Zwei Schweizer Gründer setzten sich für mehr Nachhaltigkeit im Alltag ein
Weniger Plastikabfall dank Zahnpasta-Tabletten

Muss man mit Zahnpasta-Tabletten die Zähne nicht mehr bürsten? So einfach geht es leider (noch) nicht. Aber die Zahnpasta-Tablette hat vor allem für die Umwelt einen grossen Vorteil: Es entsteht kein Plastik-Abfall mehr.
Publiziert: 26.10.2022 um 11:32 Uhr
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Aktualisiert: 14.11.2022 um 09:08 Uhr
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Sie kennen sich vom Fussball spielen, heute haben sie zusammen ein Zahnpflege-Start-up: Nando Nichele (30) und Jeffrey Christen (28).
Foto: Kevin Elliott
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Barbara EhrenspergerRedaktion Green

Knirschen sollte es zwischen den Zähnen eigentlich nie – ausser, man nutzt Zahnpasta-Tabletten zum Zähneputzen. Denn sie muss im Mund zerbissen werden. Aus der zerbröselten Tablette entsteht mit dem Speichel eine Paste. Wer dann noch die Zahnbürste befeuchtet, bekommt sicher genügend Zahnpasta-Schaum.

«Ungewohnt sei es am Anfang, das sagen uns viele Erstkunden», erzählen Jeffrey Christen (28) und Nando Nichele (30), die Gründer eines Schweizer Zahnpflege-Start-up Kiyo. «Doch nach ein paar Tagen ist es auch schon Routine. Dafür hat man dann im Bad keine Plastiktube mehr herumstehen», sagt Christen. Und tatsächlich, nach ein paar Tagen gehört das Knacken der Tablette zum Alltag – und macht deutlich mehr Spass, als einfach Paste rauszudrücken.

Rohstoffe aus Europa

Die Tabletten, die ungefähr einen halben Zentimeter Durchmesser haben, werden in einem Glas mit Schraubdeckel geliefert.

Doch nicht nur bei der Verpackung schauen die Jungunternehmer auf Nachhaltigkeit (das Nachfüllpack ist aus Papier), sondern auch bei der Herstellung: So werden die Tabletten in einem unscheinbaren Gebäude im Industriegebiet im aargauischen Gebenstorf von der Firma Dr. Heinz Welti AG hergestellt und haben daher keine Weltreise hinter sich. «Für uns ist wichtig, dass alles so umweltfreundlich wie möglich ist, und da gehört der Produktionsstandort dazu», erklärt Nichele.

Wie der Zahnarztverband die Zahnputz-Tabletten beurteilt

«Aus unserer Sicht sind Zahnpasten zu bevorzugen», schreibt die Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft SSO prompt auf Anfrage. Warum denn das? Die Tabletten müssten im Mund zuerst zerkaut und aufgelöst werden, damit sie die Wirkstoffe freisetzten.

«Wer seine Zähne mit Tabletten putzt, sollte sich deshalb länger Zeit nehmen», findet die SSO mit Sitz in Bern. Zudem sei unklar, wie sich anschliessend die Wirkstoffe im Mund verteilen. Bei Zahnpasten werden die Wirk- und Abrasivstoffe direkt auf der Bürste aufgetragen.

Nicht den Zahnschmelz wegputzen

Wichtig sei jedoch, dass die Zahnpaste oder -tablette Fluorid enthalte. Fluorid mache Zähne widerstandsfähiger gegen Säure und baue angegriffenen Zahnschmelz wieder auf. Zudem sollte man als Konsumentin und Konsument schauen, dass die Zahnpaste nicht zu abrasiv ist, damit beim Putzen der Zahnschmelz nicht weggeputzt wird.

Auf jeder Zahnpastatube ist der sogenannte «RDA-Wert» (englisch für «Relative Dentin Abrasion») angegeben. Je höher der RDA-Wert, desto abrasiver und damit zahnschädigender ist die Zahnpaste. Die Skala der RDA-Werte ist beachtlich lang: Sie reicht von null bis 250.

Holz oder Kunststoff?

Die Zahnputz-Tabletten der beiden Jungunternehmer haben einen ungefähren RDA-Wert von 80: «Dies ist passend für einen Alltagsgebrauch», sagt Nando Nichele (28), einer der Gründer von Kiyo. Ob mit oder ohne Fluorid, kann jeder Person selber entscheiden: Sie haben beides im Angebot.

Was meint die Berufs- und Standesorganisation aller in der Schweiz tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte zu den Holzzahnbürsten mit den weichen mineralölfreien Nylonborsten? «Diese Frage können wir nicht beantworten. Uns sind keine wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt, die Holzzahnbürsten mit herkömmlichen Zahnbürsten aus Kunststoff vergleichen.»

«Aus unserer Sicht sind Zahnpasten zu bevorzugen», schreibt die Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft SSO prompt auf Anfrage. Warum denn das? Die Tabletten müssten im Mund zuerst zerkaut und aufgelöst werden, damit sie die Wirkstoffe freisetzten.

