Auf einen Blick
- Mise en Place im Alltag überbewertet. Effizienter: Zutaten direkt verarbeiten
- Kochen nach dem «Sciuè-sciuè»-Prinzip: Zutaten in umgekehrter Reihenfolge verarbeiten
- Profis in der Gastronomie bereiten 578 Gerichte pro Abend zu
Leser Markus fragt: «Meine Freundin und ich geraten uns beim Kochen regelmässig in die Haare. Sie verlangt, dass ich immer alle Zutaten in Schäleli bereitstelle, bevor ich mit Kochen anfange. ‹Hast du noch nie etwas von Mise en Place gehört?›, frotzelt sie dann. Mich nervt das ein bisschen. Kann man nicht einfach nach und nach alle Zutaten in den Topf schnetzeln?»
Lieber Markus, deine Freundin will wohl einen Fernsehkoch aus dir machen! Aber dieses typische «Ich hab das schon mal vorbereitet»-Getue ist nichts fürs wahre Leben. Und selbst im TV sieht das oft äusserst unbeholfen aus, wenn der Promikoch versucht, 20 Gramm Schnittlauchringli aus einem Glasschäleli zu kippen – die Hälfte bleibt meist hängen – und dann schwenkt die Regie rasch um auf Vollbild. Oder Senf! Wer, bitte, drückt 4 cm Senf aus der Tube in ein Schäleli, um ihn dann mühsam wieder heraus zu löffeln, zum Beispiel für eine Vinaigrette? Eben, nur Fernsehköche.
Also ja, lieber Markus, ich finde, Mise en Place wird im Alltag überbewertet. Gestern zum Beispiel musste ich drei Rezepte für mein Buch kochen und fotografieren. Das geht ja bei mir zu Hause immer so nebenher: Gerichte kochen, einen Teil davon der Familie als Mittagessen servieren, zusätzlich einen Teller schön anrichten, fotografieren, fertig.
Da fällt mir wieder einmal auf: «Sciuè sciuè», wie man in Neapel «auf die Schnelle» sagt, ist hundertmal effizienter, als wie ein Anfänger in der Kochschule zuerst alle Zutaten fürs Mise en Place bereitzustellen. Das überlasse ich mal schön den Profis in der Gastronomie, die das logischerweise auf jeden Fall brauchen, weil sie im Gegensatz zu mir 578 Gerichte pro Abend raushauen. Aber daheim völlig überflüssig, wenn man nicht gerade einen Mehrgänger für zwölf Personen kocht.
Typischerweise habe ich noch nicht mal den Mantel ausgezogen und die Einkaufstaschen ausgepackt, wenn ich den Ofen anwerfe und schon mal das Pastawasser aufsetze. Und dann werden die Zutaten quasi direkt aus der Einkaufstasche verarbeitet. Und zwar in umgekehrter Reihenfolge: Also, das mit der längsten Gardauer wird als Erstes gekocht.
Beispiel? Das Fleisch brate ich bereits an, während ich noch die Zwiebeln und das Röstgemüse dafür klein schneide. Die werden dann in einer separaten Pfanne angeschwitzt und anschliessend zum Fleisch gegeben. So habe ich parallel immer mehrere Pfannen am Laufen, in denen etwas seiner Bestimmung entgegenschmort. Dann werden die gebrauchten Pfannen nach und nach abgeräumt, und die Zutaten finden in einem gemeinsamen Topf, einer Pfanne oder einem Ofenbräter zusammen.
Dazwischen höre ich immer wieder meine Frau sagen: «Ich könnte so nicht kochen!» oder: «In der Kochschule haben wir das anders gelernt, da haben wir zuerst alles in kleinen Schalen bereitgestellt und dann erst angefangen zu kochen!» Seht ihr, was ich meine? In der Zeit ist mein erstes Gericht schon längst fertig, und ich serviere ihr mit einem Lächeln die Vorspeise.