«Es ist einfacher, wenn man kleine Sachen verändert»
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Hattab über vegane Ernährung:«Es ist einfacher, wenn man kleine Sachen verändert»

Spitzenköchin Zineb «Zizi» Hattab (33) hat eine Mission
«Ich will, dass veganes Essen normal wird»

Im Januar essen viele Menschen vegan. Köchin Zineb «Zizi» Hattab begeistert in ihren zwei Restaurants in Zürich das ganze Jahr Menschen für die vegane Küche. Hier spricht die ehemalige Ingenieurin über riskante Entscheidungen, ihre Mission und ihr Lieblingsfondue.
Publiziert: 22.01.2023 um 18:17 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2023 um 20:17 Uhr
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Spitzenköchin Zineb Hattab (33) ist unter ihrem Spitznamen Zizi bekannt.
Foto: Thomas Meier

Die Kampagne «Veganuary» ruft dazu auf, sich einen Monat lang rein pflanzlich zu ernähren. Überall wird für vegane Produkte geworben. Was halten Sie davon?
Zineb Hattab:
Ich finde die Initiative positiv. Sie inspiriert Menschen dazu, weniger Fleisch zu essen, und klärt über die Auswirkungen unseres Konsums auf. Die Werbung zeigt Kundinnen und Kunden die grosse Produktauswahl.

Es gibt immer mehr pflanzliche Produkte, die Fleisch imitieren. Warum?
Ernährung hat mit Kultur und Identität zu tun. Wer damit aufgewachsen ist, eine Wurst auf Brot zu essen, will, dass auch die vegane Wurst nach Wurst aussieht und nicht wie ein Rüebli. Diese Produkte können den Umstieg auf eine zumindest weniger fleischlastige Ernährung erleichtern. Man kann ein bekanntes Gericht kochen, einfach vegan.

Essen Sie solche Produkte?
Mein Mann hat letztes Wochenende Spaghetti mit veganen Fleischbällchen gekocht. In der Regel essen wir aber saisonale Produkte vom Bauernhof, also Gemüse

Zur Person Zizi Hattab

Zineb Hattab (33), Zizi genannt, wuchs als Tochter von Marokkanern in Barcelona (E) auf. Nach ihrem Wirtschaftsingenieur-Studium zog sie mit ihrem heutigen Ehemann in die Schweiz, wo sie als Software-Entwicklerin arbeitete. Mit 24 Jahren absolvierte sie verschiedene Praktika in Sterne-Restaurants in Bilbao (E), Modena (I) und bei Andreas Caminada in der Schweiz, wo sie auch ihre erste feste Anstellung erhielt. Sie arbeitete als Köchin in Restaurants in New York (USA), bevor sie 2020 und 2021 die Restaurants Kle und Dar in Zürich eröffnete. Mit ihrer konsequent pflanzenbasierten Küche gilt Zizi Hattab als Shootingstar der Gastroszene. Ihr veganes Kochbuch «Taste of Love» (2022) gewann verschiedene Auszeichnungen.

Zizi Hattab im Barbereich ihres Restaurants Dar in Zürich.
Thomas Meier

Zineb Hattab (33), Zizi genannt, wuchs als Tochter von Marokkanern in Barcelona (E) auf. Nach ihrem Wirtschaftsingenieur-Studium zog sie mit ihrem heutigen Ehemann in die Schweiz, wo sie als Software-Entwicklerin arbeitete. Mit 24 Jahren absolvierte sie verschiedene Praktika in Sterne-Restaurants in Bilbao (E), Modena (I) und bei Andreas Caminada in der Schweiz, wo sie auch ihre erste feste Anstellung erhielt. Sie arbeitete als Köchin in Restaurants in New York (USA), bevor sie 2020 und 2021 die Restaurants Kle und Dar in Zürich eröffnete. Mit ihrer konsequent pflanzenbasierten Küche gilt Zizi Hattab als Shootingstar der Gastroszene. Ihr veganes Kochbuch «Taste of Love» (2022) gewann verschiedene Auszeichnungen.

Viele Menschen denken, vegane Ernährung bedeute mehr Arbeitsaufwand. Den könne nur leisten, wer viel Zeit zum Kochen hat.

