Der Tropfen muss zum Essen passen
Das macht eine gute Weinkarte aus

In beinahe allem, was jemand für andere tut, findet sich ein Element der Eitelkeit – dies trifft ganz besonders auf uns Sommeliers und unsere Gestaltung von Weinkarten zu. Doch was unterscheidet eine «Ganz ok»-Karte von einer «richtig guten»?
Publiziert: 11.10.2021 um 14:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2021 um 14:56 Uhr
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Eine dicke Weinkarte zu gestalten, ist nicht schwer.
Foto: Getty Images
Shirley Amberg

Eine gute Weinkarte findet die Balance zwischen Persönlichkeit, Eitelkeit und Einvernehmen. Hat es einen passenden Weisswein, um das skurrile Fischgericht vom Chef zu ergänzen? Eine rote Alternative? Eine prickelnde in Rosé?

Eine Weinkarte zusammenzustellen, ist in etwa dasselbe, als würde man Heiratsvermittler spielen – man muss an die Persönlichkeiten der Speisen und des Weins denken und jene Optionen auswählen, die am besten zusammenpassen. Oder als würde man sein Kind auf den Spielplatz bringen und sich überlegen: «Wer würde wohl gut mit meinem Sohn spielen können?»

In der Weinkarte sollte es weder um die persönlichen Präferenzen des Küchenchefs oder Sommeliers gehen, noch darum, ob der Wein eine Milliarde Punkte erhalten hat: Es geht darum, dem Gast die besten verfügbaren Optionen zu bieten.

Wein muss zum Essen passen – das ist das Wesentliche

Dazu kommt, dass die Weinkarte ein wichtiger Indikator für den Stil des Restaurants ist. Die Weinkarte sollte für alle Arten von Weintrinkern Optionen bieten: in Bezug auf Preis, sowie auch auf Stil.

Breite und Vielseitigkeit sind entscheidend für den Aufbau einer verlockenden Weinkarte. Ganz unabhängig davon, ob es sich um eine Karte mit lediglich 15 Flaschen in einer winzigen Tapas-Bar oder um eine 3000 Positionen umfassende Liste in einem mit Sternchen und Häubchen dekorierten Restaurant handelt.

Und ganz ehrlich: Es ist nicht wirklich schwierig, 3000 Weine auszuwählen. Wenn Budget und Keller denn gross genug sind, reicht es, sich einen der gängigen Weinführer zu schnappen und dann mal zu bestellen und aufzufüllen.

Die Kunst besteht darin, das Richtige auszuwählen

Als Grundregel gilt: Ein Drittel der Leckerschlucke sollte frisch und knackig sein, ein Drittel davon reichhaltig, und ein Drittel sollte alles andere abdecken, wie Spezialitäten, unbekannte Länder, autochthone Sorten. Da darf der Sommelier sich dann ganz seinen Eitelkeiten hingeben.

Jede Flasche auf der Liste sollte einen Sinn ergeben. Passen die Tropfen nicht zu den gereichten Speisen, hat man das Ziel verfehlt.

Sobald die Weine ausgewählt sind, sollte der Sommelier einen Weg finden, diese Auswahl für jeden Gast verständlich zu machen. Wenn die Auswahl einschüchternd ist und die Aussagen des Sommeliers verwirrlich, kann dies die Gäste dazu bringen, nur Wasser zu bestellen.

Wichtige Informationen sollten ersichtlich sein

Auf Formulierungen wie «erinnert in der Nase an Einhörner, welche im Mondschein Mangos essen» sollte verzichtet werden, auch tausendmal gehörte Zitate sind langweilig. Und belehrend. Man sollte dem Gast nicht sagen, was er zu riechen hat – ausser er bittet darum.

Was unbedingt auf der Karte stehen sollte

  • Preis, Währungsangabe und Mehrwertsteuersatz sind zwingend
  • Flaschen- oder Glasinhalt
  • Rebsorte(n)
  • der korrekte Jahrgang (es passiert immer wieder und leider viel zu oft, dass ein anderer Jahrgang serviert wird – besonders ärgerlich bei Geburtstagen oder Hochzeitsjubiläen)
  • Land – Region – Winzer (in dieser Reihenfolge)
  • Alkoholgehalt
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