Rupa Mukerji hat in ­ihrer Heimat Indien Natur­wis­sen­schaften und Ma­nage­ment ­studiert und ist in der Geschäftsleitung von Helvetas. Seit Januar ­arbeitet sie zudem als Lead-Autorin am UN-Weltklimabericht.
Foto: Roland Tännler

Umweltexpertin Rupa Mukerji ist überzeugt
In der Schweiz kann man aufs Auto verzichten

Klimaexpertin Rupa Mukerji (51) sieht die Zukunft positiv – vorausgesetzt, wir handeln jetzt. Die Inderin arbeitet von der Schweiz aus am nächsten Uno-Klimabericht.
Publiziert: 12.04.2019 um 08:40 Uhr
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Aktualisiert: 26.06.2019 um 07:09 Uhr
«Wir müssen in den nächsten zwölf Jahren handeln, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern.»
Foto: Roland Tännler
In Kooperation mit BKW

Von Barbara Halter (Interview) und Roland Tännler (Fotos), SI GRUEN

Der Fototermin muss schnell gehen. Im Park neben dem Zürcher Landesmuseum weht ein eisiger Wind, und Rupa Mukerji ist sich als Inderin wärmere ­Temperaturen gewohnt. Sie lebt seit ­sieben Jahren mit ihrem Mann und der 18-jährigen Tochter in der Schweiz, derzeit in Oberrieden ZH, und arbeitet in der Geschäftsleitung der Entwicklungs­organisation Helvetas. Sie hat Natur­wissenschaften und Management studiert und sich als Klimaexpertin einen Namen gemacht. Schon zum zweiten Mal ist sie als Lead-Autorin beim Uno-Weltklima­bericht dabei. Er wird vom IPCC, dem Inter­governmental Panel for Climate Change, herausgegeben. Der Bericht erscheint 2022 zum sechsten Mal, im Januar hat die Arbeit dafür begonnen.

SI GRUEN: Rupa Mukerji, wie kommt man zu dieser Ehre?
Ripa Mukerji:
Beim letzten Report nominierte mich die indische Regierung als Lead-Autorin. Sie suchte jemand, der Theorie und Praxis kennt. Ich arbeitete damals mit Gemeinden in Andhra Pradesh und Rajasthan. Es ging darum, ihnen zu helfen, die Auswirkungen des Klimawandels zu verstehen und sich anzupassen. Dieses Mal rechnete ich nicht mit einer Nomination. Ich lebe nun in der Schweiz, in Indien erinnert sich sicher niemand mehr an mich, dachte ich (lacht). Doch dann kam die Schweizer Regierung auf mich zu.

Wie muss man sich Ihre Arbeit am Klimabericht konkret vorstellen?
Sie besteht aus sehr viel Lektüre. Als Lead-Autorin lese ich um die 3000 bis 4000 wissenschaftliche Dokumente zum Klimawandel. Daraus erarbeite ich mit meinem Team eine Einschätzung, die dann von weiteren Experten wissenschaftlich überprüft wird.

Der Bericht von 2015 kam zum Schluss, dass die Klimaerwärmung eindeutig ist und der Mensch die Hauptschuld daran trägt. Gibt es für den nächsten Bericht bereits eine Tendenz?
Ich baue auf den Uno-Sonderreport auf, der im letzten Oktober erschienen ist. Er sagt, dass wir in den nächsten zwölf Jahren handeln müssen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern. Wir müssen den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad mini­mieren. Ein zusätzliches halbes Grad hätte massive Folgen, zum Beispiel müssten mehr Menschen umgesiedelt werden. Die meisten verstehen diese 1,5 Grad Erwärmung übrigens falsch. Es handelt sich um einen Durchschnittswert: In der Schweiz wird es an einzelnen Orten eine Erwärmung von vier bis fünf Grad geben bis zum Ende des Jahrhunderts. Die Dringlichkeit ist hoch.

«Es ist nie zu spät», ist Rupa Mukerji überzeugt.
Foto: Roland Tännler

Aufgrund des Berichts gestalten die UN-Mitgliedstaaten ihre Klimapolitik. In Frankreich hat eine Öko-Steuer auf Benzin und Diesel eine Protestbewegung ausgelöst. Was lief da falsch?
Man kann solche Entscheide nicht über die Köpfe der Menschen hinweg fällen, es braucht einen öffentlichen Dialog. In Frankreich ist der Unterschied zwischen Stadt und Land in Bezug auf den öffent­lichen Verkehr riesig. Die Menschen auf dem Land sind auf Autos angewiesen. Lösungen müssen von der Gesellschaft als fair angesehen werden.

