Seit 30 Jahren auf Sendung
Wasser kochen, Wein servieren

Vor Jamie Oliver, Johann Lafer oder Annemarie Wildeisen: «Kochen mit Martina und Moritz» ist die am längsten ausgestrahlte TV-Küchen-Show. Ein Porträt zum 30-Jahr-Jubiläum.
Publiziert: 24.10.2018 um 19:30 Uhr
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Aktualisiert: 14.11.2018 um 22:50 Uhr
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In ihren Anfängen: Martina Meuth und Bernd «Moritz» Neuner-Duttenhofer 1990 in ihrer TV-Show.
Foto: Jürgen Klemenz
Daniel Arnet

Der Kommissar schlägt zu: Schusselig wirft Schauspieler Dietmar Bär (57), bekannt als Kölner «Tatort»-Ermittler Freddy Schenk, eine Weinflasche um und – zack, wumm – ist vis-à-vis der volle Spaghettiteller von Literaturkritiker Denis Scheck (53, «Druckfrisch») entzweit. Wie passend für diese Jubiläums-TV-Show von «Kochen mit Martina und Moritz», denn Scherben bringen bekanntlich Glück.

Happy Birthday, Martina Meuth (70) und Bernd «Moritz» Neuner-Duttenhofer (74): Seit 1988 sind die schwäbischen Eheleute mit ihren Kochkünsten auf diversen Sendeplätzen der ARD zu sehen. Und zum 30. Geburtstag ihrer gut halbstündigen, wöchentlichen Kochsendung bewirten die beiden Gutsbesitzer aus Sulz am Neckar Fernsehprominenz wie Bär und Scheck.

Als «dienstälteste Köche im deutschen Fernsehen» bezeichnet der Westdeutsche Rundfunk (WDR) Meuth und Neuner-Duttenhofer. Im deutschsprachigen Raum sogar, denn sie sind lange vor dem Österreicher Johann Lafer (61) und dem Deutschen Horst Lichter (56) im Äther, aber auch vor der Österreicherin Sarah Wiener (56) und der Schweizerin Anne­marie Wildeisen (72).

Selbst der Cooking-Show-Hype in den USA beginnt erst Mitte der 90er-Jahre, und der britische Küchenstar Jamie Oliver (43) geht mit «The Naked Chef» noch später auf Sendung. Meuth und Neuner-Duttenhofer haben also weltweit einen einzigartigen Status, auch wenn das Genre nicht ihre Erfindung ist – bereits 1937 lässt die BBC kurz den Schwingbesen im TV tanzen.

In mehr als 400 Episoden fast 3500 Rezepte zubereitet

Keine Ess- und Trinkshow hat ein so langes Haltbarkeitsdatum wie «Kochen mit Martina und Moritz» und die Vorgängersendung «Servicezeit Essen & Trinken»: Bis heute gibt es über 400 Episoden, in denen Meuth und Neuner-Duttenhofer fast 3500 Rezepte zubereiten. Ein Lieblingsrezept? «Eins? Viele! Je nach Jahreszeit, Tageszeit, Lust und Befinden», sagt Meuth zum SonntagsBlick-Magazin. «Wir lieben die Küchen Asiens – Thai, Vietnam, China –, aber genauso alles Mediterrane und die Alpenküche.» Sie könne sich nicht festlegen und komme dadurch immer wieder auf neue Ideen, die sie in die Sendung einfliessen lasse.

Rüsten, Schnetzeln und Brutzeln, vor allem aber auch Schwatzen, Scherzen und Hänseln: Meuth mag sich vor der Kamera schon mal über ein zu kleines Küchenmesser mokieren, das ihr Mann verwendet, oder über Salatstiele, die er nicht wegschneidet. «Wenn ich sie dran lasse, kriege ich einen über», sagt Neuner-Duttenhofer in der Jubi­läumssendung scherzhaft zu Bär. «Die strenge Frau», frotzelt Meuth und sagt, das TV-Publikum habe sie deswegen in den 30 Jahren immer wieder gerügt.

Die Jubiläumssendung hatte bei ­ihrer Ausstrahlung Mitte September im WDR eine Einschaltquote von 11,9 Prozent, im Durchschnitt liegt sie 2018 bei 7,7 Prozent, was etwa einer Viertelmillion Kochwilliger vor den Bildschirmen entspricht. Auch bei uns hat «Kochen mit Martina und Moritz» viele Fans – Zuschauerpost mit der Schlussformel «Liebe Grüsse aus der Schweiz» ist der Redaktion jedenfalls «sehr vertraut», wie Kathrin Hof vom WDR sagt.

«Das Zuschauerinteresse an der Sendereihe war seit jeher immer stark ausgeprägt», sagt Hof weiter. «Besonders bei den jungen Zuschauern hat ‹Kochen mit Martina und Moritz› Kultstatus.» Denn ­Kochen bleibt im Internetzeitalter eine altmodische, analoge Tätigkeit mit Hand und Hirn.

Deshalb sind die aufgewärmten älteren Episoden auf Youtube heiss begehrt. Am meisten Aufrufe hat die Folge «Schnelle Pasta-Ideen», gefolgt von «Gemüseauflauf» und «Gefüllte Pfannkuchen». «Unsere Rezepte sind praktikabel – man kann sie leicht nachkochen, und es klappt», erklärt Martina Meuth den jahrelangen Erfolg. «Wir zeigen ja eine ganz normale Haushaltsküche, keine aufwendigen Kreationen aus der Sterneküche.»

