Bodega Chacra
Argentinischer Pinot noir zum Verlieben

Schon einmal feinsten Pinot Noir aus Südamerika im Glas gehabt? Falls nein, haben wir das perfekte Weingut für dich entdeckt.
Publiziert: 18.05.2024 um 14:05 Uhr
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Willkommen in Patagonien.
Foto: Antonio Settino
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Nicolas GreinacherRedaktor Wein DipWSET

Es sieht so aus, als hinge die Qualität der Weine eines Weinguts direkt davon ab, wie schwer es ist, dort einen Termin zu bekommen. Obwohl es Ausnahmen gibt, zeigt die Erfahrung, dass diese Regel oft zutrifft. Sind Termine kurzfristig und gleich an mehreren Tagen verfügbar, dürfte die Nachfrage nach diesen Weinen eher unspektakulär sein.

Nun ist es auf den Tag genau fast zwei Jahre her, seit ich den ersten Kontakt mit dem argentinischen Weingut Bodega Chacra aufgenommen habe. Längst wurden Stimmen von eingefleischten Weinfreaks laut, dass im fernen Patagonien delikater Pinot noir auf höchstem Niveau gekeltert wird. Der Mann dahinter: Piero Incisa della Rocchetta, Enkel des Sassicaia-Gründers Marchese Mario Incisa della Rocchetta.

Vorhang auf für Bodega Chacra

Da sich auch nach monatelangem Hin und Her keine Termingelegenheit für ein Gespräch bot, verfolgte ich die Angelegenheit nicht weiter. Erst einige Zeit später stach bei einer Pinot-noir-Blind-Degustation ein Wein besonders hervor. Was in höchstem Masse elegant, floral und sanft wie ein Seidenschal daherkam, entpuppte sich als Bodega Chacra Pinot noir.

Diese Begegnung spornte mich dazu an, den verlorenen Faden mit dem Weingut wieder aufzunehmen. Und siehe da, der zweistündige Gesprächstermin mit Piero Incisa della Rocchetta samt Degustationspaket mit sechs Flaschen war plötzlich Realität. Selten freute ich mich so auf eine Begegnung wie jene. Auch deshalb, weil es so lange gedauert hat, bis sie zustandekam.

Italiener mit Schweizer Wurzeln

Piero Incisa della Rocchetta ist ein Wirbelwind. Bevor wir uns seinem Weingut zuwenden, erzählt er mir von seiner Familiengeschichte. «Ich bin in Lausanne geboren und grösstenteils auch in der Schweiz aufgewachsen. Ich habe sogar ein Jahr bei einer Schweizer Grossbank gearbeitet», so Incisa della Rocchetta zu Blick.

Neben der Schweiz verbrachte er prägende Jahre auch in Italien sowie in Kalifornien. «Viele Jahre habe ich im Familienunternehmen gearbeitet, unter anderem als Markenbotschafter für Sassicaia, und war in der ganzen Welt unterwegs». Bald zeichnete sich jedoch ab, dass sich Incisa della Rocchetta mit einem eigenen Weinprojekt verwirklichen und nicht nur von den Familienlorbeeren leben wollte.

Der Weg nach Patagonien

«Arbeiten im Einklang mit der Natur, also mit biodynamischen Methoden und ein möglichst grosser Gestaltungsfreiraum, waren mir enorm wichtig. In Italien ist die Tradition so ausgeprägt, dass ich mich zu eingeengt fühlte. Ich verabscheue Protokolle und möchte lieber, dass Menschen bei der Arbeit ihre geistigen Fähigkeiten nutzen». Zu dieser Philosophie kam seine Vorliebe für Pinot noir aus dem Burgund.

In Patagonien im Süden Argentiniens wurde Incisa della Rocchetta schliesslich fündig und gründete genau vor 20 Jahren sein Weingut Bodega Chacra. Das Ziel war von Anfang an, Mikroklima und Terroir so unverfälscht wie möglich zum Ausdruck zu bringen, weshalb auf den Weinbergen naturnah gearbeitet wird. Angebaut wird vornehmlich Pinot noir und Chardonnay, die ältesten Rebstöcke wurden bereits 1932 gepflanzt.

«Sämtliche Reben wachsen auf ihren eigenen Wurzeln, wir arbeiten nicht mit amerikanischen Unterlagsreben, wie sonst nahezu überall auf der Welt». Weiter berichtet mir Incisa della Rocchetta, dass auf Bodega Chacra nur Umgebungshefen zum Einsatz kommen, und dass er den Holz-Anteil bei der Reifung in den letzten Jahren zurückgeschraubt hat. «Mittlerweile haben wir auch Tonamphoren im Einsatz, was den Weinen eine zusätzliche Tiefe gibt.»

Rund 40'000 Bäume spenden Schatten für die Rebstöcke und bieten Schutz vor starken Winden. Über 320 Bienenstöcke sorgen für mehr Biodiversität, was sich auch in den Weinkapseln widerspiegelt: Sie bestehen aus Bienenwachs und nicht wie sonst üblich aus Aluminium.

Weine überzeugen auf ganzer Linie

Wer auf heftige Bulldozer-Weine, viel Alkohol und Neuholz steht, macht um die Bodega Chacra Weine besser einen Bogen. Für all jene, die eine verspielte Aromatik, verpackt in einem seidenen Gewand, mit rund 12 Prozent Alkohol bevorzugen, sind Incisa della Rocchettas Weine hoch spannend. Der samtige Barda repräsentiert rund die Hälfte der gesamten Chacra-Produktion und stammt von rund 30-jährigen Rebstöcken auf vornehmlich sandigen Böden. Frische rote Früchte und florale Untertöne spielen bei diesem Einsteiger-Pinot die Hauptrolle.

Einen Qualitätssprung nach vorne macht der Cincuenta y Cinco, dessen Trauben von einem im Jahr 1955 angepflanzten, rund acht Hektar grossen Rebberg entstammen. «Um dem Wein noch mehr Frische und Struktur zu verleihen, arbeiten wir je nach Jahrgang mit bis zu 50 Prozent Ganztraubenvergärung». Der edle Tropfen zeigt nicht nur schönen Tiefgang, sondern brilliert mit einer ansehnlichen Länge.

In gerade mal 20 Jahren hat Incisa della Rocchetta im Süden Argentiniens mit viel Engagement und visionärem Geist ein Weingut aus dem Boden gestampft, dessen Weine perfekt in die heutige Zeit passen: elegant, erfrischend und voller Energie. Man darf gespannt sein, was die Zukunft für dieses noch junge Weingut alles bringen wird. In der Zwischenzeit leisten nicht nur er und sein Team, sondern auch die zahlreichen Bienen ganze Arbeit.

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