Foto: Yusef Evans/PD

Champagner-Experte Peter Jauch
«Der Mythos mit dem Löffel im Flaschenhals ist Quatsch»

Der Schweizer Buchautor und Champagner-Experte Peter Jauch (47) hat ein neues Buch über Champagner geschrieben. Im Gespräch mit Blick verrät er, weshalb Champagner nach wie vor ein elitäres Image hat und weshalb Champagner im Restaurant günstiger sein müsste.
Publiziert: 08.12.2024 um 13:52 Uhr
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Aktualisiert: 09.12.2024 um 13:02 Uhr
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Peter Jauch schwärmt von und schreibt über Champagner.
Foto: Yusef Evans/PD

Auf einen Blick

  • Peter Jauch schreibt Buch über Champagner mit spannenden Menschen
  • Champagner wird als zugänglicher Genusswein etabliert, bleibt aber etwas Besonderes
  • Für sein neues Buch verkostete Jauch rund 300 Flaschen Champagner
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nicolas GreinacherRedaktor Wein DipWSET

Blick: Herr Jauch, wieso schreiben Sie ein Buch über Champagner, wo es doch schon Hunderte Bücher dazu gibt?
Peter Jauch: Viele von den bestehenden Büchern richten sich an Champagner-Profis und setzen tiefes Fachwissen voraus. Auch mein Buch nennt ein paar Basics und eine Auswahl von verschiedenen Produzenten, bei mir geht es aber vor allem um spannende Geschichten zu faszinierenden Menschen.

Haben Sie ein paar Beispiele parat?
Da wäre die Schweizer Spitzenköchin Tanja Grandits oder Finnlands erste Master of Wine und Champagner-Kennerin Essi Avellan. Dominik Betschart, Schweizer Champagner-Experte, oder auch Olivier Krug vom gleichnamigen Champagnerhaus sind zwei weitere Highlights. Sämtliche 52 Personen, die im Buch vorkommen, habe ich persönlich getroffen.

Woher kommt Ihr persönlicher Bezug zu Champagner?
Alles begann mit meinem ersten Gespräch zu Champagner – mit Dominique Demarville, dem Kellermeister und Geschäftsführer von Champagne Lallier. Zwei Wochen später fragte mich mein Verlag, mit dem ich bereits ein Gin-Buch herausgebracht hatte, welches Thema ich als Nächstes angehen möchte. Spontan schlug ich Champagner vor. Das Thema faszinierte mich, und ich war entschlossen, tief darin einzutauchen. Längst bin ich ein leidenschaftlicher Champagner-Geniesser.

Wie viele Flaschen Champagner haben Sie für Ihr Buch verkosten dürfen?
Sicher gegen 300.

Aus welchen Gläsern trinken Sie Champagner?
Bei jungen Champagnern kann es durchaus ein kleineres Glas, aber nie eine Flöte sein. Ist der Champagner schon etwas älter, wähle ich bewusst grössere Gläser. Bei Events habe ich oft ein Rotweinglas dabei, denn für mich ist Champagner in erster Linie Wein, nicht bloss Bubbles.

Wie stehen Sie zu den Themen Trinktemperatur und frühzeitiges Öffnen der Flasche?
Champagner trinke ich gerne etwas wärmer, idealerweise ab zehn bis 13 Grad Celsius. Ich öffne die Flasche 10 bis 20 Minuten vorher und stelle sie zurück in den Kühlschrank – so kann der Wein atmen. Direkt nach dem Öffnen schmeckt der erste Schluck oft spritzig und aggressiv. Lässt man Champagner jedoch kurz ruhen, entfalten sich die Aromen runder und harmonischer.

Champagner hat nach wie vor einen elitären Ruf. Woher kommt das?
Champagner hat sich in den letzten 100 Jahren konsequent als Luxusprodukt positioniert. Früher galt er als Wein der Könige. Denken Sie an Cristal von Roederer, ein Champagner, der ursprünglich nur für den russischen Zaren produziert wurde, oder an die französischen Könige, die in Reims gekrönt wurden. Auch heute wird Champagner von vielen noch als teuer und luxuriös wahrgenommen. Allerdings arbeitet die Branche vermehrt daran, Champagner weniger als seltenen Luxus und mehr als zugänglichen Genusswein zu etablieren, ohne dabei seinen Status als etwas Besonderes zu verlieren.

Persönlich

Peter Jauch ist Genuss-Mensch durch und durch. Seit Jahren veranstaltet er zusammen mit unterschiedlichsten Köchinnen und Köchen Events zu Kulinarik und Trinkkultur. Als Journalist schreibt er in Deutschland und der Schweiz unter anderem zu den Themen seiner Bücher Champagner und Gin. Neben den Food-Events gibt er sein Wissen auch in unterschiedlichen Tasting-Anlässen weiter. Mit Freunden veranstaltet er zudem Erlebnis-Festivals, und internationale Spirituosenherstellerinnen und -hersteller vertrauen auf seine Expertise.