In der Schweiz war die Besteuerung von fossilen Brennstoffen oder Abgaben auf Flugtickets Bestandteil des neuen CO2-Gesetzes. Dieses wurde im Dezember vom Nationalrat abgelehnt. Wie war Ihre Reaktion?
Ich war schwer enttäuscht. Die Schweiz ist eines der fähigsten Länder im Kampf gegen den Klimawandel, gleichzeitig haben wir eine der weltweit grössten CO2-Emissionen pro Kopf, wenn man die Emissionen im In- und Ausland anschaut. Jetzt riskiert die Schweiz, das einzige Land der Welt zu werden, das kein nationales Emissionsreduktionsziel hat.

Müssen wir uns damit abfinden, dass unser Leben wegen des Klimawandels generell teurer wird?
Es ist bereits teurer geworden – für die armen Menschen dieser Welt. In Asien zum Beispiel müssen Bauern manchmal dreimal hintereinander neue Reissetzlinge anpflanzen, weil der Monsun nicht kommt. Die Kosten dafür tragen sie.

Der Klimawandel ist ein globales Pro­blem und muss auch global gelöst werden. Wie soll das gehen mit Ländern wie den USA oder Brasilien, deren ­Präsidenten kein Gehör dafür haben?
Solche Männer kommen an die Macht, wenn die Menschen das Gefühl haben, sie brauchen einen starken Mann, der ­einfache Lösungen für alle ökonomischen und gesellschaftlichen Probleme bietet. Ich kenne das aus Indien. Die Ernüch­terung folgt dann jeweils sehr schnell.

Sie denken, diese Herren können nicht allzu viel Schaden anrichten?
Diese Politiker denken kurzfristig. Ich denke langfristig und sehe, dass Lokal­regierungen, Unternehmen und die Bevölkerung die Klimaveränderung ernst nehmen – selbst in diesen Ländern.

Verspüren Sie nie Hilflosigkeit?
Ich fokussiere auf die nächsten zehn Jahre, in denen wir vieles verhindern ­können und müssen. Man darf nie sagen, es ist zu spät. Jeder kann seine Zukunft ändern. Nach diesem Grundsatz arbeiten wir auch bei Helvetas. Wir befähigen arme Menschen in Entwicklungsländern, ihr Leben zu verbessern, und stärken den Klimaschutz – etwa mit ökologischer Landwirtschaft. Wir entwickeln mit Bauern alternative Anbaumethoden, damit sie sich dem Klimawandel anpassen und ihr Leben vor Ort sichern können.

Rupa Mukerji lebt seit sieben Jahren in der Schweiz. Sie schätzt hier besonders den gut funktionierenden öffentlichen Verkehr.
Foto: Roland Tännler

Wie muss sich unser Lebensstil hier ändern, damit die Erwärmung stagniert?
Das Offensichtlichste sind die Flüge, ­allgemein der Verkehr. Ein durchschnitt­liches Auto verursacht im Jahr sechs Tonnen CO2, gleich viel, wie eine Person in der Schweiz in der gleichen Zeit. Wichtig ist auch der Hausbau – die Zementindus­trie ist einer der Schlüsselproduzenten von Treibhausgasen, das wissen die wenigsten. Hinzu kommen die Heizungen und der Konsum. Wir kaufen Klei­der, die wir nicht brauchen und zu einem Preis, der die wahren Kosten nicht deckt.

Kurz: Wir müssen viel an Komfort ­aufgeben?
Das sehe ich anders. Der Verzicht aufs Auto etwa ist in der Schweiz gut möglich. Als ich noch in Indien lebte, hatten wir zwei Autos, weil der öffentliche Verkehr nicht funktioniert. Hier ist das unnötig.

Wie machen Sie es bei Ihrer Arbeit am Klima­bericht? Sie müssen doch bestimmt regelmässig fliegen.
Eigentlich nicht. In der vierjährigen Arbeitsphase haben wir vier Treffen. Alles andere funktioniert ­digital, etwa mit Tele­fon­kon­ferenzen. Ist ein Flug nötig, wird ­dieser ­kompensiert.

