Auf einen Blick
- Kaschmirwolle aus der Schweiz: Nachhaltige Alternative zur globalen Produktion
- Schweizer Kaschmirziegen helfen bei der Erhaltung der Kulturlandschaft
- Rund 400 Kaschmirziegen leben auf verschiedenen Bauernhöfen in der Schweiz
Die Nachfrage nach Kaschmir ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Daher stammt die Wolle nicht mehr nur von umherziehenden Ziegenherden im Himalayagebirge. Zunehmend werden die Nomaden gezwungen, ihre grossen Herden einzudämmen oder sesshaft zu werden. Seit Jahren kritisieren Tierschutzorganisationen, dass die Kaschmirproduzenten in China und in der Mongolei die Tierschutzstandards nicht einhalten.
Kaschmirwolle aus den Schweizer Alpen
Rund 400 Kaschmirziegen leben auch in der Schweiz auf verschiedenen Bauernhöfen. Im Jahr 2009 haben sich ein paar leidenschaftliche Kaschmirfans zum Verein Alpine Cashmere Association zusammengeschlossen und den Grundstein für die Kaschmirziegenpopulation in der Schweiz gelegt.
«Wir werden nie so viele Kaschmirziegen haben, damit wir den Markt abdecken können», sagt Cécile Aschwanden, Vizepräsidentin des Vereins Alpine Cashmere, gegenüber Blick. Das liegt auch daran, dass die Gewinnung der Kaschmirwolle sehr aufwendig ist: Einmal im Jahr wird die Unterwolle herausgekämmt, gesammelt und zum Entgarnen nach England geschickt. Dabei werden die langen, groben Deckhaare ausgekämmt, damit die weiche Unterwolle übrig bleibt.
Nur 200 Gramm Kaschmirwolle pro Ziege
Nach dem Waschen und Spinnen bleibt im Durchschnitt und grosszügig gerechnet pro Tier 150 bis 200 Gramm Kaschmirwolle übrig. Bei der Gewinnung von Kaschmirwolle gelten internationale Qualitätsstandards, was die Feinheit der Haare betrifft.
Aschwanden ist der Meinung, dass man sich am besten nur einzelne gute Stücke aus Kaschmir leisten und sie zwanzig Jahre lang behalten sollte. Ihre eigene Herde, die bis vor kurzem in Steg im Kanton Zürich lebte, hat sie kürzlich Florian Kurtz übergeben, dessen Eltern den Hof Schürli im Zürcher Tösstal betreiben.
Darum ist Kaschmirwolle so beliebt
Die besonders feine Kaschmirwolle ist für ihre Wärme und Weichheit bekannt und entsprechend begehrt. Die feine Wolle wird aus dem flauschigen Unterfell der Kaschmirziege gewonnen, die ursprünglich im rauen Klima des Himalayagebirges und Pamirs in Zentralasien lebten. Das einzelne Haar ist innen hohl, darum ist die Wolle so leicht und weich und kann die Wärme so gut speichern.
Heute stammt Kaschmir vor allem von Produzenten aus Indien, Nepal, Pakistan, der Mongolei und China. Einmal im Jahr wird das weiche Unterfell der Ziegen ausgekämmt oder geschoren und so Kaschmir gewonnen. Was einst als Luxus galt, ist mittlerweile im Mainstream angekommen: Kaschmirprodukte werden heute auch preisgünstiger angeboten – allerdings in schlechterer Qualität oder mit Schafwolle gemischt.
Bewegung in Richtung Nachhaltigkeit
Leider kann die Ziegenhaltung auch negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Ziegen reissen die Gräser samt den Wurzeln heraus, was zur Versteppung der Landschaft führt. Wer dennoch nicht auf Kaschmir verzichten möchte, kann sich bei Labels umsehen, die sich für ökologische und soziale Nachhaltigkeit bei der Kaschmirproduktion einsetzt: etwa die Marken FTC oder 3rd May. Es lohnt sich auch, darauf zu achten, ob bei den Kaschmirteilen wenigstens die Regeln von The Good Cashmere Standard eingehalten werden.
Bei den schweizerischen Kaschmirziegen ist es kein Problem, dass sie ganze Grasbüschel ausreissen, im Gegenteil: Die Tiere helfen so, die Kulturlandschaft zu erhalten. Da Ziegen auch gerne Stacheln und Dornen futtern, reduzieren sie die Verbuschung der Weiden und sind eine ökologische Alternative zur üblichen Bekämpfung der Problempflanzen von Hand oder mit landwirtschaftlichen Maschinen oder, auf konventionellen Wiesen, mit Herbiziden.
Produkte von schweizerischen Kaschmirziegen kann man nur an wenigen Orten kaufen. Die Schweizer Züchter produzieren gemäss der Vizepräsidentin des Liebhabervereins Alpine Cashmere vor allem für «family and friends». Wer Schweizer Kaschmir will, muss gezielt im Internet suchen.
Strickwolle und Trockenfleisch
Beispielsweise auf dem Biobetrieb der Familie Sutter lebt in der Nähe von Hemberg SG im Toggenburg eine grosse Herde Kaschmirziegen neben Mutterkühen und Schafen. Direkt vom Hof oder via Bestellformular sind dort Kaschmirgarn zum Stricken, Kaschmirfelle oder Fleisch von Bio-Kaschmirziegen erhältlich.
In Elm im Glarnerland verkauft der Biohof Auen ebenfalls Wolle, Trockenfleisch und Salsiz von Kaschmirziegen. Und der Hof Spycher Handwerk im oberaargauischen Huttwil hat Kaschmirfasern zum Verspinnen sowie Kaschmirstrickwolle der Alpine Cashmere Association im Angebot, die für eine tiergerechte Haltung und Ressourcen schonende Verarbeitung der Produkte steht.