Annemarie Wildeisen über ihre drei Lieblingsrezepte
Essen für die Seele

Die Rezepte von Annemarie Wildeisen wärmen in schwierigen Tagen die Seele. Die Köchin und Autorin stellt ihre drei Lieblingsrezepte vor.
Publiziert: 27.03.2022 um 16:13 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2022 um 18:07 Uhr
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Die Rezepte von Annemarie Wildeisen (75) machen nicht bloss satt, sondern auch glücklich.
Foto: JESSICA KELLER
Karin A. Wenger

Wenn die grosse Welt draussen zerbricht und nur noch wenig normal ist, dann hilft ein Anruf bei Annemarie Wildeisen (75). Ihre Rezepte erinnern an die warme Stube bei der Grossmutter – damals, als die eigene kleine Welt noch in Ordnung war. Kochen nach Wildeisen bedeutet, nicht bloss satt, sondern auch glücklich zu werden.

Sie kennt so viele Rezepte, die sie wohlfühlen lassen, dass sie gleich ein ganzes Buch mit dem Titel «Seelenwärmer» geschrieben hat. Der gemeinsame Nenner der Mahlzeiten gegen den Weltschmerz: eine gute Portion Fett. «Ich finde Fett ein tröstliches Nahrungsmittel», sagt die Köchin. «Fett umhüllt alles, das ist fast wie das Gefühl, sich anzuschmiegen.» Eine weitere Gemeinsamkeit: Die Rezepte sind unkompliziert. Wildeisens Credo lautet, dass man sich dafür nicht stundenlang in der Küche abmühen müsse.

Das wirkliche Geheimnis der Geborgenheit liegt aber wohl darin, dass Annemarie Wildeisen so was wie das kulinarische Gedächtnis der Schweiz ist. Ihre Speisen sind ein Stück Heimat. «Je älter ich werde, desto wichtiger ist mir, dass die Rezepte von früher erhalten bleiben», sagt sie.

Den Leserinnen und Lesern des SonntagsBlick stellt sie drei Rezepte vor, die ihre Seele in schwierigen Tagen besonders wärmen. «Ich konnte mich fast nicht entscheiden, doch das sind wirklich meine Lieblinge.» Das Rezept des Shepherd’s Pot Pie wurde von ihrer grossen Liebe zu Grossbritannien inspiriert. Und die zwei anderen Rezepte – ein Griess-Käse-Auflauf und ein Karamelltöpfchen – führen in ihre Kindheit und an die Küchentische ihrer beiden Grossmütter zurück.

Annemarie Wildeisen empfiehlt, die Rezepte gemeinsam mit seinen lieben Menschen zu kochen. Denn nicht nur der Genuss ist eine wichtige Komponente von ihrer Küche, sondern auch das Beisammensein: «Mit jemand anderem zusammen zu essen, ist doppelt tröstlich.»

Nanas Griess-Käse-Auflauf

Ein Seelenwärmer pur! Der zart schmelzende Auflauf hat fast etwas von einem Soufflé und bringt nicht nur an kalten, sondern auch an anderen tristen Tagen wohlige Wärme in den Magen. Und wenn man noch ein paar Vitamine dazu kombinieren will, gibt es als Beilage einen reichhaltigen gemischten Salat. Mein Vater und wir Kinder plädierten bei Nana, meiner Grossmutter, allerdings eher für Apfelkompott – mit Stückchen und nicht als Mus!

Zutaten

Für 4−5 Personen
½ LiterMilch
½ LiterWasser
25 gButter
¾ TeelöffelSalz
125 gGriess
200 gGruyère
2Eigelb

schwarzer Pfeffer aus der Mühle

frisch geriebene Muskatnuss
2Eiweiss

Zubereitung

  1. In einem Topf Milch, Wasser, Butter und Salz aufkochen. Den Griess unter ständigem Rühren langsam einrieseln lassen und bei kleiner Hitze zugedeckt etwa 10 Minuten ausquellen lassen; einige Male umrühren, damit der Griessbrei nicht anbrennt.
  2. Inzwischen den Backofen auf 220 Grad vorheizen (Umluft nicht empfehlenswert). Eine Auflaufform gut ausbuttern.
  3. Den Gruyère fein reiben und 3−4 Esslöffel davon zum Bestreuen auf die Seite stellen. Die Eigelbe mit etwas Pfeffer und Muskat verquirlen. Die Eiweisse mit 1 Prise Salz steif schlagen.
  4. Nach 10 Minuten Kochzeit den Gruyère und die Eigelbe unter den Griessbrei rühren. Wenn nötig die Masse nachwürzen. Zuletzt den Eischnee unterziehen. Sofort in die vorbereitete Form füllen und mit dem beiseitegestellten Gruyère bestreuen.
  5. Den Griess-Käse-Auflauf im 220 Grad heissen Ofen auf der untersten Rille etwa 40 Minuten backen. Heiss servieren.

Shepherd’s Pot Pie

Das mag ich an den britischen Pubs so sehr: Egal wie sie innen auch aussehen, eines bleibt immer gleich, nämlich dass es hervorragendes Guinness (Bier) und ebenso schmackhafte Pies gibt. Und Letztere werden in der Regel in Portionen-Töpfchen serviert, sodass sie dampfend heiss auf den Tisch kommen. Auch zu Hause nehme ich anstelle einer grossen Auflaufform gerne Suppen- oder hohe Bechertassen. Das hat auch den Vorteil, dass die Pies schneller gebacken sind.