Peter Jauch ist Genuss-Mensch durch und durch. Seit Jahren veranstaltet er zusammen mit unterschiedlichsten Köchinnen und Köchen Events zu Kulinarik und Trinkkultur. Als Journalist schreibt er in Deutschland und der Schweiz unter anderem zu den Themen seiner Bücher Champagner und Gin. Neben den Food-Events gibt er sein Wissen auch in unterschiedlichen Tasting-Anlässen weiter. Mit Freunden veranstaltet er zudem Erlebnis-Festivals, und internationale Spirituosenherstellerinnen und -hersteller vertrauen auf seine Expertise.

Was nützt mir das als Konsument, wenn eine Flasche Champagner im Restaurant weit über 100 Franken kostet?
Guter Punkt. Die Gastronomie sollte die Preisstrukturen überdenken. Wenn Champagner erst ab 140 Franken auf Weinkarten angeboten wird, schreckt das viele ab. Gleichzeitig überzeugen andere traditionell hergestellte Schaumweine wie Franciacorta, Cava oder Sekt mit hoher Qualität zu niedrigeren Preisen. Es braucht ein Umdenken, um Champagner zugänglicher zu machen – nicht für den Alltag, aber als Genuss, den man sich häufiger gönnen kann. In meinen Augen sollte es möglich sein, guten Champagner unter 100 Franken pro 0,75 Liter Flasche auf einer Weinkarte zu führen.

Was sagen Sie zu all jenen, die Champagner nach dem Kauf noch ein paar Jahre weiterlagern wollen?
Grundsätzlich ist Champagner trinkbereit, wenn er auf den Markt kommt. Ich würde behaupten, dass etwa 80 Prozent aller Champagner nach dem Release für den Genuss innerhalb der nächsten drei Jahre gedacht sind, während die restlichen 20 Prozent etwas länger gelagert werden können. Für solche Exemplare eignet sich am besten ein kühler Keller. Ob die Flaschen stehen oder liegen, ist weniger entscheidend.

Ist die französische Champagne als Ort einen Abstecher wert?
Auf jeden Fall! Bei vielen Produzenten gibt es professionelle Führungen und Verkostungen. Ab Paris ist man in einer Dreiviertelstunde mit dem TGV in Reims, ideal für einen Tagesausflug. Ein toller Event ist «Le Printemps des Champagnes» jeweils im Frühling, wo nicht nur zahlreiche Champagner, sondern auch die trockenen Grundweine (vin clair) degustiert werden können.

Wo kann man Champagner entdecken, ohne in die Champagne fahren zu müssen?
Zum Beispiel beim about-Bubbles-Anlass, die nächste Ausgabe findet vom 28. Februar bis 2. März 2025 in Zürich statt. Diese Veranstaltung bestreite ich mit drei Freunden: Dominik Betschart, Reto Künzi und Simon Maissen. Im 25-Hours-Hotel an der Langstrasse räumen wir aus einer gesamten Etage alle Möbel aus den Zimmern, in denen dann die verschiedenen Produzenten ihre Weine in Erlebnis-Zimmern präsentieren.

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Wie gut gefallen Ihnen knochentrockene, Zero-Dosage Champagner?
Ich trinke sie gerne, weil ich die gradlinige Art schätze. Beim Food Pairing spielt die Dosage mit etwas Zucker jedoch eine wichtige Rolle, da sie dem Wein mehr Kraft und Fülle verleiht. Stellen Sie sich ein scharf gewürztes Rindfleisch vom Grill vor: Mit Zero-Dosage als Begleitung hätten sie zu viel Säure, das harmoniert einfach nicht. Wählen Sie stattdessen einen Champagner mit einer Dosage von sagen wir acht bis neun Gramm pro Liter (Brut), erleben sie ein perfektes Zusammenspiel.

Wie bewahrt man eine geöffnete Flasche Champagner zu Hause auf, wenn sie nicht vollständig ausgetrunken ist?
Der Mythos mit dem Löffel im Flaschenhals ist Quatsch. Am besten kaufen Sie sich einen geeigneten Verschluss und stellen die Flasche in den Kühlschrank. Aber Champagner ist eigentlich dazu da, um den Moment mit den Freunden zu geniessen. Deswegen sollte die Flasche am Ende des Tages immer leer sein.

Wenn Champagner die Antwort ist, was war dann nochmal die Frage?
(Lacht) Es spielt keine Rolle, was die Frage war. Die Antwort kann immer Champagner sein.

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