Hier wird CO2 im Boden gespeichert
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Aargauer Landwirt machts vor:Hier wird CO2 im Boden gespeichert

Mehr Humus, mehr Kohlendioxid
Dieser Landwirt speichert CO2 im Boden

Blick-Leser und Bauer Markus Deppeler (52) aus Tegerfelden AG speichert mit der sogenannten Mulchwirtschaft CO2 im Boden und tut damit der Natur was Gutes. Blick hat ihn auf seinem Hof besucht.
Publiziert: 14.07.2022 um 18:29 Uhr
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Was wächst da? Mitten im Lein-Feld sieht man noch Büschel von der Zwischenfrucht, die Landwirt Markus Deppeler (52), auf seinen Feldern in Tegerfelden AG angebaut hat.
Foto: Barbara Ehrensperger
Barbara Ehrensperger

«66 Tonnen CO2 pro Hektare!», sagt Landwirt Markus Deppeler (52) mit Begeisterung. So viel Kohlenstoffdioxid könnte auf einer Hektare von seinem Ackerland gebunden werden, wenn er ein Prozent mehr Humus – dieser fördert die Fruchtbarkeit – aufbaut. Zum Vergleich: Durchschnittlich verursacht eine in der Schweiz lebende Person 14 Tonnen CO2 pro Jahr.

Auf dem Acker von Deppeler im aargauischen Tegerfelden wachsen gerade Raps, Sonnenblumen und Lein. Ausserdem Zuckerrüben, Weizen, Gerste, Mais oder Bohnen. Es sieht idyllisch aus, mit Blumen und Büscheln von anderen Pflanzen in den Feldern. «Mein Vater – und viele andere Bauern – finden das gar nicht hübsch», sagt er lachend. Gefragt sei meistens ein sauberes Feld ohne andere Pflanzen drin.

Zwischensaat nötig

«Die anderen Pflanzen» kommen von der Zwischensaat. Statt traditionell anzubauen und pflügen, eggen, säen hat er umgestellt auf «Mulchsaat-Technik». Das heisst, zwischen dem Anbau von Lein oder Sonnenblumen, sät er stark wachsende überwinternde Zwischenpflanzen an.

«Wir haben eine spezielle Mischung von Gräsern und Leguminosen, wie Klee, zusammengestellt und sind da am Pröblen, was für unseren Boden am bestens passt», erklärt er.

Diese Pflanzen werden dann gemäht, liegengelassen und oberflächlich mit Spezialmaschinen eingearbeitet. «So kann ich dem Boden viel Biomasse zuführen, welche die Bodenlebewesen in Humus umwandeln. Mein Ziel ist es, die Bodenlebewesen ganzjährig mit Biomasse zu füttern», erklärt er. So soll über die Jahre eben mehr Humus entstehen – in dem wäre dann das CO2 gebunden.

Neue Ideen brauchen neue Maschinen

Klingt einfach und einleuchtend. Laut Landwirtschafts- und Ernährungsexpertin Carla Hoinkes (32) von der Nichtregierungsorganisation Public Eye ist diese Mulchsaat-Technik «unbestritten eine sinnvolle Massnahme, da sie umfassend ist und die Fruchtbarkeit und die Qualität des Bodens erhöht».

Ganz so einfach geht es aber für Landwirt Deppeler nicht. Denn die zähen Pflanzen der Zwischenfrucht wachsen vereinzelt auch weiter, wenn die Hauptkultur angesät ist. Die dann unerwünschten Pflanzen können in Reihenkulturen wie Sonnenblumen und Bohnen rausgeschnitten werden. Dafür braucht es Maschinen, die in den Reihen diese Arbeit erledigen.

Auch für die Bodenbearbeitung sind andere Maschinen notwendig, die eben nicht wie der Pflug den ganzen Boden wenden, sondern nur oberflächlich bearbeiten und die Zwischenpflanzen einarbeiten. Und diese Spezialmaschinen wiederum sind so schwer, dass der alte Traktor ans Limit kommt. Ein Rattenschwanz.

Zusätzliche Arbeit, zusätzliche Kosten

Zuerst entstehen also Mehrarbeit und Mehrkosten, die Deppeler übernimmt: «Wir denken nicht für jetzt und heute, sondern an die nächste Generation. Darum machen wir das». Um den technischen Mehraufwand zu finanzieren, gibt er CO₂-Zertifikate heraus. «Aber keine offiziellen, denn ich möchte mich nicht am Ablass-Handel beteiligen», ergänzt er eindringlich. Seine Zertifikate sind nur eine Unterstützung für seine Arbeit.

Dass es keine offiziellen CO₂-Zertifikate sind, findet auch Carla Hoinkes perfekt. In den USA werde mit solchen Zertifikaten sogar schon Emissionshandel betrieben. Unternehmen, die Emissionen reduzieren müssten, können sich damit «freikaufen», obschon meist unsicher sei, wie viel CO2 im Einzelfall genau gespeichert werde und wie lange es wirklich im Boden bleibe.

Zudem gebe es auch fragwürdige Praktiken. Wenn zum Beispiel nicht mehr gepflügt, aber dafür mehr Herbizide eingesetzt würden, «ist dies weniger im Interesse der Natur als im Interesse von Agrochemiefirmen» stellt sie klar. Das Potenzial der Kohlenstoffspeicherung in Böden zu fördern sei richtig und wichtig, dürfe aber nicht notwendige Emissionsreduktionen andernorts verhindern oder zur reinen Imagepflege für Unternehmen verkommen.

Die nächste Generation erntet

In Tegerfelden wird auf mehr Humus gesetzt, der CO2 im Boden speichert. Und auch der Vater gewöhnt sich an die Felder, die «nicht mehr so geschleckt» aussehen wie früher. Schliesslich soll der Hof für die nächste Generation bereit sein und auch ihnen ein Auskommen ermöglichen im Einklang mit der Natur.

Noch eine Gedankenspielerei: 388'383 Hektaren Ackerland weist das Bundesamt für Statistik für 2013/2018 aus, mal die 66 Tonnen CO2 für ein Prozent mehr Humus: Das würde über 22 Millionen Tonnen gebundenes CO2 ergeben.

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