Die Vorstellung, dass Weine mit zusätzlicher Lagerung in der Flasche an Qualität gewinnen, hält sich hartnäckig. Viele legen ihre gekauften Flaschen, meist Rotweine, gerne erstmal für ein paar Monate oder sogar Jahre in einen kühlen Keller. Wie durch ein Wunder soll die Qualität mit der Zeit zunehmen, so die Vermutung.
Die Realität sieht anders aus: Rund 99 Prozent aller weltweit hergestellten Weine profitieren nicht von zusätzlicher Flaschenlagerung. Ganz im Gegenteil: Werden sie nicht innerhalb von einem Jahr nach der Abfüllung getrunken, nimmt die Qualität über die Zeit ab.
Nur die wenigsten Weine eignen sich für Flaschenlagerung
Damit ein Wein für eine Lagerung in der Flasche geeignet ist, müssen viele verschiedene Faktoren vorhanden sein. Bei Rotweinen ist vor allem die Höhe der Säure, der Anteil und die Qualität der Gerbstoffe sowie die Komplexität und Konzentration der Primärfruchtaromen wichtig. Letztere sind Aromen, die durch die spezifische Rebsorte gegeben sind und aus der alkoholischen Gärung hervorgehen.
Bei Pinot Noir sind rote Kirschen ein typisches Primärfruchtaroma, bei Riesling beispielsweise grüner Apfel. Bei Weinen, die für eine Flaschenreifung geeignet sind, wandeln sich diese Aromen mit der Zeit in Tertiäraromen um, so werden aus frischen roten Kirschen beispielsweise getrocknete rote Kirschen. Mögliche Rotweinsorten für eine Flaschenreifung sind beispielsweise Pinot Noir, Syrah, Merlot, Cabernet Sauvignon oder Nebbiolo.
Bei Weissweinen, die oftmals über gar keine Gerbstoffe verfügen, kommt der Säure eine noch grössere Bedeutung zu, als bei Rotweinen. Hier sind es vor allem erstklassige Weissweine der Rebsorten Riesling, Chardonnay oder Chenin Blanc, die mögliches Reifepotenzial aufweisen. Auch die allerbesten Chasselas oder Completer Weissweine aus der Schweiz können unter Umständen von zusätzlicher Flaschenreife profitieren.