Die Schweizer Weinlandschaft errötet. Die Pinot-noir-Traube ist auf dem Vormarsch und hat Chasselas schon lange von der Spitze verdrängt. Im Weinjahr 2021 brachte sie es auf 3801 ha, verteilt auf vierundzwanzig Kantone und damit zur häufigst angebauten Rebsorte hierzulande. Am verbreitesten ist sie in der Deutschschweiz, in der Drei-Seen-Region und im Wallis.
Im deutschsprachigen Raum läuft sie auch unter den Bezeichnungen Spätburgunder und Blauburgunder. Doch es gibt noch Hunderte andere Übernamen, die von beschreibend «schwarzer Süssling» bis kurios «spätes Möhrchen» reichen.
Vom Burgund rund um den Globus
In seiner Heimat, dem Burgund, dominiert die Sorte zusammen mit Chardonnay und erzielt astronomische Preise. Das hat sie aber nicht davon abgehalten, anderswo Karriere zu machen. Es gibt kaum eine Weinregion, in der nicht in einer kühlen Lage Pinot noir gehegt und gepflegt wird. Einzig in heissen Gebieten sieht man von ihrem Anbau ab, zu viel Wärme ergibt einen unausgewogenen sirupartigen Wein. Die Schaumweinproduktion greift ebenfalls auf Pinot noir zurück, um mehr Fülle und Haltbarkeit zu erreichen, allen voran die Champagne, wo sie eine Grundsorte in der Cuvée ist.
Unberechenbares Naturell
Die Pinot-noir-Traube neigt dazu, spontan ihr Erbgut zu verändern (Mutation). Dadurch können Abwandlungen entstehen, beispielsweise können die Blattform, die Beerengrösse oder der Ertrag betroffen sein. Grössere Änderungen können sich sogar in der Farbe der Beerenhaut oder des Fruchtfleischs niederschlagen. Die weisse Pinot blanc und die kupferrote Pinot gris sind vor langer Zeit aus einer Mutation von Pinot noir hervorgegangen.
Sensibelchen im Rebberg
Ihre Anfälligkeit für verschiedene Krankheiten und Fäulnis macht Pinot noir zu einem anspruchsvollen Gewächs. Hinzu kommt, dass sie früh austreibt und entsprechend stark frostgefährdet ist. Zudem ist sie fordernd, was die Bodenbeschaffenheit und Lage angeht. Feuchter, kühler Untergrund bekommt ihr gar nicht gut, sie bevorzugt kalkhaltige Lehm- und Tonböden. Darauf kann sie langsam und gleichmässig reifen.
Charmant im Glas
Wird sie gut umsorgt, verdankt es die dünnhäutige Pinot-noir-Traube mit einem Wein, der das Terroir sehr gut widerspiegelt. Schon kleinste Unterschiede bei der Ausrichtung oder der Zusammensetzung der Unterlage sind spürbar. Der Tanningehalt ist niedrig und der Körper in der Regel mittelkräftig, mit einer ausgewogenen Säure. Von der Farbe her eher blass und Rubinrot, ist das Bouquet umso intensiver. Junge Weine erinnern an Erdbeere, Himbeere sowie Kirsche und werden am besten leicht gekühlt und früh nach der Abfüllung genossen. Spitzenexemplare können hingegen jahrelang reifen. Dadurch gewinnen sie an Vielschichtigkeit und erdigen Noten, vergleichbar mit Pilzen und Waldboden.