Brunellogate
Dieser Weinskandal schockierte Italien

Vor 15 Jahren geriet der Paradewein Brunello di Montalcino in die Kritik. Wir zeigen, was aus diesem italienischen Drama geworden ist und ob es den beliebten Weinen nachhaltig geschadet hat.
Publiziert: 14.06.2023 um 15:21 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2023 um 17:53 Uhr
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Der Brunellogate-Skandal ist ein dunkles Kapitel der italienischen Weingeschichte.
Foto: Shutterstock
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Nicolas GreinacherRedaktor Wein DipWSET

Lange Zeit schien es für Brunello di Montalcino nur eine Richtung zu geben: nach oben. Vor rund 60 Jahren teilten sich gerade mal elf Weingüter eine Weinanbaufläche von etwas mehr als 60 Hektar. Heute werden über 2000 Hektar bewirtschaftet, und die Zahl der Produzenten ist bei mehr als 250 angelangt.

Kein Wunder, denn der tiefgründige Rote aus dem Herzen der Toskana hat ein einzigartiges Profil mit intensiven Aromen von Sauerkirschen, vollem Körper, hoher Säure und eine stattliche Anzahl feinkörniger Gerbstoffe. Ein Grund für diesen einzigartigen Weincharakter sind die strengen Regeln, unter denen Brunello di Montalcino hergestellt werden muss.

Aus typisch wurde plötzlich untypisch

Gerade in etwas kühleren Jahren kann der sowieso schon recht gerbstofflastige Brunello noch rustikaler daherkommen, was den Trinkspass deutlich schmälert. Laut Gesetz darf für die Herstellung von Brunello di Montalcino nur die Rebsorte Sangiovese verwendet werden.

Kurz nach der Jahrtausendwende erschienen erste Berichte von Weinjournalistinnen und Weinjournalisten, die sich bei manchem Brunello über das Ausbleiben der für die Rebsorte Sangiovese so typisch rotbeerigen Aromen wunderten. Auch äusserst früh zugängliche Weine mit dunkelbeerigen, fast schon Konfitüren-artigen Aromen weckten Zweifel, ob da wirklich nur Sangiovesetrauben verwendet wurden.

Nach mehreren Hinweisen starteten die italienischen Behörden Ende 2007 mit einer Untersuchung, die allerdings unter dem Radar der Öffentlichkeit ablief. Das änderte sich am 21. März 2008 mit einem Bericht, der unter anderem der Weinkritiker James Suckling (64) verfasst hatte.

Damit wurde die Untersuchung publik und der Vorwurf stand im Raum, dass sich mehrere Brunello-Produzenten unerlaubten Traubensorten bedienten. Ziel der illegalen Praktiken war es anscheinend, das Geschmacksprofil der Weine für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen und dadurch den Absatz zu steigern.

Über sechs Millionen Liter beschlagnahmt

Als dann die italienische Zeitung «L'Espresso» ein paar Wochen später nachzog und verkündete, dass bei rund 20 Brunello-Produzenten ein konkreter Betrugsverdacht bestand, sass der Schock tief. In der Folge haben sich mehrere Weingüter dazu entschlossen, die fragwürdigen Weine deklassiert auf den Markt zu bringen, was weniger hohe Preise erzielte als bei Brunello di Montalcino.

Obwohl einigen Produzenten das Recht abgesprochen wurde, Brunello-Weine zu keltern, verlief der Skandal relativ glimpflich ab. Weder hatte er einen signifikanten Einfluss auf die Beliebtheit der Weine, noch wurden langjährige Gefängnisstrafen ausgesprochen. Heute ist der Brunellogate-Skandal nur noch eine unschöne Fussnote in der Geschichte.

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