Mich beunruhigt, dass wir in einer Gesellschaft leben, die keine Zeit in die Essenszubereitung investieren will. Lieber sind wir endlos bei der Arbeit oder checken Social Media. Wir sollten verstehen, dass Zeit ins Essen zu investieren bedeutet, Zeit in sich selbst zu investieren. Denn unsere Ernährung hält uns gesund und kann uns glücklich machen.

Aber braucht vegane Küche mehr Zeit?
Nein. Es ist nicht so kompliziert. Viele alltägliche Gerichte sind ja schon vegan: Pasta Pomodoro, Fried Rice, Gazpacho, Linsensuppe und sofort. In Südasien, Südamerika oder Nordafrika gehört pflanzenbasiertes Essen ganz selbstverständlich dazu. Fleisch ist dort ein Luxusprodukt.

Wie ist es für Sie als Veganerin in Marokko, wo Ihre Eltern herkommen?
In Marokko bin ich flexibel. Ich esse, was meine Familie für mich kocht, versuche aber möglichst wenig Fleisch- und Milchprodukte zu essen, weil ich sie nicht mehr gut verdauen kann. Ich passe mich dem Ort an, wo ich mich befinde. Hier in der Schweiz habe ich die Wahl, ob ich mein Geld in die Fleischindustrie stecke oder in die pflanzenbasierte Lebensmittelindustrie.

Warum wurden Sie wenige Monate vor der Eröffnung Ihres ersten Restaurants Veganerin?
Ich bekam kalte Füsse. Ich wollte umfassend verstehen, was ich als Zuzügerin nach Zürich bringen konnte, und setzte mich vertieft mit der Lebensmittelindustrie auseinander. Wir wissen alle mehr oder weniger, wie die Tiere behandelt werden und was das mit der Biodiversität macht. Doch wir sind gut darin, die Fakten auszublenden. Plötzlich konnte ich es nicht mehr ignorieren. Ich entschied mich, vegan zu leben. Sollte es mir gelingen, gutes Essen zu kochen, würde ich ein veganes Restaurant eröffnen.

Wie lief es?
Anspruchsvoll war die Herstellung von veganer Patisserie. Vor allem aber erlebte ich, dass es als Veganerin schwierig ist, auswärts zu essen. Ich erkannte eine echte Chance für mein Restaurant. Meine Überzeugung, diesen Schritt zu machen, gab mir ein Ziel: Ich will Menschen dazu inspirieren, anders zu essen. Ich will veganem Essen den Ruf des Besonderen nehmen, es zur Normalität machen. Heute habe ich eine Gemeinschaft von Menschen in meinen Teams, die Teil von etwas sein wollen, das Veränderung herbeiführt. Nicht nur auf dem Teller, sondern auch am Arbeitsplatz.

Inwiefern?
Ich biete dem Team einen geschützten Raum. Es geht um Inklusion, Toleranz, Respekt. Wir wollen nicht nur zu den Gästen freundlich sein, sondern auch untereinander und im Kontakt mit den Bauern.

Welche Produkte sind für Sie wichtig?
Gewürze und Kräuter – man darf sie gerne grosszügig verwenden. Verschiedene Essigsorten, aus Himbeeren oder Zwetschgen. Ich mag Hefeflocken, nicht nur wegen der gesundheitlichen Vorzüge, sondern weil sie im Geschmack an Käsefermentation erinnern. Ein Löffel Hefeflocken ersetzt im Pesto den Parmesan. Kichererbsen, Nüsse, es gibt so viele tolle Samen – davon sollten wir mehr verwenden.

Rezept für einen veganen Caramel-Flan

Zutaten

150 g Ahornsirup
500 ml Sojarahm (15 % Fettgehalt)
1/4 TL Agar Agar
1 Vanilleschote, Mark ausgekratzt
1 Prise Kala Namak (Schwarzsalz)

Zubereitung

1. Eine grosse Puddingform oder sechs kleine Förmchen mit 100 g Ahornsirup füllen (etwa 1/2 cm hoch) und einfrieren.

2. Sojarahm, 50 g Ahornsirup, Agar Agar, Vanillemark und Kala Namak in einen Topf geben und unter ständigem Umrühren aufkochen. 3 Minuten köcheln lassen, dabei weiterrühren.