Die meisten Schweizer wissen Bescheid über den Klimawandel. Trotzdem handeln wir nicht. Wieso?
Es gibt den sogenannten Tipping Point – der Punkt, an dem sich das Verhalten einer Gesellschaft ändert. Zum ­Beispiel wenn ein Zustand unerträglich geworden ist, wie damals die Sklaverei in den USA. Ich glaube, dieser Punkt ist sehr nah. Nur wenige Regierungen blockieren konstruktive Lösungen. Alle anderen sagen: Es reicht!

Sie erwähnen die Regierungen. Fallen meine Entscheidungen als Individuum gar nicht so ins Gewicht?
Doch. Wir können drei Dinge tun. Erstens: uns für Umweltinitiativen stark machen, abstimmen und Parteien wählen, die sich fürs Klima einsetzen. Zweitens: unser Geld klug ausgeben und investieren. Es gibt eine hilfreiche Liste, die zeigt, dass nur hundert Unternehmen für siebzig ­Prozent aller Treibhausgase verantwortlich sind. Und drittens: den Kindern ein Vorbild sein. Wir leben auf ihren Kredit.

Was machen Sie persönlich für den Umweltschutz?
Wir leben in einem alten Haus, das abgerissen werden soll. Im Winter heizen wir nur die Räume, in denen wir uns aufhalten. Wir haben einen Garten und bauen Gemüse an. Schwieriger ist die grosse Distanz zur Heimat: Meine betagte Mutter lebt alleine in Indien. Ich möchte sie eigentlich mehr besuchen, doch ich ver­zichte auf die Flüge und führe stattdessen Videoanrufe. Eine Gewohnheit, um Wasser zu sparen, habe ich noch aus meiner Kind­heit in Rajasthan, einer Wüstenregion: Beim Waschen von Linsen und Reis fange ich das Wasser auf und giesse damit die Pflanzen in Haus und Garten.

Suzanne Thoma: «Erst die Gesamtrechnung zeigt, wie nachhaltig wir sind»

Suzanne Thoma ist CEO der BKW Gruppe, eines international ­tätigen Energie- und Infrastruktur­unternehmens mit Sitz in Bern. Ihre Gedanken darüber, was sich in Sachen Stromversorgung wandeln muss. 

Die Erkenntnis, dass ein Klima­wandel stattfindet und dass er grösstenteils von Menschen gemacht ist, setzt sich langsam durch. Vielleicht ist es Ihnen wie mir ergangen. Der über eine lange Periode warme und trockene Sommer 2018 war wunderschön, aber er hatte auch etwas Beängs­tigendes. Da passiert etwas – und zwar nicht irgendwo, ­sondern direkt bei uns. Heute schon ist klar: Wir müssen uns künftig vermehrt auf ausser­gewöhnliche Trockenperioden und Wetterextreme einstellen.

Verzicht auf Öl und Kohle

Als innovative, technologisch orientierte Energie- und Infrastrukturdienstleisterin haben wir es uns zum Ziel gesetzt, unseren Beitrag zu leisten, um den Klimawandel und seine Auswirkungen so weit möglich einzudämmen. «Infrastrukturen für Lebensräume mit Zukunft» ist unsere Raison d’être, also die Antwort auf die Frage, wozu es unser Unternehmen gibt. Ein Wozu, das über wirtschaftliche Gründe hinausgeht, diese aber selbstverständlich beinhaltet. Die Energieversorgung, die global noch weitgehend auf Öl und Kohle basiert, muss umgestellt werden, damit wir den CO2-Ausstoss endlich ­einschränken. Dabei erhofft man sich wesentliche Beiträge durch die Umstellung auf Elektromobilität und durch den Aufbau von Wind-, Wasser- und Solarkraft für die Stromproduktion.

Städtebauer gefordert

Die klimatischen Bedingungen wirken sich auf die Gebäude und die Infrastrukturen aus. Städte mit Brücken, Flughäfen und Bahnhöfen müssen so geplant und gebaut werden, dass sie mit den zunehmenden Wetterextremen umgehen können. Die gesellschaftlichen Bedürfnisse wandeln sich: Immer mehr Menschen wünschen sich nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Es gibt schon heute gute Konzepte: Neue Häuser werden energieeffizient gebaut. Manch ein Haus gleicht einem kleinen Kraftwerk. Und in der Wasserversorgung werden wir laufend innovativer.

