Beissender Schwefelgeruch erfüllt die Luft im Coiffeursalon Valesca Hair im Zürcher Seefeld. Orlando (19) hat den Kopf voller Lockenwickler, sogenannten Papilotten. Er bekommt eine Dauerwelle. Mit einer Tube trägt Friseurin Julia-Valesca Bliedung (37) die chemische Wellflüssigkeit auf Orlandos eingewickelte Strähnen auf. Die Frisur aus den Achtzigern, die bei den älteren Generationen schaurige Erinnerungen an krause Mähnen, neonfarbene Trainingsanzüge und Schulterpolster hervorruft, feiert ihr Comeback.
Sie ist vor allem bei Männern zwischen 18 und 30 Jahren angesagt. Auch in Orlandos Freundeskreis ist die Frisur total in. Er trägt seine Haare schulterlang und lässt sich deshalb eine lockere Dauerwelle machen. Dafür eigne sich die Papilotten-Technik sehr gut, sagt Bliedung. «Die Wellen sehen damit sehr natürlich aus.»
Die Preise für eine Dauerwelle fangen bei 140 Franken an. Das Prozedere dauert vom Einwickeln der Strähnen über das Auftragen der Wellflüssigkeit sowie der Fixierung bis hin zum Stylen rund zwei Stunden. Zwischen den verschiedenen Schritten müssen die chemischen Mittel rund 15 Minuten einwirken. «Es ist schon ungewohnt, so lange beim Friseur zu sitzen», sagt Orlando.
«Mehrere Dauerwellen-Kunden pro Woche»
Bliedung hat sich bereits früh für den wiederkehrenden Trend gewappnet. «Vor etwa zwei Jahren fiel mir auf, dass immer mehr Menschen mit Locken herumlaufen», sagt sie. «Es war also nur eine Frage der Zeit, bis die Dauerwelle zurückkommt.» Deshalb hat die Friseurin die Behandlung, die heutzutage «Modern Perm» (auf Deutsch: moderne Dauerwelle) genannt wird, in ihrem Salon ins Angebot aufgenommen. Inzwischen kommen pro Woche rund drei Männer für eine Dauerwelle zu ihr.
Auch bei Cannazza Coiffeur am Zürcher Klusplatz ist die Frisur gefragt. «Wir bieten sie seit Anfang dieses Jahres wieder an, weil wir immer mehr Anfragen bekommen haben», sagt Coiffeuse Julia Somm (28). Sie macht gerade einem 31-jährigen Kunden eine Dauerwelle, der anonym bleiben möchte. «Ich wollte mal etwas Neues ausprobieren und habe mich von einem Kollegen aus dem Bekanntenkreis inspirieren lassen», sagt er. Da er sehr gerade Haare hat, wählt er den Schnitt, der bei vielen aktuell im Trend ist: die Seiten kurz und oben gelockt. «Meine Mutter hat gelacht, als ich ihr gesagt habe, dass ich mir eine Dauerwelle machen lasse.»
Trockenhauben braucht es nicht mehr
Dass mit der Dauerwelle ein weiterer Trend aus der Vergangenheit wieder alltagstauglich und cool ist, überrascht wenig. Ein Blick auf die heutigen Teenager in Cargohosen, bauchfreien Tops und mit Bling-Bling-Taschen zeigt: Vieles, das mal hip war, kommt irgendwann zurück. Während die Dauerwelle bei Eltern für Schmunzeln sorgt, hat sie sich seit den Achtzigern etwas weiterentwickelt.
Sie hat nicht nur beim Namen eine Aufwertung bekommen, sondern auch bei der Art und Weise, wie sie gemacht wird. Die Trockenhaube, unter der man sich klischeehaft eine Frau mit einer Zeitschrift in der Hand vorstellt, sieht man heute nur noch selten. Denn damit bekomme die Dauerwelle ein buschiges Volumen, was bei der Modern Perm nicht das Ziel sei, sagen die Coiffeusen. Entweder seien die Locken heute sehr definiert, mit einem sauberen Schnitt, oder die Frisur gehe in Richtung Beach Waves, lockere Strandwellen.
Obwohl nach wie vor viel Chemie notwendig ist, um die Haare in die neue Form zu bringen, sind die Mittel laut den Friseurinnen schonender als vor 40 Jahren. Trotzdem raten sie ihren Kunden, die Haare mit einem feuchtigkeitsspendenden Shampoo zu waschen, damit die Locken möglichst gesund bleiben.