3. Die Form beziehungsweise die Förmchen aus dem Gefrierfach nehmen und die Flan-Masse auf dem gefrorenen Ahornsirup verteilen. Im Kühlschrank fest werden lassen.

4. Den Flan kurz vor dem Servieren aus der Form stürzen.

Rezept von Zineb Hattab aus ihrem Buch «Taste of Love», AT Verlag 2022

Caramel-Flan aus dem Supermarkt mit Schlagrahm war das Lieblingsdessert von Zineb «Zizi» Hattab. Heute bereitet sie eine vegane Variante davon zu.
AT Verlag, Erna Drion

Zutaten

150 g Ahornsirup
500 ml Sojarahm (15 % Fettgehalt)
1/4 TL Agar Agar
1 Vanilleschote, Mark ausgekratzt
1 Prise Kala Namak (Schwarzsalz)

Zubereitung

1. Eine grosse Puddingform oder sechs kleine Förmchen mit 100 g Ahornsirup füllen (etwa 1/2 cm hoch) und einfrieren.

2. Sojarahm, 50 g Ahornsirup, Agar Agar, Vanillemark und Kala Namak in einen Topf geben und unter ständigem Umrühren aufkochen. 3 Minuten köcheln lassen, dabei weiterrühren.

3. Die Form beziehungsweise die Förmchen aus dem Gefrierfach nehmen und die Flan-Masse auf dem gefrorenen Ahornsirup verteilen. Im Kühlschrank fest werden lassen.

4. Den Flan kurz vor dem Servieren aus der Form stürzen.

Rezept von Zineb Hattab aus ihrem Buch «Taste of Love», AT Verlag 2022

Es ist schwierig, überzeugenden veganen Käse zu finden. Haben Sie einen Tipp?
Das Fondue der Schweizer Firma New Roots ist super! Man vermisst geschmacklich gar nichts.

Gerichte können Gefühle oder Erinnerungen hervorrufen. Wie ist das bei Ihnen?
Es gibt viele Geschmäcker, die mich mit meiner Kindheit assoziiere. Zum Beispiel die Harira-Suppe, die wir hier im Restaurant Dar servieren. Ich bin keine praktizierende Muslima, bin aber damit aufgewachsen, diese Suppe mit meiner Familie während des Ramadans beim Fastenbrechen zu essen. Marokkanische Gäste kommentieren hier oft, die Suppe, die traditionell mit Rindfleisch zubereitet wird, schmecke wie bei ihrer Grossmutter.

Sie hatten eine Karriere als Ingenieurin aufgegeben, um Köchin zu werden. Heute sind Sie Chefin von 45 Leuten.
Meine Rolle verändert sich stetig. Als ich 2020 das Restaurant eröffnete, war ich Köchin und zeigte dem Team, wie alles geht. Als nach eineinhalb Jahren zum Kle das Restaurant Dar hinzukam, wurde ich zur Mentorin. Ich befähige andere dazu, Führung zu übernehmen. Zudem entwickle ich gemeinsam mit den jeweiligen Küchenchefs das Menü. Ich mag es aber immer noch, gewisse Tage in der Woche in der Küche zu stehen. Kochen ist für mich magisch.

Ihr Werdegang ist von den Medien als verrückt bezeichnet worden. Wie sehen Sie das selbst?
Ich hatte einen guten Job, ein geregeltes Leben. Ich fand etwas anderes, das mich antrieb, und musste das verfolgen. Für mich war es nicht verrückt. Aber es war sehr intensiv und riskant, auch schwierig.

