Auf einen Blick
- Fünfzehn Räuschling-Jahrgänge wurden in Zürich verkostet
- Die Winzerfamilie Schwarzenbach ist Räuschling-Expertin seit fünf Generationen
- In der Schweiz gibt es nur noch 28 Hektar Räuschling
In Zürich wurden im Rahmen des Swiss Wine Tastings 2024 15 Räuschling-Jahrgänge bis zurück ins Jahr 1942 entkorkt. Die Flaschen stammten aus dem Keller des Weinguts Schwarzenbach in Meilen am Zürichsee.
Besonders die Weine aus den 1960ern und 1970ern begeisterten. Die Fruchtaromatik war klar, untermalt mit typischen Reifenoten wie Honig und gerösteten Haselnüssen. Die immer noch straffe Säure strukturierte und sorgte für Länge.
Lange Lagerung tut Räuschling gut
«Die ganz extremen Reifenoten wie Petrol oder Umami tauchen bei Räuschling später als bei anderen weissen Sorten auf», erläutert Hermann «Stikel» Schwarzenbach (68) das frische Auftreten der Weine.
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Die Schwarzenbachs sind Räuschling-Profis – und das seit fünf Generationen. Sie wissen, wie mit der Sorte umzugehen ist, auf welchen Böden und in welcher Lage die besten Trauben wachsen.
Seesicht und Sandstein prägen die Weine
«Je näher am See, desto frischer und saftiger sind die Weine. Wachsen die Reben auf Sandsteinböden, kommt eine leicht salzige Note dazu», sagt Alain Schwarzenbach (41), der gemeinsam mit seiner Partnerin Marilen Muff (38) seit 2016 das Weingut in Meilen führt.
Im 19. Jahrhundert und ein bisschen darüber hinaus war Räuschling im Kanton Zürich sehr beliebt. Doch dann bekam die Rebe Konkurrenz. Die Neuzüchtung Müller-Thurgau aka Riesling x Sylvaner lockte mit früher Reife, mehr Aroma, moderater Säure und Ertragssicherheit.
Rare Sorte
Heute stehen in der Schweiz nur noch 28 Hektar Räuschling, 20 davon im Kanton Zürich und 2,5 in den Rebbergen der Schwarzenbachs. Anderswo in der Welt sind die Bestände dermassen gering, dass sie in Statistiken nicht mehr auftauchen.
Doch die weisse Traube stammt nicht etwa aus der Schweiz, sondern aus dem Südwesten Deutschlands. Bekannt ist sie dort seit 1546. In der Schweiz, genauer im Kanton Schaffhausen, wurde die Rebe erstmals 1759 erwähnt und hiess damals kurioserweise «Zürichrebe».
Gute Säurestruktur
Bei der Verkostung zeigte sich auch, dass die Weine selbst in heissen Jahren wie 2003 oder 2015 die Säure behalten. Noch in den 1990ern war der biologische Säureabbau bei der Sorte Usus: Die stark sauer schmeckende Apfelsäure wird im Anschluss an die alkoholische Gärung durch Bakterien in die mildere Milchsäure umgewandelt.
«2015 war das nicht nötig, denn die Apfelsäure war gar nicht mehr vorhanden», charakterisiert Hermann Schwarzenbach den Jahrgang. Das zeigt, dass Räuschling sehr gut mit den immer heisser werdenden Jahren und den frühen Traubenernten gut zurechtkommt.