«Wer seine Zähne mit Tabletten putzt, sollte sich deshalb länger Zeit nehmen», findet die SSO mit Sitz in Bern. Zudem sei unklar, wie sich anschliessend die Wirkstoffe im Mund verteilen. Bei Zahnpasten werden die Wirk- und Abrasivstoffe direkt auf der Bürste aufgetragen.

Nicht den Zahnschmelz wegputzen

Wichtig sei jedoch, dass die Zahnpaste oder -tablette Fluorid enthalte. Fluorid mache Zähne widerstandsfähiger gegen Säure und baue angegriffenen Zahnschmelz wieder auf. Zudem sollte man als Konsumentin und Konsument schauen, dass die Zahnpaste nicht zu abrasiv ist, damit beim Putzen der Zahnschmelz nicht weggeputzt wird.

Auf jeder Zahnpastatube ist der sogenannte «RDA-Wert» (englisch für «Relative Dentin Abrasion») angegeben. Je höher der RDA-Wert, desto abrasiver und damit zahnschädigender ist die Zahnpaste. Die Skala der RDA-Werte ist beachtlich lang: Sie reicht von null bis 250.

Holz oder Kunststoff?

Die Zahnputz-Tabletten der beiden Jungunternehmer haben einen ungefähren RDA-Wert von 80: «Dies ist passend für einen Alltagsgebrauch», sagt Nando Nichele (28), einer der Gründer von Kiyo. Ob mit oder ohne Fluorid, kann jeder Person selber entscheiden: Sie haben beides im Angebot.

Was meint die Berufs- und Standesorganisation aller in der Schweiz tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte zu den Holzzahnbürsten mit den weichen mineralölfreien Nylonborsten? «Diese Frage können wir nicht beantworten. Uns sind keine wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt, die Holzzahnbürsten mit herkömmlichen Zahnbürsten aus Kunststoff vergleichen.»

Auch Transparenz leben sie nicht nur bei den glasigen Behältern. Sie listen jeden Bestandteil der Tablette auf ihrer Webseite auf, und zwar nicht nur mit dem Namen, sondern zeigen auch, was diese Zutat für eine Wirkung hat und was man sich als Laie darunter vorstellen kann.

«Rund 80 Prozent der Bestandteile kommt aus Europa, namentlich Italien, Deutschland, Frankreich und Finnland. Die Aromen kommen allerdings aus Indien, weil da Pfefferminzöl produziert wird», erklärt Nichele.

Hergestellt in der Schweiz

Dass die Produktion in Gebenstorf AG ist, hat weitere Vorteile: So konnten sich die beiden Start-up-Unternehmer, die sich aus dem Fussballverein in ihrer Heimatgemeinde Küssnacht SZ kennen, ich selber überzeugen, wie ihre Tabletten hergestellt werden und vor Ort mit den Verantwortlichen sprechen. «Weil die Firma Dr. Heinz Welti AG Pharma-Produkte herstellt, übertreffen wir die Richtlinien für Kosmetik-Produkte bei weitem.»

Die Nähe zum Tabletten-Produzenten half auch in der Entwicklung, als nicht alles rund lief. «Einige Anpassungsrunden waren nötig», erzählen beiden Jungunternehmer schmunzelnd. Zum Beispiel auch, als sich die beiden eine kleine Tablettenpress-Maschine anschafften – und sie vermurksten.

Ein erster Schritt

Die erste Zahnpasta-Tabletten-Produktion startete Ende 2021, nachdem das eigene Geld für die Entwicklung aufgebraucht war, auch dank einer Vorfinanzierung durch ein Crowdfunding. Heute versenden sie rund 50 Produkte pro Tag über ihren Onlineshop und bieten ein Zahnpasta-Tabletten-Abo an. Zudem sind sie in 35 Läden präsent. Bald schon sollen Mundspültabletten und ein Mundziehöl auf den Markt kommen.

«Weil wir momentan finanziell etwas zurückstecken, können wir möglichst viel Kapital in der Firma halten», sagt Nichele. Und Christen ergänzt: «Miete, Krankenkasse und die Telefonrechnung können wir mit unserem Lohn bezahlen.»

Dass es finanziell gerade etwas eng ist, stört die beiden nicht. Sie möchten jetzt mit ihrer Firma wachsen und Leuten somit einen Anstoss geben, umweltfreundlicher zu leben.«Wir leben beide so nachhaltig, wie es uns möglich ist. Wir haben zum Beispiel kein eigenes Auto und essen vegetarisch», erzählen sie.

Die Zahnpasta-Tabletten seien für sie ein Anstoss gewesen, auch in anderen Lebensbereichen umweltfreundlicher zu werden. Und sie freuen sich, wenn es ihren Kundinnen und Kunden auch so geht – denn jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt.

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