reagiert auf diese Belastung mit einem stärkeren Empfinden von Säure und Gerbstoffen sowie einem gesteigerten Appetit auf Süsses. Man kann diese Situation mit der eines Sportlers vergleichen, der mehr Kohlenhydrate braucht. Der menschliche Organismus stellt sich in der Luft auf grössere Zuckermengen ein, deshalb wird Süsse schwächer wahrgenommen. Säure und Gerbstoffe sind dagegen unangenehm, weil der Körper diese in der Situation nicht braucht.

Eine Restsüsse im Wein wird also wesentlich schwächer empfunden als am Boden, die Gerbstoffe hingegen werden in der Höhe verstärkt wahrgenommen. Säuren erleben keinen Geschmacksverlust, im Gegenteil: Dadurch, dass die Aromen sich verflüchtigen, wirken die Säuren sogar noch dominanter.

Eine weitere Komponente ist der niedrige Luftdruck in der Kabine: Dieser verursacht eine schwächere «retronasale Wahrnehmung» – was bedeutet, dass ein zurückhaltender Wein an Bord schal wirkt, ein kräftiger dagegen elegant.

Diese Fakten sind sehr relevant für die Zusammenstellung des Wein-Sortiments an Bord und die Fluggesellschaften versuchen, unseren reduzierten Geruchssinn auszugleichen, indem sie uns Weine anbieten, die sehr fruchtig und aromatisch sind.

Wird man in der Höhe schneller betrunken?

Es gibt Leute, die behaupten, dass ihnen der Wein im Flugzeug schneller zu Kopf steigt. Dafür gibt es aber keine wissenschaftliche Grundlage. Ganz egal, ob in der Luft oder am Boden: Die Geschwindigkeit, mit welcher Alkohol in unseren Blutkreislauf gelangt, ist unabhängig von der Höhe in der wir uns befinden.

Jedoch kann durchaus ein Gefühl der schnelleren Trunkenheit entstehen: Dies, weil Höhenkrankheit und Dehydrierung den gleichen Effekt haben können wie ein Alkohol-Rausch.

Tipp für ihren nächsten Flug

Verschiedene Studien belegen, dass eine «Bloody Mary» die perfekte Zutaten-Kombination besitzt, um in luftiger Höhe genossen zu werden.

Im Flugzeug entwickeln sich besonders ausgeprägte, aromatische Noten, der Geschmack schwankt zwischen süsslich-fruchtig und samtig-kräuterig. Und der Schuss Wodka sorgt vielleicht für ein kleines Nickerchen.

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