Zutaten

Für 4−6 Personen
1 kgKartoffeln

Salz
1mittlere Zwiebel
2Knoblauchzehen
600 ggehacktes Rindfleisch
1 EsslöffelBratbutter
1½ EsslöffelTomatenpüree
¼ LiterRotwein
¼ LiterFleischbouillon
3–4 SpritzerWorcestershiresauce
400 gZucchetti
250 gCherrytomaten

schwarzer Pfeffer aus der Mühle
30 gButter


150 mlMilch
100 ggeriebener Gruyère

frisch geriebene Muskatnuss

Zubereitung

  1. Die Kartoffeln schälen und je nach Grösse vierteln oder sechsteln. In einem Topf mit Wasser bedeckt und Salz gewürzt zugedeckt 15−20 Minuten weich kochen.
  2. Inzwischen Zwiebel und Knoblauchzehen schälen und fein hacken.
  3. In grossen Topf die Bratbutter kräftig erhitzen. Das Hackfleisch hineingeben, salzen und unter Wenden anbraten, bis das Fleisch die Farbe verloren hat. Zwiebel, Knoblauch und Tomatenpüree beifügen und mitrösten. Den Rotwein dazugiessen und 3−4 Minuten kräftig einkochen lassen. Dann Bouillon und Worcestershiresauce beifügen und die Hackfleischsauce zugedeckt 20 Minuten kochen lassen.
  4. Inzwischen die Zucchetti ungeschält in 1 cm grosse Würfel schneiden. Gegen Ende der Kochzeit der Hackfleischsauce beifügen und nur noch 3–4 Minuten mitgaren.
  5. Die Cherrytomaten je nach Grösse halbieren oder vierteln und mit Salz sowie Pfeffer würzen.
  6. Den Backofen auf 200 Grad Umluft (220 Grad Ober-/Unterhitze) vorheizen.
  7. Die Kartoffeln abschütten und gut abtropfen lassen. Butter und Milch in die Pfanne geben und erhitzen. Die Kartoffeln durch die Kartoffelpresse dazudrücken. Den Gruyère untermischen und das Püree mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen.
  8. Die Cherrytomaten unter das Hackfleisch mischen und die Sauce wenn nötig nachwürzen. Das heisse Hackfleisch in 6 grosse Suppen- oder Bechertassen füllen. Mit dem Kartoffelpüree decken.
  9. Die noch warmen Shepherd Pies im vorgeheizten Ofen auf der zweituntersten Rille 15−20 Minuten backen. Sind die Pies abgekühlt oder kommen sie sogar aus dem Kühlschrank, verlängert sich die Backzeit um 10–15 Minuten.

Karamelltöpfchen

Kindheitserinnerungen sind mit diesem Dessert verbunden: Am liebsten gingen wir am Sonntag zu Besuch bei Grossmama väterlicherseits, denn dort gab es mit Sicherheit vor allem eines: ihre üppig-süssen Karamelltöpfchen, ein Zwitter von zartem Pudding und herzhafter Creme. Die auch heute noch liebevolle Erinnerung daran sagt wohl mehr über das Dessert aus als die Tatsache, dass mir auf der Heimfahrt mehr als einmal leicht übel war, weil ich so viel Creme genascht hatte – aber ich hütete mich natürlich tunlichst, dies meinen Eltern zu erzählen. Ein Rezept für die Karamelltöpfchen hat Grossmama leider nicht hinterlassen, aber ich denke, meine Variante – wohl ein bisschen weniger süss als das Original – ist ein gelungener Versuch, Kindheitsträume wieder lebendig werden zu lassen.

Zutaten

Ergibt 6 Portionen
25 gSpeisestärke
400 mlMilch
2Eigelb
½ TeelöffelSalz
100 gZucker
1 EsslöffelButter
200 gDoppelrahm
150 mlVollrahm
1 PäckchenBourbon-Vanillezucker

Zubereitung

  1. Aus Backpapier 6 Rondellen im oberen Durchmesser der vorgesehenen Auflaufförmchen, kleinen Tassen oder hitzebeständigen Gläser ausschneiden und mit Wasser anfeuchten.
  2. Die Speisestärke in eine Schüssel geben. Nach und nach mit dem Schwingbesen die Milch dazugiessen und glatt rühren; es dürfen keine Klümpchen vorhanden sein. Dann die Eigelbe und das Salz unterrühren.
  3. In einem mittleren Topf den Zucker bei Mittelhitze – nicht mehr! – langsam zu goldbraunem Karamell schmelzen lassen; erst umrühren, wenn praktisch die ganze Zuckermenge flüssig geworden ist. Nun die Butter unterrühren und erst dann den Doppelrahm beifügen. Vorsicht, die Masse wallt ziemlich heftig auf. So lange bei schwacher Hitze weiterrühren, bis sich allfällige Zuckerklümpchen aufgelöst haben. Dann die Milch-Ei-Mischung nochmals durchrühren und zum Karamell giessen. Alles unter Rühren aufkochen, bis die Creme dicklich wird. Vom Herd ziehen. Die Creme in einen hitzebeständigen Messbecher füllen und von dort aus in die Förmchen giessen. Sofort die vorbereiteten Backpapier-Rondellen direkt auf die Oberfläche der Creme legen, damit sie beim Abkühlen keine Haut bekommt. Die Karamelltöpfchen mindestens 4 Stunden kühl stellen.
  4. Vor dem Servieren den Rahm mit dem Vanillezucker steif schlagen.
  5. Die Backpapier-Rondellen von der Creme entfernen. Je etwas Schlagrahm auf die Creme geben und mit einer Gabel sorgfältig und schlierenartig im oberen Drittel der Cremetöpfchen einrühren. Den restlichen Schlagrahm separat zu den Karamelltöpfchen servieren.
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