Sie sind erst 33 und haben in Ihrer zweiten beruflichen Karriere schon viel erreicht: Die Gastrobranche feiert Sie und Ihre beiden Restaurants. Ihr Kochbuch wurde preisgekrönt. Was kommt als Nächstes?
Wenn etwas Passendes kommt und mein Team Kapazitäten hat, gehen wir ein neues Projekt an. Für mich persönlich wünsche ich mir im Moment mehr Konstanz statt Hektik

Rezept für Bissara, eine vegane Bohnensuppe aus Marokko

Zutaten

500 g Favabohnen, getrocknet und geschält (Saubohnen)
1 Zwiebel
5 Knoblauchzehen
1 1/2 EL Kümmel, geröstet
1/2 EL edelsüsses Paprikapulver
1 EL Rapsöl
2 l Gemüsebouillon
Salz
Olivenöl
1 Spritzer Zitronensaft

Zubereitung

1. Die Favabohnen über Nacht in Wasser einlegen.

2. Die Zwiebel in kleine Würfel schneiden, den Knoblauch pressen. Beides mit dem Kümmel und dem Paprikapulver mischen und in einem Topf im Rapsöl andünsten.

3. Das Wasser der eingelegten Bohnen abgiessen und die Bohnen in den Topf geben. Mit der Bouillon übergiessen und 45 Minuten bei kleiner Hitze köcheln lassen, oder so lange, bis die Bohnen weich sind. Alles mit dem Stabmixer pürieren. Mit Salz abschmecken.

4. Die Suppe in eine Schüssel geben und mit etwas Olivenöl und einem Spritzer Zitronensaft servieren.

Rezept von Zineb Hattab aus ihrem Buch «Taste of Love», AT Verlag 2022

Die Bohnensuppe Bissara ist günstig und sättigend – und bei der marokkanischen Bevölkerung beliebt. Zineb «Zizi» Hattab veröffentlicht ihr Bissara-Rezept in ihrem Kochbuch «Taste of Love».
AT Verlag, Erna Drion

Zutaten

500 g Favabohnen, getrocknet und geschält (Saubohnen)
1 Zwiebel
5 Knoblauchzehen
1 1/2 EL Kümmel, geröstet
1/2 EL edelsüsses Paprikapulver
1 EL Rapsöl
2 l Gemüsebouillon
Salz
Olivenöl
1 Spritzer Zitronensaft

Zubereitung

1. Die Favabohnen über Nacht in Wasser einlegen.

2. Die Zwiebel in kleine Würfel schneiden, den Knoblauch pressen. Beides mit dem Kümmel und dem Paprikapulver mischen und in einem Topf im Rapsöl andünsten.

3. Das Wasser der eingelegten Bohnen abgiessen und die Bohnen in den Topf geben. Mit der Bouillon übergiessen und 45 Minuten bei kleiner Hitze köcheln lassen, oder so lange, bis die Bohnen weich sind. Alles mit dem Stabmixer pürieren. Mit Salz abschmecken.

4. Die Suppe in eine Schüssel geben und mit etwas Olivenöl und einem Spritzer Zitronensaft servieren.

Rezept von Zineb Hattab aus ihrem Buch «Taste of Love», AT Verlag 2022

Ihr letztes Projekt war ein Kochbuch. Es enthält nicht nur Rezepte, sondern auch Ihre Geschichte. Warum?

Die Rezepte zu teilen war mir wichtig, weil ich es Menschen erleichtern möchte, zu Hause öfters vegan zu kochen. Es gibt ein paar Tricks, die das Kochen einfacher machen. Wissen ist nur wirkungsvoll, wenn es geteilt wird. Meine Geschichte scheint andere zu inspirieren. Ich wollte deshalb meine Geschichte erstmals in meinen eigenen Worten erzählen, inklusive Höhen und Tiefen, transparent und authentisch. Und ich wollte mein Team vorstellen, weil es ohne diese Leute nicht gehen würde.

Was ist das schönste Kompliment, das man Ihnen als Gast machen kann?
Es gibt zwei. Das erste: wenn Gäste sagen, dass sie sich vorstellen könnten, jeden Tag so zu essen. Es geht bei der Umstellung auf vegane Ernährung nicht um Schuld und all die Dinge, die man falsch macht. Sondern darum, wie gut man essen kann und wie einfach es ist.

Und das zweite Kompliment?
Mein Buch heisst «Taste of Love». Die Mehrheit der Gäste sagt, sie spürten die Liebe, die in das Kreieren, Anrichten und Servieren geflossen sei. Liebe ist wichtig in unserem Job. Es macht mich glücklich, wenn diese Liebe für den Gast spürbar ist.

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