Der pensionierte Banker Dieter Bornemann (66) mag Teddybären
«Wieso soll man ab einem gewissen Alter damit aufhören?»

Nach Prinz Andrews Plüschtierfieber haben wir bei Dieter Bornemann (66) nachgefragt, was Erwachsene an Stoffbären fasziniert. Der Zürcher lebt mit seiner Teddyfamilie.
Publiziert: 12.02.2022 um 16:35 Uhr
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Dennoch sei Bornemann in schwierigen Situationen froh, dass die Teddys da seien und seiner Wohnung eine heimelige Atmosphäre verliehen.
Foto: Lea Ernst
Lea Ernst (Text und Fotos)

Wenn Dieter Bornemann (66) aufsteht, schauen ihn bereits viele glänzende Knopfäuglein an. Jeden Morgen setzt sich der pensionierte Bankkaufmann aus Zürich an seinen Küchentisch. Sein Gegenüber: Alex, hellbraun und flauschig. Ein Teddybär.

Seit rund 120 Jahren ist der Teddy der ungeschlagene Klassiker unter den Plüschtieren: Gemäss den Anbietern Spielkiste, Carletto und Steiner Plüsch ist die Nachfrage noch heute konstant sehr hoch.

Doch während die Bären im Kinderzimmer oder als verstaubte Erinnerungsstücke akzeptiert werden, scheint das Verständnis für erwachsene Teddyfans an seine Grenzen zu stossen, wie die jüngste Teddy-Enthüllung von Prinz Andrew zeigte. Wie ein ehemaliger Leibwächter verriet, soll der Sohn der Queen auf seinem Bett fein säuberlich eine riesige Plüschtiersammlung platziert haben. Wir haben beim Zürcher Teddyfan Dieter Bornemann nachgefragt, was Erwachsene an den flauschigen Bären fasziniert.

Lebenslange Begleiter

«Das ist Molly, der Chef der Bande», stellt Bornemann im Wohnzimmer seine Familie aus Plüsch vor. Liebevoll aufgereiht sitzen seine Bären auf einer Truhe, dem Sofa, dem Fenstersims und in den Regalen. Unter ihnen Köbi, ein uralter Teddy, den Bornemann von einem verstorbenen Bekannten übernommen hat; oder Scusi, der aus Italien kommt. Und Lulu, mit dem vor rund 60 Jahren alles angefangen hat.

Plötzlich sei das «Bärli» damals unter dem Weihnachtsbaum gelegen, erzählt Bornemann. Von Anfang an war es für ihn viel mehr als nur ein Stofftier: «Man muss sie sich nur mal genau anschauen – und man erkennt einen Schalk in ihren Augen.» Ob nachdenklich wie Brummli oder forsch wie Molly: Sie hätten alle einen ganz eigenen Charakter, sagt Bornemann, der die Teddybären mit seiner Fantasie zum Leben erweckt.

Viele seiner Bären begleiten ihn schon fast sein Leben lang. Sie sind für ihn eine Selbstverständlichkeit geworden. «Vor allem in schwierigen Situationen bin ich froh, dass sie bei mir sind», sagt er. In seinen eigenen vier Wänden schafft er sich spielerisch die behagliche Atmosphäre, die ihm in der nüchternen Welt draussen so oft fehlt. «Ich schlüpfe gerne in andere Rollen, gebe den Teddys eine Bühne, sehe mich gewissermassen als Marionettenspieler», sagt er.

Das Fell, das Tränen trocknet

Was Bornemann an den Bären fasziniert, sind ihre Lebensgeschichten. Sieht er auf einem Flohmarkt einen ausgedienten Teddy, dem beispielsweise ein Arm oder ein Auge fehlt, ist er gleich besorgt: «Jesses nei, das Bärli.» Wie viele Tränen hat dieses Fell wohl bereits getrocknet, wie oft wurde so ein herziger Teddy für einen Menschen zum Trostspender in schwierigen Zeiten?

Auch der Gang durch die Spielzeuggeschäfte könne für den Teddyliebhaber zur Herausforderung werden. Nämlich dann, wenn Stofftiere lieblos kreuz und quer übereinandergestapelt zum Verkauf angeboten werden. «Mich stört es, wie respektlos dort mit ihnen umgegangen wird.» Er kann es dann nicht lassen, die Teddys richtig hinzusetzen.

Häufig streichelt Bornemann die Bärchen im Geschäft und hofft, dass sie alle ein schönes, behütetes Zuhause finden. Denn er sei kein Sammler: Marke oder Produktionsreihe spielen für ihn keine Rolle. «Vielmehr ist die Ausstrahlung entscheidend und wie kuschelig der Teddybär ist», sagt er.

Kein Ersatz für menschliche Gesellschaft

Wenn Bornemann in der Öffentlichkeit von seinen Teddys erzähle, seien manche Leute irritiert. So wurde er bereits gefragt, ob er das psychologisch habe abklären lassen. Eine solche Kritik trifft ihn: «Wieso soll man aufhören, Teddys gernzuhaben, obwohl es so viel Freude und Erfüllung bereiten kann?» Dass Fantasie und Verspieltheit auch im Erwachsenenleben mehr Platz haben, ist ihm ein grosses Anliegen. Und wenn dies Unverständnis hervorrufe, sage das eher etwas über unsere Gesellschaft aus.

Bornemann ist ledig. Deshalb werde er manchmal gefragt, ob er statt mit Teddybären nicht lieber mit einer Partnerin oder einem Partner zusammenleben möchte. Doch: «Teddy ist Teddy, Mensch ist Mensch.» Er fühle sich weder alleine noch einsam. Die Teddybären seien für ihn kein Ersatz für menschliche Kontakte oder Beziehungen, sondern einfach eine bereichernde Ergänzung.

Auch mit Realitätsflucht habe seine Teddyliebe nichts zu tun. Er wolle der häufig problematischen Welt eine heile, kuschelige Welt gegenüberstellen und freue sich stets von neuem, wenn er zu Hause mit leuchtenden Knopfaugen erwartet werde. «Ich schaffe mir in meiner Wohnung eine Grundstimmung, die mich für das Leben draussen vor der Haustür stärkt», sagt Bornemann.

In den nächsten Tagen fährt er in die Ferien. Dass seine Teddys pflegeleicht, immer treu und nie nachtragend sind, sei ein grosser Vorteil. «Aber wer weiss, was sie alles anstellen, wenn ich nicht zu Hause bin ...»

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