Darum gehts
- Die besten Bordeaux-Weine entwickeln sich über Jahrzehnte
- Lagerung und Jahrgang beeinflussen Qualität und Trinkbarkeit
- Château Mouton Rothschild 1973 längst über dem Zenit
Ein roter Spitzen-Bordeaux entfaltet sein volles Genusspotenzial erst nach mehreren Jahren Flaschenreife. Während in jungem Alter frische Primärfruchtaromen und Nuancen der Eichenholzreifung dominieren, entwickeln reife Bordeaux-Weine mit der Zeit sogenannte Tertiäraromen – darunter Zigarrenkiste oder Waldboden. Auch die Gerbstoffe werden geschmeidiger.
Wie schnell sich ein solcher Wein in der Flasche weiterentwickelt, hängt nicht nur von der Traubenqualität und Weinbereitung ab, sondern auch vom Jahrgang selbst. Die Unterschiede können enorm sein: Während sämtliche rote Bordeaux-Weine aus dem schwachen Jahrgang 1984 längst über ihren Zenit hinaus sind, haben einige Weine des Jahrgangs 1986 erst kürzlich ihr volles Potenzial erreicht.
Trinkbarkeit eines Château Mouton Rothschild 1973
Auch die Lagerung spielt eine entscheidende Rolle. Walter Hausherr berichtet, dass er die Flasche vor rund 15 Jahren geschenkt bekam und seither im Luftschutzraum bei einer konstanten Temperatur von 15 Grad aufbewahrte. Profis bevorzugen für die langfristige Lagerung Temperaturen zwischen 12 und 14 Grad, doch auch bei 15 Grad bleibt Wein über Jahre hinweg geniessbar.
Obwohl das Wetter im Bordeaux-Jahrgang 1973 eigentlich günstig war, geniesst der Jahrgang keinen guten Ruf. Ein Hauptgrund liegt in den hohen Erträgen, die viele Weingüter zuliessen, um grössere Mengen abzufüllen – ein wirtschaftlicher Versuch, sich in Zeiten der Ölpreiskrise abzusichern. Doch dies ging auf Kosten der Qualität. Die Flasche von Walter Hausherr weist zudem einen mässigen Füllstand auf mittlerer Schulterhöhe auf.
Ist der Wein also noch trinkbar? Probieren kann man ihn sicherlich – die eigentliche Frage ist, wie gut er noch ist. Angesichts des Jahrgangs und des Flaschenzustands ist es sehr wahrscheinlich, dass dieser Bordeaux seine besten Zeiten längst hinter sich hat. Ein Verkauf an einen Sammler wäre vermutlich die klügere Entscheidung, zumal sich ein Preis zwischen 150 und 200 Franken erzielen lassen sollte.