Die Gesamtrechnung zählt

Generell gilt: Die Zusammenhänge – gerade in der CO2-Reduktion – sind oft komplexer, als man es sich wünschen würde. Elektromobilität braucht Strom aus erneuerbaren Quellen, um einen Beitrag zu leisten. Zum Beispiel Windenergie führt auch zu Eingriffen in die Natur. Und eine der grossen offenen Fragen der Elektromobilität ist zudem das Recycling der Batterie. Um zu beurteilen, was wirklich zukunftsträchtig ist im Sinne der Nachhaltigkeit, führt kein Weg daran vorbei, den gesamten Ressourcenverbrauch und CO2-Ausstoss über die ganze Lebensdauer eines Produkts zu betrachten. Und die Frage nach der Gesamt­rechnung sollten wir uns auch selber stellen: Gerade für uns Schweizer mit unserem hohen Lebensstandard eine Knacknuss.

Ruben Wyttenbach

Suzanne Thoma ist CEO der BKW Gruppe, eines international ­tätigen Energie- und Infrastruktur­unternehmens mit Sitz in Bern. Ihre Gedanken darüber, was sich in Sachen Stromversorgung wandeln muss. 

Die Erkenntnis, dass ein Klima­wandel stattfindet und dass er grösstenteils von Menschen gemacht ist, setzt sich langsam durch. Vielleicht ist es Ihnen wie mir ergangen. Der über eine lange Periode warme und trockene Sommer 2018 war wunderschön, aber er hatte auch etwas Beängs­tigendes. Da passiert etwas – und zwar nicht irgendwo, ­sondern direkt bei uns. Heute schon ist klar: Wir müssen uns künftig vermehrt auf ausser­gewöhnliche Trockenperioden und Wetterextreme einstellen.

Verzicht auf Öl und Kohle

Als innovative, technologisch orientierte Energie- und Infrastrukturdienstleisterin haben wir es uns zum Ziel gesetzt, unseren Beitrag zu leisten, um den Klimawandel und seine Auswirkungen so weit möglich einzudämmen. «Infrastrukturen für Lebensräume mit Zukunft» ist unsere Raison d’être, also die Antwort auf die Frage, wozu es unser Unternehmen gibt. Ein Wozu, das über wirtschaftliche Gründe hinausgeht, diese aber selbstverständlich beinhaltet. Die Energieversorgung, die global noch weitgehend auf Öl und Kohle basiert, muss umgestellt werden, damit wir den CO2-Ausstoss endlich ­einschränken. Dabei erhofft man sich wesentliche Beiträge durch die Umstellung auf Elektromobilität und durch den Aufbau von Wind-, Wasser- und Solarkraft für die Stromproduktion.

Städtebauer gefordert

Die klimatischen Bedingungen wirken sich auf die Gebäude und die Infrastrukturen aus. Städte mit Brücken, Flughäfen und Bahnhöfen müssen so geplant und gebaut werden, dass sie mit den zunehmenden Wetterextremen umgehen können. Die gesellschaftlichen Bedürfnisse wandeln sich: Immer mehr Menschen wünschen sich nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Es gibt schon heute gute Konzepte: Neue Häuser werden energieeffizient gebaut. Manch ein Haus gleicht einem kleinen Kraftwerk. Und in der Wasserversorgung werden wir laufend innovativer.

Die Gesamtrechnung zählt

Generell gilt: Die Zusammenhänge – gerade in der CO2-Reduktion – sind oft komplexer, als man es sich wünschen würde. Elektromobilität braucht Strom aus erneuerbaren Quellen, um einen Beitrag zu leisten. Zum Beispiel Windenergie führt auch zu Eingriffen in die Natur. Und eine der grossen offenen Fragen der Elektromobilität ist zudem das Recycling der Batterie. Um zu beurteilen, was wirklich zukunftsträchtig ist im Sinne der Nachhaltigkeit, führt kein Weg daran vorbei, den gesamten Ressourcenverbrauch und CO2-Ausstoss über die ganze Lebensdauer eines Produkts zu betrachten. Und die Frage nach der Gesamt­rechnung sollten wir uns auch selber stellen: Gerade für uns Schweizer mit unserem hohen Lebensstandard eine Knacknuss.

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