Über 70 Kochbücher veröffentlicht

Weder Meuth noch ihr Mann sind ausgebildete Köche – sie arbeitete vor der TV-Karriere als Journalistin für die Zeitschriften «Eltern» und «Freundin», er absolvierte ein ­Studium der Theatergeschichte, Soziologie und Kunstgeschichte. Das Schreib- und Show-Talent der beiden zeigt sich in ihren weiteren Tätigkeiten: Bis heute haben sie zusammen über 70 Kochbücher veröffentlicht und geben in Sulz am Neckar Kochkurse.

Keine 100 Kilometer von der südlichen Landesgrenze entfernt, zieht es viele Schweizer zur kulinarischen Weiterbildung ins idyllische Apfelgut, das bereits der Urgrossvater von Neuner-Duttenhofer erwarb. Die Aufnahmen zu «Kochen mit Martina und Moritz» kommen seit Jahr und Tag aus der Küche des burgartigen Gutsgebäudes, Gemüse und Früchte aus dem Garten oder der ländlichen Umgebung des Nordschwarzwalds (Buchtipp rechts).

«Es gibt keine Abfälle in einer guten Küche»

«Convenience-Zeug kommt uns nicht ins Haus», sagt Meuth abschätzig, «wir brauchen keine Brühwürfel, keine Tüten oder ­Dosen.» Lange vor der Foodwaste-Bewegung, die gegen die Lebensmittelverschwendung ankämpft, propagierten Meuth und Neuner-Duttenhofer die Resteverwertung. Sie stellen praktisch in jeder Sendung einen Suppentopf auf den Herd, in den sie Gemüseschalen und Fleisch­abschnitte werfen, um daraus eine Brühe zu kochen.

«Es gibt keine Abfälle in einer ­guten Küche», sagt Meuth. Das gilt für sie als Slowfood-Mitglieder insbesondere für Fleischgerichte, wo alle Teile – «from nose to tail» – in die Pfanne kommen. Das Credo von Meuth: «Bewahren durch Aufessen und Erzeugung von bestmöglicher Qualität durch ethisch korrekte Haltung.» In diesem Zusammenhang beneidet sie die Schweiz für die guten Lebensmittel.

Gesalzene Preise in der Schweiz, aber «alles schmeckt besser»

«Wir staunen immer wieder über die gesalzenen Preise in Schweizer Läden», sagt Meuth. Doch dafür bekomme man eine wesentlich bessere Qualität. «Die Butter, der Käse, das Fleisch – das alles schmeckt einfach besser als bei uns», sagt die gebürtige Stuttgarterin. Da sie in jeder Sendung noch einen Getränketipp zum gekochten Gericht geben, schätzen sie vor allem auch «die Vielfalt, Individualität und häufig grossartige Qualität» der Schweizer Weine.

Die Weinflasche, die Dietmar Bär in der Jubiläumssendung umwirft, ist kein Schweizer, sondern ein griechischer Weisser. Der zerbrochene Spaghettiteller ist schnell weggeräumt, die Situation mit ein paar Scherzen gerettet. «Läuft mal etwas nicht ganz so wie geplant, weiss man sich irgend­wie doch immer zu helfen», sagt Meuth.

Hat sie nie etwas aus der Ruhe gebracht? Meuth denkt nach und sagt: «Einmal, doch. Eine Tarte-­Tatin-Variante aus Dörrobst haben wir vor laufender Kamera aus ­Versehen mit Salz statt Zucker zu karamellisieren versucht – die war dann ungeniessbar und sah aus wie ­gepökelt.» Schön, dass auch aus­gekochten Profis ein solches Missgeschick passieren kann.

Nächste Sendung «Kochen mit Martina und Moritz» am Samstag, 27. Oktober, 17.45 Uhr im WDR

Neues Rezeptbuch der ältesten TV-Köche

Warenkunde, Küchentechnik und regionale Rezepte: In ihren über 70 Büchern vermitteln Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer fachkundig verschiedene ­Facetten rund ums Kochen.

In ihrem soeben erschienenen Buch «Unsere Waldküche» zeigen sie auf, dass man nicht immer ins Lebensmittelgeschäft oder auf den Markt gehen muss, um frische Zutaten für ein feines ­Gericht zu kaufen.
In jahreszeitlich gegliederten ­Kapiteln geben sie praktische Tipps, was man unter ­Bäumen findet und wie man das Gepflückte am besten zubereitet – vom ­Bärlauch im Frühling über ­sommerliche Waldbeeren bis zu Pilzen im Herbst.

Sollte man jetzt mit einem ­einzelnen Steinpilz aus den Wäldern zurückkehren, em­pfehlen die TV-Köche, daraus ein Carpaccio zu machen.
«Auf einen Teller etwas Salz und Pfeffer streuen, auch ein wenig sehr fein gehackte Petersilie ­verteilen und einen Kringel von duftendem Olivenöl setzen. Darauf die mit dem Trüffelhobel sehr dünn geschnittenen Scheiben vom Steinpilz anordnen.» Noch etwas Zitrone drauf – fertig!

Martina Meuth/Bernd Neuner-Duttenhofer: «Unsere Waldküche – kulinarische Schätze aus der Natur», Lübbe-Verlag

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Sollte man jetzt mit einem ­einzelnen Steinpilz aus den Wäldern zurückkehren, em­pfehlen die TV-Köche, daraus ein Carpaccio zu machen.
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Martina Meuth/Bernd Neuner-Duttenhofer: «Unsere Waldküche – kulinarische Schätze aus der Natur», Lübbe-Verlag

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