Der Herbst ist da und mit ihm kommt ein grosser Wetterwechsel: Die Tage werden kürzer, dunkler, es wird kälter und die Luft trockener. Das zerrt nicht nur an unserem Gemüt, sondern ist auch für unsere Haut eine enorme Belastung. Diese trocknet schneller aus und braucht dann mehr Zuneigung sowie Pflege. Vor allem unsere Lippen sind betroffen, da diese zu den besonders empfindlichen Stellen zählen.
Spannen unsere Lippen oder fühlen sie sich spröd an, greifen wir zu einer Lippenpflege. Hatte diese bisher die Form eines feuchtigkeitsspendenden Balsams, erlebt zurzeit sanftes Lip Oil einen regelrechten Hype: Auf Social-Media-Plattformen wie Tiktok wird die alternative Pflege gelobt. Glossy Lips, wie wir sie aus den 2000er-Jahren kennen, feiern ihr Comeback. Aber keine Angst – dieses Mal sind die Produkte geschmeidig und keine klebrigen Lipgloss, die sich unbequem auf unseren Lippen anfühlen!
Doch sind Lippenöle genau so pflegend wie samtige Lippenstifte? «Prinzipiell können Öle Haut und Lippen auch gut rückfettend pflegen. Ein Pflegeprodukt besteht aber immer aus der Grundlage und den Inhaltsstoffen», sagt Dr. med. Christoph Schänzle zu Blickmagazin.ch. Er ist Chefarzt Dermatologie und Venerologie der Pallas Kliniken Aesthetics und stellvertretender CMO.
Wichtig sei, den Zustand der Lippen zu berücksichtigen. «Hier gibt es den Grundsatz, dass man für sehr ausgetrocknete, spröde oder eingerissene Haut und Lippen eine reichhaltige, also rückfettende Grundlage in Salbenform verwenden sollte», rät der gebürtige Oberschwabe. Aus diesen Gründen hat laut dem Experten fester Lippenbalsam insbesondere bei rissigen Lippen und als Kälteschutz im Winter, zum Beispiel beim Skifahren, nach wie vor seinen berechtigen Stellenwert.
«Öle ziehen rasch ein»
Beim Aussuchen einer Pflege kommt es also auf den Zustand von unseren Lippen an. Aber auch die eigene Vorliebe zählt. «Bei normaler und intakter Lippenhaut können Öle sehr gut verwendet werden, da sie durch die dünnflüssige Galenik angenehmer beim Auftragen sind und rasch einziehen», führt Schänzle an.
Was stets berücksichtigt werden sollte, sind die Inhaltsstoffe, die laut dem Dermatologen keine Substanzen sein sollten, die Potenzial zur Allergieauslösung haben. Der Chefarzt erklärt: «Am besten wählt man Produkte mit Ingredienzen, die gut hautverträglich sind. Produkte mit bekannt allergischem Potenzial, wie beispielsweise Wollwachalkohole oder bestimmte Konservierungsstoffe, sollten gemieden werden.» Meist würden heute solche Produkte aber gar nicht mehr erst auf den kommerziellen Markt kommen. «Im Kosmetikbereich gibt es mittlerweile strenge gesetzliche Reglungen bei der Herstellung und Rohstoffauswahl.»
Gibt es auch ein «Zuviel» an Lippenpflege?
Übertreiben sollte man es aber weder beim Lippenöl noch beim Balsam. Denn: «Man kann die Haut oder Lippen auch überpflegen», stellt Schänzle klar. Es könnte zu einem – recht häufig auftretenden – dermatologischen Krankheitsbild, die sogenannte «Stewardessen-Krankheit» oder in der Fachsprache als «Periorale Dermatitis» bezeichnet, kommen, das fast immer durch ein Zuviel an Pflege oder die Verwendung von verschiedensten Produkten entsteht.
Wie man merkt, ob man seine Lippen zu sehr verwöhnt, erklärt der Dermatologe: «Das klinische Bild zeigt oft eine Blässe um den Mund mit akneartigen Hautveränderungen, wie kleinen Pickeln und Bläschen. Die Erkrankung hat aber mit Akne nichts zu tun.» Oft spüre man ein unangenehmes Spannungsgefühl, was dazu führt, dass man nur noch mehr Pflegemittel verwendet – und ein Teufelskreis entsteht. Dann ist das Einzige, was nützt: «Die Pflege absetzen und eine hautärztlich verordnete, wässrige und kortisonfreie Emulsion für vier bis sechs Wochen verwenden!» Nach vorübergehender Verschlechterung kommt es für gewöhnlich zu einer vollständigen Abheilung, wie der Chefarzt ausführt. Und von da an gilt in Sachen Lippenpflege das Motto: Weniger ist mehr!
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